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Rhein-Sieg-KreisCamping-Boom der Corona-Zeit ist in Dattenfeld vorbei

Lesezeit 4 Minuten
Die neuen Mobilheime auf dem Campingplatz Dattenfeld.

Die neuen Mobilheime auf dem Campingplatz Dattenfeld.

Ein Blick auf die Campingplätze im Rhein-Sieg-Kreis: Den Corona-Boom hat es nie gegeben und das Schmuddel-Image ist abgelegt. 

Dort, wo sonst Zelte stehen, hat Maaike nun genug Platz, sich im Gras zu fläzen. Die Wiese ist leer, und die Bernhardiner-Hündin ist die einzige, die zwischen zwei Regenschauern das Leben auf dem Campingplatz in Windeck-Dattenfeld genießt. Viel los ist derzeit sowieso nicht.

„Die Wiese würde komplett matschig werden, wenn ich jetzt Leute drauf lassen würde – wie bei Wacken“, sagt Inhaber Harald Modderman. Das anhaltende schlechte Wetter macht den Campingplätzen im Rhein-Sieg-Land nicht nur die Flächen, sondern auch einen Teil der Saison kaputt. Doch wie viel vom Aufschwung der Corona-Zeit übrig ist, hängt auch mit der Lage eines Campingplatzes zusammen.

Denis Lütz vom Caravan-Center Lütz in Niederpleis.

Denis Lütz vom Caravan-Center Lütz in Niederpleis.

Modderman pfeift, und seine Hündin folgt ihm in den nach ihr benannten Maaikeweg. Dort lässt der Campingplatz-Inhaber zurzeit neue Mobilheime installieren, alle 44 Quadratmeter groß, mit Wasser und Strom. „Die kommen direkt mit dem Lkw aus Holland“, sagt der Niederländer, der den Platz 2010 übernommen hat.

Tagesgäste hat Modderman im Moment sowieso nicht. Generell sei von den Touristen aus der Corona-Zeit wenig übrig geblieben. „Die, die damals kamen, habe ich vorher noch nie gesehen und auch danach nie wieder“, schildert Modderman. Der Kinderspielplatz ist verwaist, Tretfahrzeuge stehen ungenutzt herum, niemand buddelt im Sandkasten.

Campingplatz-Betreiber Harald Modderman vor den neuen Mobilheimen.

Campingplatz-Betreiber Harald Modderman vor den neuen Mobilheimen.

Generell spiele die Lage seines Campingplatzes eine Rolle. Zwar fließt die Sieg nur wenige Hundert Meter entfernt an der Übersetziger Straße vorbei, nur wer dann in sein Zelt oder Wohnmobil will, muss eine 15-prozentige Steigung den Hügel hinauf bewältigen. Während der Pandemie war das noch ein in Kauf genommenes Übel für einen der wenigen Urlaubsorte, die besuchbar waren.

„Fahrrad-Urlauber, Wanderer, die kommen jetzt seltener. Die meisten Leute bleiben nur für ein Wochenende, denn Familien mit Kindern fahren lieber nach Spanien. Kinder brauchen Wasser“, konstatiert er. So bleiben Modderman nur die Dauercamper, die von Mitte März bis Ende Oktober ihre Wohnwagen beziehen. Über den Winter bleiben, also einen festen Wohnsitz auf einem Campingplatz haben, sei in NRW verboten. „Dann wäre das hier ein Dorf, und ich wäre der Bürgermeister“, kommentiert Modderman trocken.

Weil die Wiese leer ist, hat Hündin Maaike genug Platz, sich im Gras zu fläzen.

Weil die Wiese leer ist, hat Hündin Maaike genug Platz, sich im Gras zu fläzen.

Über mangelnde Kundschaft kann sich Denis Lütz dagegen nicht beklagen. Er ist Geschäftsführer vom „Caravan-Center Lütz“ in Sankt Augustin-Niederpleis. Die Leute, die hier ein Wohnmobil oder einen Wohnwagen kauften, seien ein „Querschnitt der Gesellschaft“, sagt er. „Es sind weiterhin viele Rentner und Frühruheständler dabei, aber der Altersdurchschnitt ist nach der Pandemie gesunken: Viele Familien kommen jetzt.“

Die meisten Leute bleiben nur für ein Wochenende, denn Familien mit Kindern fahren lieber nach Spanien. Kinder brauchen Wasser
Harald Modderman, Campingplatzbetreiber

Denn Camping sei weiterhin eine günstige Art, Urlaub zu machen. Wirklich, wo der Trend auf vielen Plätzen hin zum Glamour-Camping geht? „Das sind die teuren Plätze. Es ist wie bei den Hotels: billig, Mittelklasse, teuer.“ Es gebe noch immer viele Plätze, wo man 25 Euro pro Nacht für den Stellplatz bezahle.

„Schmuddel-Image“ abgelegt

„Wenn man einen Anhänger kauft, bezahlt man den in monatlichen Raten über mehrere Jahre ab. So kostet der Urlaub für vier Personen vielleicht 2000 Euro im Jahr“, rechnet er vor. „Und irgendwann gehört der Wagen ja Ihnen, und Sie haben noch einen Restwert.“

Dies sähen auch immer mehr Kundinnen und Kunden so. „Wir haben mehr Neukunden, führen mehr Beratungen durch. Nur die Lieferschwierigkeiten gibt es weiterhin, auf einen neuen Caravan wartet man ein Jahr, auf Ersatzteile oft auch einige Monate.“

Den Corona-Boom habe es indes nie gegeben, meint Lütz. „Die Campingplätze waren schon immer voll. Nur fuhren während der Pandemie alle an die Nordsee, weil es da schön ist, mussten dann aber auf das Lahntal ausweichen. Das löste ein subjektives Empfinden aus, dass es zu voll ist.“

Camping habe sein Schmuddel-Image abgelegt, sei in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Lütz: „Man hat sein eigenes Häuschen dabei, Betten, Fahrräder und den Hund – das bietet kein Hotel.“


Immer mehr Wohnmobile

Die Zahl der in NRW zugelassenen Wohnmobile ist seit Anfang 2020 um 40,7 Prozent gestiegen. Das hat das statistische Landesamt IT NRW mitgeteilt. Zum Stichtag 1. Januar 2023 waren hier 169 600 Wohnmobile zugelassen, 8,6 Prozent mehr im Jahr zuvor. Im NRW-Durchschnitt kommen 93 Wohnmobile auf 10 000 Einwohner.

Im Rhein-Sieg-Kreis gibt es 6671 Reisemobile, was 110 Fahrzeugen auf 10 000 Einwohner entspricht. Im Oberbergischen liegt dieser Wert bei 120, im Rheinisch-Bergischen Kreis bei 129 Wohnmobilen je 10 000 Einwohner. Deutlich niedriger liegen die Vergleichswerte in den eng bebauten Städten: Bonn kommt auf 67, Köln auf 77. (dk)