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„Werden klagen“Kritik an Krankenhausreform – Eitorfer Klinik kämpft um Spezialisierung

Lesezeit 3 Minuten
Zwei Ärzte in OP-Kleidung, Masken und Hauben arbeiten an einem Knie.

Das Archivfoto zeigt eine Knie-Operation am Eitorfer Krankenhaus, das auf Endoprothetik spezialisiert ist.

Das St. Franziskus werde das nicht akzeptieren und notfalls gegen die Reformpläne auch vor Gericht ziehen, kündigt die Klinikchefin an.

95 Betten, 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, 3700 stationäre und 7000 ambulante Patienten. Das St. Franziskus Krankenhaus in Eitorf ist eines kleines Hospital. Viele Jahre rutschte der Grundversorger immer tiefer in die Verschuldung, 2014 musste das Hospital Insolvenz anmelden. Mittlerweile schreibt es schwarze Zahlen. Nicht zuletzt wohl, weil es seit 2015 die zertifizierte Spezialabteilung für Endoprothetik hat, die der Klinik bundesweit einen guten Ruf einbrachte.

Das sieht Geschäftsführerin Petra Nöhring durch die Krankenhausreformpläne der Bundesregierung in Gefahr. Die grundlegende Umgestaltung der Krankenhauslandschaft, die Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach vorbereitet, könnte der Eitorfer Klinik als kleinem Haus genau diese Spezialisierung absprechen.

Krankenhaus Eitorf: Die Orthopädie ist das Aushängeschild

„Es gibt überhaupt keine Qualitätsgründe, warum wir hier – nur weil wir weniger Betten haben als ein anderes Krankenhaus – eine schlechtere Medizin machen sollten“, sagt Nöhring, die das Krankenhaus seit zwei Jahren als Geschäftsführerin leitet.

„Dieses Lauterbach-Konstrukt, dass eine große Klinik gut und eine kleine Klinik schlecht sein soll, das passt einfach auf uns nicht. Wir möchten unbedingt zeigen, dass ein kleines, regionales Krankenhaus wirtschaftlich und medizinisch hochwertig überleben kann.“

Der gläserne Haupteingang des St. Franziskus Krankenhauses mit Beschilderung.

Das St. Franziskus Krankenhaus Eitorf ist zwar Grundversorger in der Region, zugleich aber auch Spezialist für Orthopädie.

Die Orthopädie, Eingriffe an Knie, Hüfte, Schulter und die damit verbundenen Schmerztherapie, ist das Aushängeschild der Eitorfer Krankenhauses. In den im Krankenhaus angesiedelten medizinischen Versorgungszentren (MVZ) werden Voruntersuchung und Nachsorge angeboten.

Eitorfer Klinikchefin will notfalls gegen die Krankenhausreformpläne des Bundes klagen

„Diese kurze Wege – menschliche Medizin nennen wir das manchmal – kriegen Sie nur in der kleinen Klinik hin“, beschreibt es Nöhring. „Man kennt nicht nur die Kolleginnen und Kollegen, man kennt auch die Patienten, im besten Fall auch den einweisenden Arzt, den man eben schnell mal anrufen und nach der Patientenhistorie fragen kann.“ Ein Krankenhaus mit einer solchen Versorgung und Spezialisierung müsse in der Region gehalten werden, so die Chefin.

„Aber Lauterbach spricht uns und allen anderen kleinen Krankenhäusern die Spezialisierung ab“, sagt sie. Das St. Franziskus werde das nicht akzeptieren und notfalls gegen die Reformpläne auch vor Gericht ziehen. „Wir werden klagen“, kündigt sie an.

In einem kleinen Haus wie in Eitorf greife ein Rädchen in das andere. „Wenn man eins herausnimmt, bricht alles zusammen“, so Nöhring. Zwar sei die Orthopädie nicht die Abteilung, die wirtschaftlich am einträglichsten sei. Doch sie habe Strahlkraft und sei auch für die Region wichtig. Mit einer guten Mischkalkulation – so erziele die innere Abteilung sehr gute Umsätze – funktioniere es.

Das St. Franziskus beteiligt sich am bundesweiten Krankenhausstreik

Das St. Franziskus hat neben dem Endoprothetikzentrum unter Leitung von Dr. Uwe Schulz auch ein zertifiziertes Hernienzentrum, ist in dem Bereich drittbeste Klinik Deutschlands. Die Notfallambulanz ist durchgehend geöffnet. Aber auch hier hat Nöhring bereits einen harten Kampf hinter sich, wie sie berichtet: Weil die Eitorfer Notfallambulanz nur fünf statt sechs Intensivbetten hat, erfüllt sie von den 100 Kriterienpunkten nur 99. „Dafür hätten wir eine Strafzahlung in Höhe 250.000 Euro im Jahr leisten müssen.“

Weil das Krankenhaus aber als Spezialversorger in der Region in der Pandemie vieles abfing, wurde für den Coronajahre die Notfallambulanz anerkannt. „Für die Folgejahre müssen wir aber wieder neu kämpfen.“


Das St. Franziskus Hospital beteiligt sich an der bundesweiten Krankenhaus-Demo am 20. September um 11:55 Uhr mit einem Sitzstreik auf dem Hubschrauberlandeplatz der Notfallambulanz.

Mit dem Ausstand soll auf die desolate finanzielle Situation der Kliniken in Deutschland angesichts des Tarifabschlusses und der Inflation aufmerksam gemacht werden. Die Krankenhäuser haben vom Bundesgesundheitsminister eine Anpassung der fixen Behandlungskosten gefordert, aber eine Liquiditätshilfe soll es nicht geben. Die Folge sei Kliniksterben. „Wir gehen also in den Streik, um zu zeigen, was wäre, wenn es uns nicht gäbe“, so Nöhring.