Das Gesundheitsbündnis hat eine Petition verfasst, um Stimmen für eine Änderung des Krankenhausbedarfsplans des Landes NRW zu gewinnen.
Kundgebung in Eitorf und Bad HonnefBündnis fordert Wiedereröffnung von Geburtsstationen im Rhein-Sieg-Kreis
Vier Finger hebt Arian in die Höhe, auf die Frage, wie alt er denn sei. Vier Jahre ist es her, dass Ärzte im Cura-Krankenhaus in Bad Honnef sein Leben und das seiner Mutter mit einem Not-Kaiserschnitt retteten. „Wir haben Glück gehabt, dass er da ist“, sagt sein Vater Carsten Krause. Zwölf Minuten dauerte die Fahrt im Krankenwagen von seinem Wohnort in Unkel zum Krankenhaus. „Hätte es zwei Minuten länger gedauert, wäre beiden nicht mehr zu helfen gewesen“, sagt der Vater.
Das war 2020. Ein Jahr später schloss die Geburtsstation am Bad Honnefer Krankenhaus. Hätte Krauses Frau Andrea Behrendt 2021 den Gebärmutterabriss erlitten, wäre ihr nicht mehr zu helfen gewesen, auch ihr ungeborener Sohn wäre gestorben, ist Krause sicher. „Wir hätten es nie rechtzeitig nach Bonn oder Neuwied geschafft!“
Petition will die Landespolitik dazu bewegen, die Krankenhausplanung anzupassen
Deshalb steht der 47-Jährige jetzt mit Arian und dessen sechsjähriger Schwester Luna vor dem St. Franziskus-Krankenhaus in Eitorf und macht sich stark für die Erhaltung und Wiedereröffnungen von Geburtsstationen im Rhein-Sieg-Kreis. Knut Kornau vom Gesundheitsbündnis Rhein-Sieg organisierte am Samstag zwei Kundgebungen, eine in Eitorf und eine in Bad Honnef vor dem Cura-Krankenhaus, um auf die schlechte Versorgung werdender Mütter aufmerksam zu machen. Mit einer Petition will das Gesundheitsbündnis die Landespolitik dazu bewegen, die Krankenhausplanung anzupassen. Je mehr Menschen sie unterzeichneten und an den Petitionsausschuss schickten, desto größer sei die Chance, dass die Forderungen in Düsseldorf auf die Tagesordnung kämen.
„Im Rhein-Sieg-Kreis haben wir nur in Troisdorf noch Geburtsstationen“, sagt Nihan Salgar von der Elternvertretung Motherhood. Im Verlauf der Jahre wurde in den Krankenhäusern in Siegburg, Eitorf, Bad Honnef und Sankt Augustin die Geburtshilfe geschlossen. Mittlerweile seien auch Bonner Kliniken überfordert, so Salgar, Frauen in den Wehen müssten zuweilen abgewiesen werden, weil keine Kapazitäten da seien.
Besonders in Eitorf, Windeck, Ruppichteroth sei die Situation fatal, betont Kornau: „Eine Schwangere aus dem östlichen Rhein-Sieg-Kreis und auch aus dem Westerwald braucht mehr als 40 Minuten bis zu einer Geburtsstation. Das kann lebensgefährlich sein! Auf einer Strecke von 50 Kilometer ist zwischen Bonn und Neuwied kein Kreißsaal mehr vorhanden.“
Auch der Kreistag des Rhein-Sieg-Kreises verfasste bereits eine Resolution
40 Minuten sei aber die Zeit, die im Krankenhausbedarfsplan des Landes NRW festgelegt worden sei, so Kornau, für die Einhaltung müsse NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann sorgen. So verlangt es die Petition, die aber als Ziel hat, Geburten als Grundversorgung einzustufen und so die Erreichbarkeit eines Krankenhauses auf 20 Minuten zu reduzieren. Mit dem Wegfall von Fallpauschalen für Geburten und der Finanzierung über ein Selbstkostenprinzip sei eine Menge leistbar, ist das Gesundheitsbündnis Rhein-Sieg überzeugt.
Er verweist auf die Resolution des Kreistages, die den Minister aufforderte, in einer Klinik im rechtsrheinischen Kreisgebiet „eine Geburtshilfe leistende Abteilung“ zu reaktivieren, um die Bonner Kliniken zu entlasten und die stationäre Versorgung im Bereich der Geburtshilfe im ländlichen Kreisgebiet sicherzustellen.
Auch Katja Milde, Gleichstellungsbeauftragte des Rhein-Sieg-Kreises, die mit ihren Kolleginnen aus Lohmar, Siegburg und Eitorf zur Kundgebung gekommen war, findet die Zeitvorgabe von 40 Minuten zur Klinik für werdende Mütter aus Eitorf und Windeck „sehr schwierig“. Weil sowohl die Zahl der Geburtsstationan als auch die der Hebammen rückläufig sei, beteilige sich der Rhein-Sieg-Kreis auch am runden Tisch für Geburtshilfe in Bonn.
Eitorfs Bürgermeister Rainer Viehof kann sich eine Anbindung der Klinik an ein zukünftiges Ärztehaus vorstellen
Mit einer Reaktivierung der Geburtsstation in Eitorf zum Beispiel könne eine Erreichbarkeit von 40 Minuten an der Oberen Sieg gewährleistet werden, argumentiert Knut Kornau. Könne das Krankenhaus dies nicht leisten, müsse die Bezirksregierung eben einen Träger für die Geburtshilfe suchen. Die Kommune solle als Rückfallträger Gewehr bei Fuß stehen.
Das sei finanziell nicht leistbar, warnte Eitorfs Bürgermeister Rainer Viehof, der bei der Kundgebung die Wichtigkeit einer wohnortnahen Geburtshilfe betonte – auch aus eigener Erfahrung: Sein Sohn kam auch per Not-Kaiserschnitt in Eitorf zur Welt, hatte die Nabelschnur um den Hals gewickelt. „Wir müssen Überzeugungsarbeit leisten und den richtigen Weg einschlagen“, so Viehof zur Zukunft der Geburtshilfe in Eitorf. Er könne sich eine Anbindung des Krankenhauses an ein künftiges Ärztehaus am Leienberg vorstellen. Mit der Hebammenambulanz gebe es schon jetzt eine wichtige Versorgung an der Oberen Sieg.
Sie könne, genau wie das geplante Geburtshaus in Königswinter, aber nur ein ergänzendes Angebot sein, sagt Nihan Salgar von Motherhood. „90 Prozent der Geburten finden in Kliniken statt.“