80. Jahrestag KriegsbeginnAutorin findet Fotos von Verwandtem, der im Krieg starb
Windeck – Sylvia Schmidt ging auf Spurensuche in ihrer eigenen Familie und erinnert an einen Großonkel, der im Ersten Weltkrieg an der Somme fiel.
Am 1. September jährt sich der Beginn des Zweiten Weltkrieges zum 80. Mal. Das bedeutet auch: Die meisten Menschen in diesem Land kennen nur Friedenszeiten. Die Spuren von zwei Weltkriegen im vergangenen Jahrhundert sind in den meisten Familien wohl nur noch schwer nachvollziehbar, sie sind verwischt.
Vor ein paar Jahren tauchte eine solche beinahe verwischte Spur auch unerwartet aus dem Dunkel meiner Familie ans Licht. Ich hatte einen entfernten Verwandten in Köln besucht.
Zu jung für Orden
Als wir auf die Familiengeschichte zu sprechen kamen, holte er eine Kiste und überreichte mir eine lang gehütete Feldpost aus ferner Zeit. Rund 100 Jahre nach Aufnahme der Fotografie blicke ich in ein Kindergesicht, das traurig aus einer Soldatenuniform hervorschaut.
Aufgrund der Familienähnlichkeit erkannte ich sofort den Bruder meiner Großmutter wieder: Otto Kleinjohann aus Schladern. In unserem eigenen Fundus gab es ein einziges Foto, auf dem er um 1910 mit Eltern und Geschwistern zu sehen ist.
Am 15. Juli 1915 hatte er seiner Schwester Anna, die in Düsseldorf „in Stellung“ war, einen Feldpost-Gruß aus der Champagne in Frankreich geschickt. „Die anderen sind alle »Roßbacher«“ (Windeck-Rosbacher), schreibt er auf der Rückseite der Karte. Diese Männer tragen Orden, Otto mit dem Kindergesicht ist nicht dekoriert, dazu reichte seine Lebenszeit nicht.
Mit 22 Jahren auf dem Schlachtfeld gefallen
Es ist nicht überliefert, ob er freiwillig und begeistert in den Krieg gezogen war. Überliefert ist dagegen, dass er zu den mehr als eine Million getöteten, verwundeten und vermissten Soldaten der Schlacht an der Somme gehörte. Er fiel am 29. November 1916 in der Nähe von Miraument bei Amiens (Nordfrankreich). Er war erst 22 Jahre alt.
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Sicherlich haben die acht Geschwister ihn nicht vergessen, aber haben sie später jemals von ihm erzählt? Gerade deshalb bin ich sehr froh, dass die Postkarte zu mir kam. Auf diese Weise denkt auch nach mehr als 100 Jahren noch gelegentlich jemand an den jungen Mann, der glaubte, ein Leben vor sich zu haben, und stattdessen zum Kanonenfutter wurde.