Gaststätte in WindeckKünftig zapft die Dorfgenossenschaft im „Siegtaler Hof“ das Bier
- Rückblick 2021: Bei diesem Bericht handelt es sich um einen Text aus dem Archiv, der unsere Leserinnen und Leser besonders interessiert hat. Er wurde zum ersten Mal am 29. September 2021 veröffentlicht.
Windeck – Samstagnachmittag, es herrscht Gewusel im Siegtaler Hof in Herchen. Zukünftige Genossenschaftsmitglieder modernisieren die Wirtsräume der beinahe 200 Jahre alten Traditionsgaststätte, urig soll es aber bleiben. Seit die Wirtsleute Christoph und Mary Kölschbach Ende 2020 in den Ruhestand gingen, ist die Gaststätte geschlossen.
Wenn alles nach Plan läuft, soll der Siegtaler Hof als „eG“, eingetragene Genossenschaft, noch 2021 neu eröffnen. „Ein Dorf wird Wirt“, heißt die Herchener Devise.
Befreundete Genossen aus Hülsenbusch gegen Ratschläge
Mit Hochdruck wird die Gründung der Genossenschaft vorbereitet, die die Gaststätte betreiben soll. Unterstützt wird das Vorhaben von der Eigentümerin des Gebäudes, der Gemeinde Windeck sowie von befreundeten Genossen aus dem oberbergischen Hülsenbusch. Die führen ihre Kneipe bereits seit 2014 genossenschaftlich und sind Ratgeber beim Projekt im Siegtal.
Aktiv beteiligen sich derzeit rund 20 Herchener. Yvonne Isenhardt, Tina Caspari und Doris Gnacke sind in Arbeitskleidung erschienen. Es gibt noch viel zu tun. Renovierungsarbeiten im Kneipenraum, den beiden Sälchen, in Küche und Toilette stehen auf dem Plan.
Die alten Möbel stehen abgedeckt in Reih und Glied, manches, wie die wuchtigen Geweih-Lampen, suchen ebenso wie das Klavier nach Liebhabern, die sich gern beim Vorstand über einen Erwerb erkundigen können. Die Tische und Stühle sollen allerdings wieder zum Einsatz kommen, wenn die Wände gestrichen sind.
Den Vereinen fehlte ein Treffpunkt in Herchen
„Jede helfende Hand ist willkommen“, betont Karl-Heinz Andree, der Vorsitzende der Genossenschaft. Außer ihm gehören Dirk Kleinschmidt als sein Stellvertreter sowie Georg Schirmer, Max Land und Stephan Hessel zum Vorstand, vier weitere Personen bilden den Aufsichtsrat. Andree, im Dorf kurz Kalle gerufen, ergriff die Initiative, als nach der Gaststätte Kothen auch der „Siegtaler Hof“ die Pforten schloss.
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Damit fehlte den zahlreichen Vereinen, dem Dorf selbst ein Treffpunkt, ein Ort für Feiern und Austausch. Gemeinsam suchten sie eine Lösung.
Glücklich sind alle Beteiligten über den Kontakt nach Hülsenbusch bei Gummersbach und über die ausgezeichnet funktionierende Zusammenarbeit mit der Eigentümerin. Im Rathaus ist Beigeordneter Thomas Becher für die Gründer der zentrale Ansprechpartner.
Die Gemeinde hat die ortsbildprägende Liegenschaft gekauft, um Teilflächen für den geplanten Neubau des benachbarten Feuerwehrhauses zu nutzen. „Dass es nun eine weitere Perspektive für die Gaststätte gibt, freut mich für Herchen, das Engagement kann man gar nicht hoch genug einschätzen“, sagt Becher zu den geplanten Aktivitäten. Als fair bezeichnen beide Seiten den bereits ausgearbeiteten Pachtvertrag für den gastronomisch genutzten Teil des kommunalen Gebäudes.
Vorhaben muss auf vielen Schultern ruhen
Die Genossenschaft sei die richtige Möglichkeit, viele Bürger aus Herchen und den umliegenden Dörfern ins Boot zu holen, um das Vorhaben auf breite Schultern zu verteilen. „Nur wenn der Ort und die Umgebung sich mit dem Projekt identifizieren, kann es funktionieren“, ist Andree überzeugt.
Ein Genossenschaftsanteil kostet 250 Euro
Gegenstand des Unternehmens ist der Erhalt und Betrieb der Gaststätte Siegtaler Hof als Begegnungsstätte. Es sollen Maßnahmen der Dorfgemeinschaft, des Vereinslebens und des Ehrenamtes in Form von kulturellen Veranstaltungen oder gemeinsamen Aktionen zur Verbesserung des Ortsbildes von Herchen und Umgebung gefördert werden. Für die örtlichen und umliegenden Vereine soll ein Versammlungsort geschaffen werden. Ein Geschäftsanteil beträgt 250 Euro, wobei ein Mitglied mit Zustimmung des Vorstands sich mit weiteren Geschäftsanteilen beteiligen darf. (sys)
Noch ist die Genossenschaft nicht eingetragen, aber 30 künftige Mitglieder stehen bereits in den Startlöchern. An drei Tagen in der Woche sollen Genossinnen und Genossen Schichten hinter der Theke übernehmen. Zunächst wird donnerstags und freitags von 18 bis 22 Uhr und sonntags von 11 bis 22 Uhr geöffnet sein.
Eine kleine Snackküche, sonntags eine kleine Mittagskarte sowie nachmittags Kaffee und Kuchen sollen den Gästen angeboten werden. Der Vorstand wird dazu nach qualifiziertem und geeignetem „Küchenpersonal“ Ausschau halten. „Die Bürokratie ist sehr arbeitsintensiv“, urteilt Andree über Hygieneschulungen, Lebensmittellehrgänge, Verhandlungen mit Brauereien und Versicherungen. „Gut, dass wir auf unsere Freunde aus Hülsenbusch und weitere »Profis« aus unserem Umfeld zurückgreifen können.“