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Ungewöhnliches HobbyFerdi Patt aus Windeck jagt Blitzen hinterher – auch in 5000 Meter Höhe

Lesezeit 3 Minuten
Ferdi Patt auf der Hochebene Chajnantorin in Chile auf 5000 Meter. Im Hintergrund einige der ALMA-Antennen.

Ferdi Patt auf der Hochebene Chajnantorin in Chile auf 5000 Meter. Im Hintergrund einige der ALMA-Antennen.

Der 72-Jährige arbeitete als technischer Angestellte in der Radioastronomie und sammelt Gewitterdaten auf der ganzen Welt.

Im Jahr 1968 war Ferdi Patt aus Windeck-Dattenfeld 16 Jahre alt. Er und seine drei Freunde hatten großen Lebenshunger. Ohne Fertigkeiten an Musikinstrumenten gründeten sie die Band „Red American Popcorn“.„Ich war Sänger, die Gitarristen klimperten und taten so, als würden sie spielen. Dabei kam die Musik vom Band“, freut er sich heute noch an der Verrücktheit.

Ferdi Patt bei der Grundsteinlegung im Jahr 2000 für das Radioteleskop AMiBA auf dem Mona Loa auf Hawaii.

Ferdi Patt bei der Grundsteinlegung im Jahr 2000 für das Radioteleskop AMiBA auf dem Mona Loa auf Hawaii.

Wovon er allerdings wirklich Ahnung hatte, war, wie man aus einem alten Radio einen Verstärker baut. Dieser Umstand bescherte den „jungen Wilden“ am Sonntagmorgen einen besonderen Genuss. Während sich der Großteil des Ortes im Hochamt befand, sendete Ferdi auf UKW die Hitparade von Radio Luxemburg, die er am Abend zuvor auf dem Tonband aufgenommen hatte.

Ferdi Patt aus Windeck arbeitete für das Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn

Heute ist der ehemalige technische Angestellte in der Radioastronomie 72 Jahre alt und hat ein sehr besonderes Hobby. „Blitz-Ferdi“, so nennt man ihn, baut als Mitglied des nicht kommerziellen Gemeinschaftsprojektes „Blitzortung.org“ sogenannte Empfangsantennen und „Blitzkisten“, die auf der ganzen Welt verteilt Gewitterdaten sammeln.

Die Blitzkiste auf Patts Garage dient zu Testzwecken.

Die Blitzkiste auf Patts Garage dient zu Testzwecken.

Seine berufliche Vita kann sich sehen lassen. Die Grundlagen der Radioastronomie lernte er beim Radioteleskop Effelsberg des Bonner Max-Planck-Instituts in Bad Münstereifel kennen, ging dann an das Institut für Strahlen- und Kernphysik an der Technischen Universität in Berlin.

Es folgte eine Dekade in Frankreich. Zuerst nach IRAM einem deutsch-französischen Institut für Radioastronomie im Millimeterwellenbereich und danach an den Forschungsreaktor ILL in Grenoble. Für das Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn ging er Jahre nach Tucson in Arizona, um das Submillimeter Teleskope Observatory (SMTO) auf dem Mountain Graham mitaufzubauen. „Wir waren mit Harvard & Smithonian Center for Astrophyics in Cambridge in den USA die Ersten in der Terahertz-Beobachtung von der Erde aus“, so Patt.

Blitz-Jäger Ferdi Patt: Auch in Chile und Hawaii im Einsatz

Auf dem Flughafen in Tucson begegnete er 1996 zum ersten Mal dem jungen Raymond Piccoli. „Die Radioastronomie ist eine kleine Szene, da kennt jeder jeden“, weiß Blitz-Ferdi. „Bei der Ankunft war ein schweres Gewitter. Raymond beschäftigte sich mit optischer Astronomie und hatte großes Interesse an Wetterphänomenen. Das weckte mein Interesse und wir blieben in Kontakt.“ Erst einmal führte Patts Weg für drei Jahre nach Hawaii. Für die ESO in München ging er 2004 für ALMA, ein internationales Radioteleskop-Observatorium, nach Chile.

Aufbau einer Blitzkiste für CMCC im italienischen Caserta.

Aufbau einer Blitzkiste für CMCC im italienischen Caserta.

Eines Tages schickte Raymond Piccoli – mittlerweile Blitzspezialist am „Laboratoire de Recherche sur la Foudre“, übersetzt Blitzforschungslabor, und Kurator des Museums für Gewitter und Blitze im Massif central in Frankreich – ihm die digitale Karte der Blitzortung zu.

Weltweit operierendes Netzwerk zur Gewitterortung

„Wow“, war Patts Reaktion. Er bestellte sich ein komplettes System und baute es zusammen. Als ein Mitglied des Netzwerks in den Ruhestand ging, übernahm Patt von ihm die Produktion der Ferrit-Antennen für die Empfänger, die er weltweit an das private Netzwerk vertreibt.

Kürzlich war er im italienischen Caserta und hat dort für das Zentrum für mediterrane Klimaforschung „CMCC“, (Centro Euro-Mediterraneo sui Cambiamenti Climatici), eine Blitzkiste installiert. Das Institut ist an den historischen Daten des Projektes für seine Modelle interessiert, um bestimmte atmosphärische Ereignisse analysieren zu können.

Hinter der Bezeichnung blitzortung.org verbirgt sich ein weltweit operierendes Netzwerk zur Gewitterortung. Technikbegeisterte Menschen bauen, vertreiben oder suchen Partner für „Blitzkisten“, sogenannte Empfänger, die über die Welt verstreut aufgestellt werden, um Blitze zu orten, die sich tausende Kilometer entfernt entladen. In Echtzeit, mit etwa sechs Sekunden Verzögerung, wird auf der interaktiven Karte „blitzortung.org“ im Netz die elektrische Entladung am Ort des Gewitters angezeigt.