Als Clownin in WindeckMit Lilly kommt das Lächeln zu Senioren und Kindern
Windeck – „Aux Champs-Élysées, aux Champs-Élysées“: Zur Ukulele stimmt Clownin Lilly das Lied von Joe Dassin im Haus am Eipbach in Eitorf an. Der Seniorin, die in einem Rollstuhl sitzt, kommen fast die Tränen. Lilly alias Mieke Stoffelen hat die alte Dame bei einem Gastspiel kürzlich getroffen.
Da hat sie ihr von ihrer Liebe zu Frankreich und von der Zeit erzählt, als sie dort lebte. Stoffelen erinnert sich, als sie als Lilly wieder im Haus ist, und greift den Faden auf.
An die Schauspielerei und die Clownsnase ist die 53 Jahre alte Mieke Stoffelen über Umwege geraten. Aufgewachsen in Düsseldorf, ging sie nach dem Abitur als Au-pair nach Kanada, stieg dann ins Germanistik-Studium in Köln ein. Spaß an der Sprache hatte sie, und schließlich war es der Wunsch des Vaters, dass die Tochter in seine Fußstapfen als Deutschlehrer trat.
Schon vor der Zeit in Kanada hatte die junge Frau Spaß am Jonglieren bekommen. „Das machten wir auch während des Studiums immer wieder“, erinnert sie sich. Dann kam der Schnitt. Statt in deutsche Klassiker in Köln vertiefte sie sich in Brüssel in die Künste der Manege, besuchte eine Zirkusschule. „Ich hatte mich schon zu viel mit dem beschäftigt, was andere schon längst gedacht hatten“, resümiert sie. „Ich brauchte etwas, mit dem ich mich selbst ausdrücken konnte.“
Technik, Jonglieren, Einrad, Seiltanzen, Ballett und eben Theater standen fortan auf dem Stundenplan. „Das war schon ein hartes Stück Arbeit.“ Daneben versuchte sich die junge Frau auf der Straße, „aber das war nicht mein Ding“.
Schauspielschule in Brüssel
Es folgte die Schauspielschule École internationale de théatre Lassaad in Brüssel. Dort lernte Stoffelen „Schauspiel über den Körper“. Die Idee: „Wenn ich in eine andere Rolle schlüpfe, lerne ich sie mit dem eigenen Körper kennen. Das war eine sehr schöne Zeit.“ In Kanada hatte sie Englisch gesprochen, nun stand Französisch an. Bis heute schreibt sie Lieder in dieser Sprache. „Das ist schon ein Teil von mir.“
Zurück in Köln, arbeitete Stoffelen bei der Theaterproduktion Comic On, trat mit Kollegen zu dritt in Jugendzentren und Schulen auf, wo die Zuschauer und Zuschauerinnen einbezogen wurden ins Geschehen. „Theater, Bühne, Vortrag, das bin ich nicht“, erklärt sie. „Es waren immer Projekte, bei denen ich auch am Entstehen beteiligt war.“ Sie spielte Pippi Langstrumpf, zog mit dieser Produktion des Cocomico-Familienmusicals über Land.
Improvisation kam verstärkt ins Spiel, als Stoffelen nach einem erfolgreichen Casting 2005 zum Verein Clownsvisite in Essen stieß. Seitdem besucht sie als Lilly Kinder auf onkologischen Stationen unter anderem in Bonn und Sankt Augustin, lässt sich vom Klinikpersonal kurz einführen und versucht dann im Zimmer, Frust und Enttäuschung, aber auch Hoffnung und Lebensmut aufzugreifen und spielerisch Brücken zu den Patienten zu bauen, getreu dem Leitspruch: „Humor hilft heilen“.
Nach Windeck kam Mieke Stoffelen mit ihrer Familie 2015. Kontakt zu den Menschen im Dorf fand sie schnell, und auch in hiesigen Einrichtungen, wie dem Haus am Eipbach in Eitorf, ist sie gern gesehener Gast. Dort trat sie erst kürzlich mit ihrem selbst geschriebenen Eine-Frau-Theaterstück „Ein Stück Leben, eben“ auf, in dem sie Autobiografisches mit Erinnerungen ihrer Mutter und Erzählungen aus Dörfern der Oberen Sieg verbindet. „Ich hab vieles wiedererkannt“, habe eine gerührte Seniorin aus dem Publikum gesagt. Bilder aus dem Stück finden sich auf ihrer Internetseite.
Stoffelen arbeitet als Regisseurin, Schauspielerin und Clowncoach, ist in der Liedermacherei Heimpel aktiv und über das Programm „Aufholen nach Corona“ seit kurzem auch an der Grundschule in Obernau. „Da bin ich irgendwie jetzt auch Lehrkraft“, bemerkt sie selbst ein wenig verwundert.
Während sie der 100-jährigen Anna Balke in Eitorf allein durch ihre Anwesenheit, ein einfühlsames Gespräch und ein Lied Freude und Lebenskraft vermittelt, muss sie sich auf der Onkologie in Pandemiezeiten mit Online-Besuchen begnügen.
„Wir haben digitales Spielen etabliert. Da habe ich sogar von einem der Kinder online eine Spritze bekommen“, berichtet sie. In Dattenfeld spielt sie regelmäßig im Duo auf der Terrasse eines Altenheims, ebenso in Bonn vor den Fenstern einer Palliativstation.
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„Wir sind ja alle kreative Menschen“, erklärt die Clownin und klemmt sich die rote Nase auf die Maske. „Clowns haben immer was zu lachen“, ist sie sich sicher. Allerdings müsse sie die eigene Schale auch immer wieder füllen, um geben zu können. Es geht ihr um Bewegung, Präsenz in dem Moment, wo sie gebraucht wird. „Ich gucke immer, ob es eine Tür gibt, die Leichtigkeit hineinlässt.“