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Fast ausverkauftNachfrage nach Holz ist in Rhein-Sieg extrem stark gestiegen

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Deutlich mehr Anfragen registriert Nils Engels vom Engelshof in Kriegsdorf.

Rhein-Sieg-Kreis – Wie werden in Herbst und Winter die Wohnung oder das Haus zu halbwegs erträglichen Kosten warm? Diese Frage stellen sich angesichts steigender Energiepreise und einer ab Herbst drohenden Gasknappheit immer mehr Haushalte in der Region. Die scheinbar einfache Lösung: ein Kaminofen, in dem sich Holz vergleichsweise preiswert verheizen lässt. Holzhändler und Kaminofen-Bauer erleben deshalb in diesen Tagen einen Nachfrage-Boom – und müssen viele Kunden enttäuschen.

„Wenn Sie beim Thema Heizen wirklich Kosten sparen wollen, dann kaufen Sie sich einen dicken Pullover“, flachst Schornsteinfeger Volker Czellnik, der in Niederkassel auch den Laden „Die Feuerstätte“ betreibt. Mindestens 3000 Euro müsse man für einen Kaminofen anlegen, in der Regel zahlten Kunden für Anschaffung und Montage eines Kaminofens aber zwischen 4000 und 8000 Euro. „Das dauert dann halt, bis sich das rechnet und man wirklich spart.“

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Warm und gemütlich wird es, wenn der Kamin an ist.

Zudem sei das Heizen mit einem Kaminofen mit Arbeit verbunden. „Das muss man schon wollen.“ Trotzdem erlebt der Niederkasseler einen für die Jahreszeit absolut ungewöhnlichen Nachfrage-Boom. „Normalerweise verkaufen wir in den Sommermonaten nur vereinzelt Kaminöfen. Jetzt haben wir so viele Aufträge, wie sonst nur in den kalten Wintermonaten.“

Als Inhaber eines kleinen Betriebes kann Czellnik die sprunghafte gestiegene Nachfrage gar nicht befriedigen. „Wir müssen vielen Leuten absagen“, schildert er. „Wen wir dann tatsächlich beliefern können, der muss sich auf eine Wartezeit von mindestens zwei Monaten einstellen.“

Hoffnung auf Unabhängigkeit bei der Energieversorgung mit Kaminofen

Auch Peter Niethen vom Kamin- und Ofenstudio in Sankt Augustin-Menden beschert die Gaskrise volle Auftragsbücher: „Die Leute rennen uns die Bude ein.“ Viele Kunden verbänden mit dem Einbau eines Kaminofens indes weniger die Erwartung großer Ersparnisse, sondern die Hoffnung auf ein Stück Unabhängigkeit bei der Energieversorgung. „Die Leute wollen bei dem Thema einfach autark sein.“

Doch wer auf die wohlige Wärme setzt, muss erst mal an das Brennmaterial heran. Denn Kaminholz ist das neue Gold. Wer jetzt nicht bereits Vorräte hat, der dürfte Probleme bekommen, in naher Zukunft sein Lager aufzufüllen. In den Wäldern an Rhein und Sieg ist Brennholz Mangelware, wie der Leiter des Regionalforstamtes Rhein-Sieg-Erft in Eitorf, Stephan Schütte, bestätigt.

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Mit einer großen Spaltmaschine werden die Stämme zerkleinert.

Für diese Saison sei alles weg. Die sogenannten „Selbstwerber“, Privatkunden, die Brennholz über die Revierförster beziehen, hätten keine Chance mehr auf Zuteilung. Das gelte erst recht für Neukunden, die nicht gelistet seien. Weil die Altwälder durch die Dürre geschädigt seien, werde zurzeit auch kaum durchforstet, erklärt Schütte.

Sondereinschläge gebe es angesichts der großen Freiflächen, die Borkenkäfer und Stürme hinterlassen hätten, nicht. Die Preise habe der Landesbetrieb Wald und Holz „nicht spektakulär angezogen“, aber an die „riesige Nachfrage“ am Markt angepasst und 25 bis 30 Prozent aufgeschlagen.

Lange Warteliste für Kaminholz

Große Anbieter im Rhein-Sieg-Kreis wie Kaminholz Rhein-Sieg oder Kaminholz Siebengebirge nehmen für das gesamte restliche Jahr keine Bestellungen mehr an. Marc Schmiedel, Inhaber von Kaminholz Siebengebirge, bestätigt, dass es eine extrem hohe Nachfrage beim Stammholz gebe.

„Wir haben nur noch kleine Mengen für Selbstabholer“, sagt er, die Warteliste für Lieferungen sei lang. Beim Holzhandel Kürten in Windeck ist auf der Homepage zu lesen, dass der Kaminholzvorrat für 2022 „leider“ schon ausverkauft ist.

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Auf den Werbebanner des Engelshofs ist der Preis verschwunden.

Hans Naporra, Inhaber von Kaminholz Rhein-Sieg aus Overath im benachbarten Rheinisch-Bergischen Kreis, nimmt seit Dienstag keine Bestellungen mehr entgegen. Die Nachfrage habe sich fast verdreifacht. „Das ist fast wie beim Toilettenpapier zu Corona-Zeiten. Wer früher drei Boxen bestellt hat, kauft jetzt lieber mal sechs.“ Er beziehe sein Holz aus ganz Europa. Am Dienstag habe er bis Mittag 137 verpasste Anrufe gehabt. „Und ich habe in der Zeit gearbeitet und mit Kunden telefoniert.“

Preise für Kaminholz sind stark angestiegen

Zudem sind die Preise exorbitant gestiegen. Für eine Einwegbox mit sehr trockener und hervorragender Qualität in Buche oder Esche mit 3,2 Schütt-Raummeter bezahlte man im März 2021 noch 250 Euro. Zuletzt verkaufte der Anbieter dasselbe Produkt für 380 Euro.

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Beim Engelshof in Troisdorf-Kriegsdorf gibt es noch Holz aus der Region, allerdings ist auch hier der Preis gestiegen, von 80 auf 105 Euro den Schütt-Raummeter. „Die Lage ist katastrophal. Die Preise gehen durch die Decke, und es macht einfach keinen Spaß mehr“, klagt Nils Engels. Noch nie habe er soviel Anfragen im Sommer gehabt – und der Ton werde rauer: „Die Kunden sind unzufrieden und werden auch mal frech.“

Den Förstern zufolge gebe es genug Holz in den umliegenden Wäldern, betont der 29-Jährige, doch nun kämen Probleme mit den Spediteuren dazu. „Die sind einfach weniger geworden, und dann muss das Holz ja auch noch trocknen.“ Die Lieferzeit beträgt derzeit zwölf bis 14 Wochen. Engels: „Das ist eigentlich schon nicht mehr einzuhalten.“ Im Schnitt bestelle der Kunde an die drei Raummeter, aber er habe auch einen Kunden, der 30 bis 40 Raummeter bei ihm im Jahr kaufe: „Der heizt sein ganzes Anwesen damit.“