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„Das ist unmenschlich“Eigentümer in Hennef scheitern vor Gericht und müssen ihre Häuser abreißen

Lesezeit 4 Minuten
Das Unterdorf von Hennef-Bülgenauel mit umliegenden Wiesen und Äckern aus der Vogelperspektive.

Blick auf das Unterdorf in Hennef-Bülgenauel mit dem Wochenendhausgebiet.

Das Oberverwaltungsgericht Münster hat entschieden: Die Abrissverfügungen der Stadt Hennef für vier Wochenendhäuser in Bülgenauel sind rechtmäßig.

Für die Eigentümer von vier Häusern im Unterdorf von Bülgenauel endete die Fahrt nach Münster mit einer großen Enttäuschung. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) hat am Freitag der Stadt Hennef recht gegeben. Die Eigentümer müssen ihre Domizile in dem Wochenendhausgebiet abreißen.

OVG drehte die Entscheidung der ersten Instanz

„Der 10. Senat hat die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln gedreht“, bestätigte Dirk Rauschenberg, stellvertretender Pressesprecher des OVG, auf Anfrage. In erster Instanz hatten sich die Hausbesitzer erfolgreich gewehrt. Im Herbst 2022 widersprach das Gericht in Köln der Annahme, die ursprünglichen Baugenehmigungen seien erloschen. Es stufte die Abrissverfügungen der Stadt als „ermessensfehlerhaft“ ein. „Diesen Ermessensfehler hat der Senat hier nicht erkannt“, sagte Rauschenberg. Die Verfügungen seien rechtmäßig.

Somit setzte sich die Stadt Hennef, die in Berufung gegangen war, doch durch. Eine Revision gegen die Entscheidung in Münster ist laut OVG nicht zulässig. Gegen die Nichtzulässigkeit können die Kläger Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig einreichen.

Das Bild zeigt einen Bungalow im Wochenendhausgebiet Bülgenauel.

Auch dieser 1968 gebaute Bungalow muss weichen. Die Eigentümerin unterlag mit ihrer Klage gegen die Abrissverfügung.

Ob sie auf diesem Wege weiterkämpfen, ist fraglich. „Die Aussichten sind sehr gering“, sagt Wilhelm Krath im Gespräch mit der Redaktion. Die Mutter des 55-Jährigen ist eine der Betroffenen. Mit ihrem Ehemann, der inzwischen verstorben ist, hatte sie 2001 ein Haus am Bülgenaueler Siegdamm gekauft, um dort den Lebensabend zu verbringen.

Auch für andere Bewohner wurde die beschauliche Siedlung, die vor mehr als 60 Jahren entstand, zum ersten Wohnsitz. Eine entsprechende Anmeldung im Hennefer Rathaus war für sie unproblematisch. Was die Neu-Bülgenaueler damals nicht ahnten, lautet im Juristendeutsch so: „Aus der Möglichkeit der melderechtlichen Anmeldung folgt kein Vertrauen hinsichtlich der baurechtlichen Beurteilung.“

Amt für Bauordnung nahm Siedlung unter die Lupe

2016, nachdem die Bezirksregierung Köln die Überschwemmungsgebiete neu gefasst hatte, nahm das Amt für Bauordnung die Siedlung unter die Lupe. Es wurden etliche Schwarz-Anbauten entdeckt und Erstwohnsitze festgestellt. Häuser, die auch nur eine Zeitlang nicht als Wochenend-Domizil, sondern als Erstwohnsitz genutzt wurden, hätten ihren Bestandsschutz verloren, sagt die Stadt, die außerdem mit dem Hochwasserschutz und der Gefahrenabwehr argumentiert.

Hausbesitzer befürchteten schon 2016 „eiskalte Enteignung“

Als das Gebiet im Flächennutzungsplan dann als Fläche für die Landwirtschaft ausgewiesen wurde, organisierte sich der Widerstand. Die Hauseigentürmer bildeten eine Interessengemeinschaft, sammelten Unterschriften, sprachen mit dem Bürgermeister und drehten sogar einen Film über das Bülgenaueler Unterdorf. Sie befürchteten eine „eiskalte Enteignung“ und drastische Wertverluste.

„Das Arbeitsleben meiner Eltern steckt da drin, das ist alles weg, dort bleibt nichts übrig“, sagt Wilhelm Krath. Er rechnet damit, dass die Stadt eine neue Verfügung zuschickt, sobald die aktuelle OVG-Entscheidung schriftlich vorliegt, und eine kurze Frist für den Abbruch setzt. Mit den Kosten sei seine Mutter überfordert.

Die Vorsitzende der Interessengemeinschaft, Claudia Jansen, war am Freitag auch in Münster. Sie selbst ist noch nicht aufgefordert worden, ihr Wochenendhaus in Bülgenauel abzureißen. Aber in der OVG-Verhandlung sei von 70 städtischen Verfahren die Rede gewesen. „Keiner hier ist auf der sicheren Seite.“

Warum treibt man die Leute in den Ruin? Das ist unmenschlich.
Ruth Müller-Bree, Angehörige eines Hauseigentümers

Jansen wirft der Stadt Wortbruch vor. Am 30. August 2016 habe der damalige Bürgermeister gesagt, dass alles in Ordnung sei, wenn sich die Menschen mit Zweitwohnsitz im Unterdorf anmeldeten. Die Gefahr einer Überschwemmung sieht Jansen seit der Dammerneuerung 1984 nicht mehr. Bei Hochwasser der Sieg habe noch nie Wasser auf den Grundstücken, die fast alle sehr schön gepflegt seien.

Mit dem Zwang zum Abriss erhöhe die Stadt die Zahl der Bürgergeld-Empfänger, befürchtet Jansen. Es treffe viele Rentner, die keinen Kredit mehr bekämen und keine andere Wohnung haben. „Es hat gar keinen Sinn, diese Siedlung abzureißen“, pflichtet ihr Ruth Müller-Bree, Angehörige eines Hauseigentümers, bei. „Warum treibt man die Leute in den Ruin? Das ist unmenschlich.“

Alternativen zum Abriss können wir uns nicht vorstellen.
Stadtverwaltung Hennef

„Alternativen zum Abriss können wir uns nicht vorstellen, sonst hätten wir keine Verfügungen erlassen“, antwortete die Stadtverwaltung am Montag auf Anfrage. Ein Haus sei in der Vergangenheit auf freiwilliger Basis abgebrochen worden. Eine Verfügung sei bestandskräftig, „es ist aber nicht bekannt, ob sie vollzogen wurde.“

Auf die Frage, wie viele Häuser insgesamt noch abgerissen werden müssen, heißt es: „Um das im Einzelnen zu beantworten, wollen wir die schriftlichen Urteile des OVGs abwarten. Auf Basis der Urteilsbegründungen werden die offenen Verfahren nochmals beurteilt.“