Über dem Schützenheim der Warther Bruderschaft schwebt die Abrissbirne. Nach 63 Jahren wird der letzte Schützenkönig gekrönt.
Warther BruderschaftDiese Rolle spielt das Erzbistum Köln beim Aus eines Hennefer Schützenvereins
1961 war Heinz Bienentreu der erste Schützenkönig in der Warth. Am Samstag wird dort sein letzter Nachfolger gekrönt. 63 Jahre nach ihrer Gründung löst sich die Schützenbruderschaft St. Hubertus Hennef-Warth auf. Die Tage ihres Domizils sind gezählt. Über dem Schützenheim an der Frankfurter Straße schwebt bald die Abrissbirne. Das Grundstück soll bebaut werden.
„Wir müssen das Gebäude zum 31. Mai besenrein verlassen“, erklärt Markus Eiden. Er ist seit 1980 Mitglied und seit 2017 der 1. Brudermeister der Hubertus-Schützen. „Mittlerweile habe ich mich mit der Situation abgefunden“, sagt der 57-Jährige, der dem Ende seines Vereins gleichwohl mit einer großen Portion Wehmut entgegensieht.
Aus Eidens Worten klingt auch Verdruss. Denn die Schützen gehen keineswegs aus freien Stücken. Die Pfarrgemeinde Liebfrauen Hennef-Warth, der das Schützenheim gehört, hat ihnen vor vier Jahren gekündigt. „Wir wollten hier sanieren“, erzählt der Brudermeister. Mit diesem Ansinnen sei er 2020 zum Kirchenvorstand gegangen, um eine Verlängerung des auslaufenden Pachtvertrags um zehn Jahre zu erwirken. Stattdessen sei ihm ein Auflösungsvertrag vorgelegt worden, „den habe ich zerrissen“.
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Erzbistum Köln übt seit Jahren Druck auf Hennefer Kirchengemeinde aus
„Die da oben können nichts dafür“, sagt Eiden. Er dreht den Kopf in Richtung Kirchberg, an dessen Fuß das Schützendomizil steht – ehedem Stall und Scheune des Clostermanns Hof. Als sie den Grünröcken kündigte, handelte die Gemeinde unter Druck aus Köln. „Das Erzbistum drängt uns seit Jahren, diese Fläche zu vermarkten“, bestätigt Hans Peter Lindlar (78). Der frühere Regierungspräsident ist geschäftsführender Vorsitzender des Kirchenvorstandes.
Im Hintergrund stehen Absprachen, die zwischen Gemeinde und Erzbistum in Zusammenhang mit dem Pfarrheim-Umbau getroffen worden waren. Demnach gewährte das Erzbistum einen Zuschuss unter der Bedingung, dass die Gemeinde Einnahmen durch die Grundstücksvermarktung erzielt.
Mit dem Abbruch des Schützenheims ergibt sich eine lukrative Fläche
Die Schützen wandten sich 2021 an die Kommunalpolitik mit der Idee, dass die Stadt das Schützenheim erwirbt und man daraus eine Vereinsstätte für alle drei Hennefer Bruderschaften macht. Daraus wurde nichts. Auch konnte die Stadt den Schützen kein anderes Grundstück für einen Neubau zur Verfügung stellen.
Nach dem Abbruch des Schützenheims ergibt sich mit dem davorliegenden großen Parkplatz an der Ecke Frankfurter Straße/Im Marienfried eine lukrative Fläche für eine Bauinvestition in City-Nähe. Konkrete Pläne gibt es bislang nicht. Nach Auskunft der Stadt liegen der Verwaltung weder Bauantrag noch Bauvoranfrage vor.
„Da ist noch vieles in weiten Säcken“, sagt Lindlar, auf jeden Fall müsse der Bebauungsplan geändert werden. Die Gemeinde selbst werde nicht bauen. Man sei im Gespräch mit einem Interessenten. „Wir wollen eine seriöse Investition“ und habe als Kirche auch soziale Aspekte im Blick, so Lindlar. Wichtig für die Pfarrgemeinde sei außerdem, das gesamte Areal zu vermarkten, will heißen: auch den für eine Bebauung weniger attraktiven Nordhang des Kirchbergs.
Klare Aussagen gibt es hinsichtlich des Baumriesen, der am Rand des Parkplatzes steht und einer Neubebauung nicht zum Opfer fallen soll. Die mächtige Platane gehöre der Stadt und sei durch deren Baumschutzsatzung geschützt, heißt es auf Nachfrage aus dem Rathaus. „Der Baum wird nicht angetastet“, verspricht auch Hans Peter Lindlar, „der ist wie das Drei-Giebel-Haus ein Wahrzeichen der Warth.“ Für die Warther Kirmes stehe der Platz vor dem Schützenheim dieses Jahr noch zur Verfügung, versichert der Kirchenvorstand.
Bei den Schützen hat derweil das große Aufräumen begonnen. Eine Liste mit dem Inventar wurde gemacht und vieles, wie Tische, Stühle und Barhocker, hat bereits Abnehmer gefunden. „Am 15. Mai werden die Schießstände bei der Polizei abgemeldet“, sagt Markus Eiden. Sollten am Ende noch Kleinkaliber-Waffen übrig sein, werde man diese Ende Mai zur Vernichtung bei der Polizei in Siegburg abgeben.
Saal des Schützenheim war einmal ein Schweinestall
Die Möglichkeit, Schießsport mit Kleinkaliber auf einem 50-Meter-Schießstand zu betreiben, erschloss sich die Bruderschaft, als sie Ende der 60er Jahre vom Warther Casino in den Clostermanns Hof wechselte. Im früheren Schweinestall wurde ein Saal mit Theke eingerichtet, der bis zur Corona-Pandemie auch als Seniorenbegegnungsstätte diente. Daneben bauten die Schützen den langen Schießstand, der zum größten Teil mit Erde überdeckt wurde, sodass es aussieht, als rage er in den Kirchberg hinein.
„Alles, was mit Tradition zu tun hat, wollen wir dem Stadtarchiv geben“, berichtet Eiden. Das betreffe zum Beispiel die Königsketten. Ab dem 1. Juni befinde sich die Schützenbruderschaft dann in Auflösung, fünf Vorstandsmitglieder würden zu Liquidatoren. Das Geld des Vereins – Eiden spricht von einem „bisschen Plus“, das übrig bleibe – fällt satzungsgemäß an die Pfarrgemeinde Liebfrauen. Die hatte die Schützen nach Ablauf des Pachtvertrags in den letzten Jahren als Nutzer des Gebäudes geduldet und keine Pacht mehr kassiert.
Zu Spitzenzeiten zählte die Warther Schützenbruderschaft weit mehr als 100 Mitglieder. Auf dem Papier stehen heute noch 30 Aktive, von denen zuletzt aber nur noch ein Dutzend regelmäßig zum Training kam. „Die müssen sich jetzt neu orientieren“, sagt Schießmeister Tilo Frühauf. Markus Eiden will zu den Bödinger Schützen wechseln, Frühauf (72) geht nach Sankt Augustin-Niederpleis, weil er dort weiter mit Kleinkaliber schießen kann. Im näheren Umkreis bieten noch die Schützenvereine in Siegburg-Stallberg und Troisdorf-Oberlar diese Möglichkeit.
Zum Schluss wollen es die St.-Hubertus-Schützen noch mal krachen lassen. Für Mittwoch, 29. Mai, ist eine Abschiedsparty für alle aktiven und inaktiven Mitglieder geplant.
Gemälde passt nicht mehr durch die Tür
Zum Interieur des Schützenheims gehört ein Wand füllendes Gemälde, das Blankenberg im 15. Jahrhundert zeigt. Anfang der 80er Jahre überließ die Stadt das Bild den Warther Schützen als eine Leihgabe. Danach wurde vor dem Eingang des Schützenheims ein kleiner Vorbau errichtet, was jetzt ein Problem aufwirft: Das Bild passt nicht mehr durch die Tür.
Mitarbeiter des Bauhofs hätten sich bereits angeguckt, wie sie das vor nicht allzu langer Zeit teuer restaurierte Gemälde aus dem Gebäude holen könnten, berichtete Brudermeister Markus Eiden. Da der Maler Blankenberg nicht auf einer zusammenrollbaren Leinwand, sondern auf einer Holzplatte verewigt hat, muss vor dem Abtransport der Vorbau geschleift werden.