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Start im AugustIn Hennef entsteht eine neue Grundschule in einer ehemaligen Werkstatt

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Die Grundschule wird in einer ehemaligen Werkstatt am Abtshof eingerichtet. Jens Lipperheide (rechts) und Albert Hornbach packen mit an.

Hennef – In einer ehemaligen Werkstatt entsteht Hennefs neunte Grundschule. Sie firmiert als Freie Schule Rhein-Sieg und verfolgt ein reformpädagogisches Konzept. Am 18. August soll erster Schultag sein.

„Wir sind seit fünf Jahren dran, jetzt wollen wir endlich starten“, sagt Albert Hornbach. Der 57-Jährige engagiert sich als kaufmännischer Geschäftsführer der Schulträgergesellschaft. Außerdem ist ein Förderverein aktiv, dessen Vorsitzender Jens Lipperheide bekräftigt: „Wir werden nicht mehr zurückziehen.“ Nach aktuellem Stand zählen Väter und Mütter von knapp zwei Dutzend Kindern aus Eitorf, Siegburg, Sankt Augustin, Rösrath und in einem Fall sogar aus Rheinbach auf das neue Schulangebot.

Verantwortlichen sehen viele Vorteile in der ehemaligen Werkstatt am Abtshof

„Es gibt hier viel zu gestalten, da haben die Lust drauf“, berichtet Lipperheide (48). Ein Betätigungsfeld ist zum Beispiel das zugewucherte Außengelände. Nicht zuletzt müssen die Eltern ins Portemonnaie greifen.

Auf der Suche nach einem Standort sind die Gründer in Geistingen fündig geworden. Als die Gebäude des 2018 aufgegebenen Vesbe-Berufskollegs am Abtshof zur Versteigerung standen, bot man mit, wurde aber überboten. Danach mietete die Schulgesellschaft 380 Quadratmeter im früheren Werkstatt-Trakt, Schulstraße 38. „Wenn hier ein Kind reinläuft, dem geht das Herz auf“, schwärmt Hornbach von den großen, zum pädagogischen Konzept passenden Räumen unter einem Sheddach.

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400 Quadratmeter Nutzfläche bergen noch viel Arbeit.

Dass die Kleinen nicht aus den hoch angebrachten Fenstern schauen könnten, sei kein Nachteil. Ohnehin gebe es einen „Draußentag“ pro Woche. Bis zum Geistinger Wald sind es nur wenige Gehminuten. Zu den Besonderheiten zählt eine Druckerei. Dort werden die Kinder selbst Blätter bedrucken können.

Mit Heike Wagner (51), die reformpädagogische Erfahrungen an der Grundschule in Eitorf-Harmonie gesammelt und bis zu den Ferien an der Grundschule in Rösrath unterrichtet hat, gibt es eine designierte Schulleiterin. Zum Kollegium in spe gehören ein Sportlehrer und für den bilingualen Unterricht ein Engländer. Für die Nachmittagsbetreuung – allen Kindern werden Ganztagsplätze angeboten – gibt es zwei Betreuungskräfte. Eine weitere Lehrerin hat sich laut Lipperheide bereits für 2022 beworben.

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Die pädagogische Ausrichtung sieht einen jahrgangsübergreifenden Unterricht (Klasse eins bis vier) vor. Ausgangspunkt des Arbeitens und Lernens mit den Kindern seien deren Fragen, heißt es im Konzept, dem die obere Schulaufsichtsbehörde zugestimmt hat. Demokratisches Lernen und das Prinzip des Weltlernens sind Merkmale, an denen sich der Unterricht orientieren soll, wobei freilich auch die klassischen Lehrinhalte zu vermitteln sind.

Finanzierung

Ersatzschulen wie die Freie Schule Rhein-Sieg refinanzieren sich zum größten Teil über staatliche Zuwendungen. Das Land Nordrhein-Westfalen erstattet 87 Prozent der Kosten, die beim Betrieb einer vergleichbaren Schule in öffentlicher Trägerschaft anfallen.

Einen Anteil von 13 Prozent muss der Förderverein der Freien Schule aufbringen. Dazu ist ein finanzielles Engagement der Eltern unumgänglich. Es wird kein Schulgeld erhoben, sondern ein freiwilliger Beitrag eingefordert. Vereinsvorsitzender Jens Lipperheide hat ausgerechnet, dass im Durchschnitt 170 Euro pro Monat und Kind nötig sind. „Die einen werden mehr, andere weniger zahlen“, sagt er. Man wolle kein Kind ausschließen.

Eine Ganztagsbetreuung einschließlich Mittagessen kostet die Eltern zusätzlich 50 Euro im Monat. (kh)

Hornbach und Lipperheide sind zuversichtlich, dass die Freie Schule die letzten Hürde nimmt. Die Gründungsinitiative, die nach eigenen Worten „alles erfüllt“ hat, wartet auf das endgültige Okay aus dem Schulministerium nebst einer Baugenehmigung aus dem Hennefer Rathaus für die Umwandlung der Werkstatt. „Es ist nicht unüblich, dass die Genehmigung für Ersatzschulen auf dem letzten Drücker kommt“, sagt Lipperheide. Plan B wäre eine vorläufige Erlaubnis oder ein unterjähriger Schulstart im Herbst. Für das Verfahren hat man sich anwaltliche Hilfe genommen.

In der Zwischenzeit ist noch viel zu tun. An den Wänden hängen To-do-Listen. Tafeln sind aufzuhängen, eine Toilette muss noch gebaut und eine Küche eingerichtet werden. Die Ausstattung muss der Förderverein allein stemmen. Dazu beigetragen haben Sachspenden, wie ausgemusterte Stühle und Tische der Grundschule Wolperath. Eine Buchhandlung stiftete Regale für die Bibliothek, die Hochschule Rhein-Sieg Büromöbel. Die Druckmaschine und Montessori-Material kommen von der Grundschule in Harmonie.

Die gemieteten Räume reichen für zwei Gruppen mit insgesamt 44 Schulkindern. Ob, wie und wo die neue Schule im übernächsten Jahr wächst, muss sich zeigen. Für den Schulstart in drei Wochen können Eltern noch Kinder anmelden. Angemeldete kommen auf jeden Fall auf eine Warteliste.