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Ein Herz für kleine OstfriesenHennefer Landwirt züchtet bedrohte Schafrasse

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Wer bist du denn? Neugierig und gar nicht ängstlich begrüßt das Lamm die unbekannten Besucher.

Hennef – Um 0.10 Uhr am Neujahrstag war das erste Lamm des Jahres da. Simon Darscheid verbrachte, wie stets, die Silvesternacht bei seiner Herde. Der stellvertretende Landesvorsitzende des Schafzuchtverbandes hat sie über den Winter in dem Stall aus dem 16. Jahrhundert auf dem Hof an der Oberpleiser Straße in Söven untergebracht. Doch so richtig los ging es bei den Geburten im Februar.

Der 41-Jährige züchtet ostfriesische Milchschafe, eine vom Aussterben bedrohte Rasse. 70 Rassen gibt es in Deutschland, insgesamt 1,6 Millionen Tiere. Damit wird der Markt aber nur zu etwa 40 Prozent abgedeckt. Die meisten Importe kommen aus Großbritannien, dort leben 30 Millionen Schafe.

Simon Darscheid hält ostfriesische Milchschafe. Auch schwarze.

Auf den Wiesen rund um das landwirtschaftliche Anwesen, in dem auch seine beiden Schwestern mit ihren Familien leben, tummelt sich der Nachwuchs. Manche Kleinen staksen noch auf etwas unsicheren Beinen durch das Gras, unter Wärmelampen unterm Dach liegen die Neugeborenen. Aber auch die zwei, drei Tage alten Tiere sind kaum mehr als eine Hand voll. Neugierig drängen sie ihre Näschen an den Abgrenzungsgittern im Stall.

Gut 110 Lämmer erwartet der Schäfer in diesem Jahr, nach 145 bis 150 Tagen Tragezeit. Die weibliche Nachzucht behält er. Von derzeit 102 erwachsenen Schafen soll seine Herde auf bis zu 170 Tiere wachsen. Zum Vergleich: Eine Wanderherde hat zwischen 800 und 1100 Tieren.

Einer von zwei Herdenschutzhunden, die Simon Darscheid angeschafft hat. Grund ist der wieder heimisch gewordene Wolf.

Schon seine Eltern hatten ostfriesische Milchschafe. Alle zwei Jahre muss er zwei neue Böcke dazukaufen, um den Genpool zu durchmischen. Das wird im Herdbuch der Vereinigung Rheinischer Schafzüchter und -halter Bonn dokumentiert. Große Sprünge kann er mit der Zucht allerdings nicht machen. Die Wolle zum Beispiel muss er entsorgen, weil er nicht genügend Abnehmer findet. Dabei kostet das Scheren pro Tier schon drei Euro. Er erhält aber Weidetierprämie vom Bund. Am liebsten würde er mit allen Produkten in die Direktvermarktung gehen. Das ist aber gar nicht so einfach.

Seine Mutter verkaufte auch Schafskäse. Das macht der 41-Jährige, der nebenbei bei der DLS-Bäckerei Brot ausfährt, nur noch für den Privatgebrauch. „Der Melkstand ist nicht mehr EU-konform.“ Die Investition in eine neue Anlage ist im Moment nicht drin. Er steigt aber ein in den Vertragsnaturschutz und wird rund 20 Hektar im Pleisbachtal bewirtschaften. Für die erweiterte Herde reichen die rund 15 Hektar, die zum Hof gehören, nicht aus. Die Trockenheit der vergangenen Jahre habe darüber hinaus dazu geführt, dass das Futterangebot nicht mehr ausreicht.

Die neugeborenen Lämmer liegen unter einer Wärmelampe.

Der Bio-Bauer hält auch 120 Legehennen. Die Eier nutzt er ausschließlich für die Direktvermarktung. „Da könnten wir noch ein paar mehr halten.“ Er ist unzufrieden mit dem Ansehen seines kleinen Wirtschaftszweiges.

„Schafe finden nicht statt, die werden aber weitgehend artgerecht gehalten“, erklärt er. Die Herden hielten durch das Grasen die Landschaft frei, ließen aber auch Grasbüschel stehen. Da finden Feldmäuse und Feldhasen Schutz. „25 000 Samen trägt ein Tier in Wolle und Kot durch die Gegend, von Fläche zu Fläche“, beschreibt er die Bedeutung für die Biodiversität. „Im Wald leben nicht so viele Arten und erst durch die Freihaltung der Landschaft entstehen viele kultivierte Arten.“

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Der gelernte Dachdecker hat seinen Betrieb aufgegeben und sich ganz der Zucht der ostfriesischen Milchschafe gewidmet. Fast alle Wirtschaftsrassen sind vom Aussterben bedroht. Vor dem Wolf ist ihm nicht bange. Er hat Schutzzäune und zwei Pyrenäen-Berghunde als Herdenschutzhunde: „Wir werden uns an den Wolf gewöhnen müssen, er ist hier angekommen.“