Der Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland war zu den Grundmauern der 1938 zerstörten Synagoge gekommen.
SanierungChanukkia an zerstörter Hennefer Synagoge unter scharfen Sicherheitsvorkehrungen enthüllt
An der Bergstraße standen mehrere Streifenwagen, an der Sövener Straße zwei weitere Beamte. Personenschützer begleiteten Abraham Lehrer, den Vizepräsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, zur Gedenkstätte der 1938 in der Reichspogromnacht zerstörten Synagoge in Hennef-Geistingen. Er war eigens aus Köln angereist, um bei der feierlichen Enthüllung eines achtarmigen Leuchters, der Chanukkia, dabei zu sein.
Dass es eines solchen Sicherheitsaufwands bedurfte, erschreckte nicht nur Bürgermeister Mario Dahm, sondern auch die zahlreichen geladenen Gäste, die Zum Abschluss der Sanierung der Grundmauern gekommen waren: den Projektleiter Michael Herkenrath genau so wie die Vertreter des Stadtrats, der Verwaltung, des Verkehrs- und Verschönerungsvereins und der Kirchengemeinden.
Dahm sprach nicht von einer Einweihung, denn das Gebäude kann nicht wieder in Betrieb genommen werden, kann nicht mehr seiner eigentlichen Funktion dienen. Und dennoch sei es ein wichtiger Teil der Stadt. Es war einst das Zentrum der jüdischen Gemeinde Hennefs, erinnerte er an die Zeiten, als noch 74 Menschen jüdischen Glaubens in Geistingen gewohnt haben.
Rund 350.000 Euro haben die Arbeiten zur Sicherung der noch vorhandenen Mauern und die Chanukkia gekostet
Hennefer haben diese Synagoge angesteckt und zerstört, ließ er keine Ausweichmanöver oder Konjunktive zu. Es war vermutlich gar einer seiner Vorgänger, der mit einem Kanister am Abend des 10. November herumgeschlichen seien und später die Feuerwehr an den Löscharbeiten zu verhindert versucht hat. Zwölf Juden wurden am Tag darauf verschleppt, später alle anderen in Vernichtungslager gebracht.
Rund 350.000 Euro haben die Arbeiten zur Sicherung der noch vorhandenen Mauern und die Chanukkia gekostet, der achtarmige Leuchter für das Lichterfest, die Chanukka. Viel Geld für eine Stadt in der Haushaltsicherung, trotz Zuschüssen. „Wir können nicht so pleite sein, das wir uns dieser gesellschaftlichen Herausforderung nicht stellen würden“, versicherte er.
Antisemitische Vorfälle, Pfiffe und Anfeindungen auf die israelische Sängerin beim ESC, all das vergifte die Atmosphäre und machen den Polizeischutz etwa für Abraham Lehrer erst notwendig. „Aus dem Erinnern müssen wir für unser Zusammenleben etwas ableiten. Wenn die Zeitzeugen verstummen, ist es unsere Aufgabe, die Erinnerung zu erhalten.“
Denn es gelte, sich jeder Form von Antisemitismus, Hass und Gewalt entgegenzustellen. Es gebe eine wunderbare Geschäftsgrundlage: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Der Vizepräsident des Zentralrats der Juden sagte zur Begrüßung: „Es ist wichtig, dass Sie diese Gedenkstunde angesetzt haben und dass Sie diese Gedenkstätte erhalten.“
Antisemitische Vorfälle nehmen in Deutschland dramatisch zu
Geradezu euphorisch reagierte auf den achtarmigen Leuchter:„ Wer immer die Idee hatte, die Chanukkia als Erinnerung aufzustellen: Das finde ich fantastisch.“ Er erklärte, dass die Menora, der siebenarmige Leuchter, dem einen Tempel in Jerusalem vorbehalten sei. Deshalb gebe es diese Form. Zum Lichterfest - Chanukka - werden die Kerzen entzündet, ab diesem Dezember auch in Hennef.
„Sie können sich nicht vorstellen, was das für uns bedeutet nach dem 7. Oktober“, so Lehrer. Das ist für mich, für die jüdische Gemeinschaft etwas ganz Fantastisches. Zum Beginn des Schabbat wünschte er: „Herzliches Schabbat Schalom.“
Der Ideengeber outete sich anschließend. Kulturamtsleiter Dominique Müller-Grote beschrieb, dass es für ihn mehr sein musste als nur eine Sanierung. So kam er auf die Chanukkia. Von Roman Kovar, ständigem Begleiter der Gedenkstätte, ließ er sich beraten. Die Motivation, so erzählte er, liege in seiner Vergangenheit. „Meine Großeltern kannten keine Juden, wussten aber alles über sie.“ Über ihre Behandlung unter den Nationalsozialisten hätten sie nichts gewusst, „aber sie haben alles gewusst“.
Die dramatische Zunahme antisemitischer Vorfälle habe ihn nur darin bestärkt, nicht nur das Gedenken im Auge zu haben, sondern auf das Hier und Jetzt zu schauen. Sein Sohn, der in einer jüdischen Einrichtung arbeite, müssen jeden Tag durch eine Sicherheitsschleuse laufen.
Kovar schließlich sprach nicht nur einen Segen, sondern berichtete davon, wie er 1966 nach dem Studium aus Prag nach Deutschland geflohen sei. Seine Mutter habe ihn gefragt: Hast Du nicht daran gedacht, sie tun es wieder. 40 Jahre später habe sie ihm gesagt, dass er es gut gemacht habe. Doch heute ist er selbst nicht mehr so sicher.
Seine Begleiterin Marie-Louise Jung beschrieb das Lichterfest. Chanukka, das heißt Einweihung und meint die Wiedereinweihung des zweiten Tempels in Jerusalem. Zuvor habe es den ersten Kampf zur Wiedergewinnung der Religionsfreiheit gegeben. Das Licht im siebenarmigen Leuchter sollte niemals erlöschen.
Doch es gab nur noch einen kleinen Krug mit Öl für einen Tag, acht Tage aber dauerte es, neues koscheres Öl herzustellen. Wie ein Wunder reichte der Rest für acht Tage. Beim Lichterfest wird an acht Tagen hintereinander immer eine Kerze mehr entzündet, um daran zu erinnern. Bei der Chanukkia gibt es in der Mitte einen Diener, einen Schammes, von dem aus das Feuer gegeben wird.
Das neue Wahrzeichen der Gedenkstätte ist fest verankert
„Religiös ist das perfekt gemacht“, freute sich Kovar, „der Schammes ist ein bisschen höher, er darf nicht auf einer Linie sein.“ Er war emotional tief ergriffen, sieht darin einen ersten Schritt zu einem Wiederaufbau der Synagoge. „Ein Traum ist in Erfüllung gegangen.“ Das neue Wahrzeichen der Gedenkstätte ist fest verankert.