1925 startete der Busverkehr in Hennef, Ruppichteroth, Königswinter und Bonn. Daraus wurde die heutige RSVG.
Rhein-Sieg-EisenbahnVor 100 Jahren ging es von der Schiene auf die Straße
![Ein Foto von 1954: Eine Schmalspureisenbahn auf einer einsamen Straße, zwei alte Omnibusse mit Anhänger befahren die Straße.](https://static.ksta.de/__images/2025/02/07/ca9c55bd-fba6-43ca-908b-e77c21b04911.jpeg?q=75&q=70&rect=0,0,4000,2250&w=2000&h=1260&fm=jpeg&s=29b625121158eb8ef1b9c4590ddc57f8)
Die Bahn stiehlt sich davon: Der Bröltal-Abbauzug hat sich im Jahr 1954 bis Ingersauelermühle vorgearbeitet. Auf der Straße sind gleich zwei Omnibus-Anhängergespanne zu sehen.
Copyright: Pantenburg, Slg. Dieter Walterscheid / Museum Asbach
Vor 100 Jahren schickte die Rhein-Sieg-Eisenbahn die ersten Buslinien auf die Straße. Die Verbindungen Waldbröl – Hennef – Beuel, Hennef – Siegburg und Niederdollendorf – Oberpleis eröffnete die Bahngesellschaft im Februar 1925. Ulrich Clees, Gründungsmitglied des Asbacher Museumsvereins, hat die Geschichte der Buslinien, die Vorgänger der Rhein-Sieg-Verkehrsgesellschaft (RSVG) waren, aufgeschrieben.
Die Schmalspurbahn der Rhein-Sieg-Eisenbahngesellschaft hatte sich nicht eben Freunde bei ihren Fahrgästen im Bröltal gemacht. Durch die Rheinlandbesetzung war der obere Teil des Bröltals ab Felderhoferbrücke (dem heutigen Bröleck) vom Rheinland abgeschnürt. Zeitweise konnte man nur dreimal in der Woche mit dem Zug fahren, von Hennef bis Ruppichteroth und nicht weiter bis zum Endbahnhof Waldbröl. Die Personenwagen wurden an Güterzüge angehängt. Der Hennefer Unternehmer Kaiser witterte damals seine Chance, er bot einen Omnibus als Alternative. „Kaisers Auto“ erfreute sich großer Beliebtheit.
Der Omnibus fuhr 1925 von Hennef bis zum Kaiserplatz am Bonner Hauptbahnhof
Waren im Bröltal Bus und Zug im Einsatz, lag die Sache bei den anderen beiden RSE-Buslinien, die Anfang Februar 1925 in Betrieb gingen, etwas anders: In beiden Fällen schaffte der Bus Verbindungen, die der Zug nicht bieten konnte. Vom Niederdollendorf aus endete die Heisterbacher Talbahn aus Fahrgastsicht im Nirgendwo, nämlich in Grengelsbitze. Viele Menschen wollten aber weiter nach Oberpleis, der Bus schuf diese Verbindung zwischen Niederdollendorf und Oberpleis.
Kaum anders war es in Beuel: Als die Rhein-Sieg Eisenbahn, die sich damals noch Brölthaler Eisenbahn nannte, im Jahr 1891 ihre Strecke von Hennef nach Beuel eröffnete, lag ihr Endpunkt direkt an der Fähre hinüber nach Bonn. Mit der Eröffnung der Rheinbrücke im Jahr 1898 lag der Bröltalbahn-Bahnhof, das heutige Restaurant „Bahnhöfchen“, ab vom Schuss. Alle Pläne, einen attraktiveren Endpunkt zu schaffen, blieben in der Schublade. Der Omnibus aber fuhr von Hennef nicht nur nach Beuel, sondern über die Brücke bis zum Kaiserplatz am Hauptbahnhof.
![Ein Bus der Rhein-Sieg Eisenbahn am Bonner Kaiserplatz.](https://static.ksta.de/__images/2025/02/07/5a145d9f-dfc6-4bca-bf02-e2e6c56fe423.jpeg?q=75&q=70&rect=0,608,3860,2171&w=2000&h=1478&fm=jpeg&s=c5c3ec52b3facad02ec8e8a157e17abb)
Ein Bus der Rhein-Sieg Eisenbahn am Bonner Kaiserplatz.
Copyright: Volkhard Stern/Museum der Rhein-Sieg Eisenbahn
Wie unwillig die Rhein-Sieg Eisenbahn den Busverkehr aufgenommen hatte, wird im Protokoll der Aufsichtsratssitzung vom 23. Dezember 1925 deutlich, in dem daran erinnert wird, dass „der Aufsichtsrat von Anfang an nur mit Widerstreben und um unbequeme Wettbewerbe auszuschalten der Einrichtung von Autobuslinien zugestimmt hat. Er ist der Ansicht, daß sobald sich ein Verkehrsbedürfnis nicht mehr ergibt, mit dem Abbau der Linien begonnen werden kann.“ Welch eine Fehleinschätzung! Schon bald sollte der Omnibusverkehr ein wichtiges Standbein der Bahngesellschaft sein; das Streckennetz der Busse war zehn Jahre nach der Betriebsaufnahme mit 162 Kilometern fast doppelt so lang wie das Schienennetz.
Auch vor 100 Jahren gab es bereits Fahrgastbeschwerden über Unpünktlichkeit
Der parallele Verkehr von Bussen mehrerer Gesellschaften und des Schienenverkehrs brachte den Menschen unverhofft viele Fahrtmöglichkeiten. „Seit dem 1. Februar hat das Bröltal sage und schreibe täglich 24 Verbindungen, 12 talabwärts und 12 talaufwärts“, jubilierte die Waldbröler Zeitung am 9. Februar 1925. Doch währte die Freude nur kurz; bereits am 28. März war Ernüchterung eingetreten, als das Blatt berichtete, dass „die vor Wochen noch so ausgezeichneten Verkehrsverhältnisse des Bröltals sich verschlechtert haben“. Mit der Einrichtung der Omnibusfahrten der Rhein-Sieg Eisenbahn habe der Unternehmer Kaiser seine Fahrten einstellen müssen. Aus Sicht der Bahngesellschaft war das Ziel erreicht, aber die Zeitung klagt: „Schon aber zeigt sich der Unsegen der Konkurrenzlosigkeit. Es schleicht sich leider eine wachsende Unpünktlichkeit des Autoverkehrs ein.“
Überhaupt sollte man die Vergangenheit nicht verklären, wie der Beschwerdebrief eines erzürnten Fahrgastes lehrt, der im Juni 1930 mit seiner Frau in Hennef um 22 Uhr in den Bus nach Waldbröl gestiegen war und die Erfahrung machen musste, dass der Regen durch das teergetränkte Wagendach auf den Kopf und die Kleider tropfte. „Wir machten am anderen Morgen die Feststellung, daß der Mantel und Hut meiner Frau mit Teerflecken besudelt war“, schreibt er und fordert Schadenersatz für Hut und Mantel, die neu gewesen seien. Zu allem Überfluss waren die Fahrgäste mitten in der Nacht ab Herrnstein auf sich selbst gestellt, weil der Omnibus mit Maschinenschaden liegen geblieben war.
![Wohl noch im Jahr 1925 steht hier am Bahnhof Hennef ein Bus der RSE zur Abfahrt nach Waldbröl bereit.](https://static.ksta.de/__images/2025/02/07/94749531-e791-45b9-802e-ecdbe2d005d1.jpeg?q=75&q=70&w=2000&h=1304&fm=jpeg&s=556f04d516c20631da812c87277ff5fc)
Wohl noch im Jahr 1925 steht hier am Bahnhof Hennef ein Bus der RSE zur Abfahrt nach Waldbröl bereit.
Copyright: Carsten Gussmann/Museum der Rhein-Sieg Eisenbahn
Zu dieser Zeit war sich die Bahngesellschaft noch keineswegs sicher, ob sie trotz des florierenden Omnibusbetriebs nicht auch noch auf den Schienenverkehr setzen sollte. Doch dessen Personenwagen stammten noch aus dem vorherigen Jahrhundert, man saß längs der Wände auf nackten Holzbänken, im Winter wurden die Wagen mit Brikettöfen geheizt. Die Bahn trat die Flucht nach vorn an und beschaffte von 1934 bis 1941 fünf Triebwagen, technisch hochmodern und gestalterisch vom Bauhaus inspiriert. Dennoch: Wenn „Brölbähner“ nach dem Zweiten Weltkrieg mit ihren Söhnen bei Bahndirektor Wilhelm Degenhardt vorstellig wurden, um um einen Ausbildungsplatz nachzusuchen, bekamen sie stets dasselbe zu hören: dass der Schienenverkehr keine Zukunft habe und sie sich für den Busbetrieb bewerben sollten.
In den 50er Jahren wurden die Bahnlinien zugunsten der Busse eingestellt
Der Direktor sollte recht behalten, zumindest, was den Personenverkehr anging. Beförderte die Rhein-Sieg Eisenbahn noch bis 1967 Güter, zuletzt praktisch ausschließlich Basalt aus dem Westerwald zur Schiffsverladung nach Beuel, machte sie dem Personenverkehr auf der Schiene schnell ein Ende. 1951 wurde er zwischen Niederpleis und Siegburg und zwischen Hennef und Beuel eingestellt. In den Jahren 1953 und 1954 endete mit dem Schienenpersonenverkehr im Bröltal gleich der gesamte dortige Schienenverkehr – die Bahn baute die Strecke abschnittsweise ab, und vom jeweiligen Schrotterlös kaufte sie einen Omnibus für den nächsten Streckenabschnitt, der vollständig auf Omnibusverkehr umgestellt wurde. Immerhin noch bis 1956 fuhren Personenzüge nach Asbach, einem der Westerwälder Endpunkte der Bahn.
![Ein ehemaliger RSE-Bus, jetzt unter RSVG-Regie im Jahr 1981 auf dem Bonner Kaiserplatz.](https://static.ksta.de/__images/2025/02/07/0a9c50cc-79ca-4487-8845-8aec09968b6d.jpeg?q=75&q=70&rect=0,356,4000,2250&w=2000&h=1454&fm=jpeg&s=ad074d5ffd238921684b985ec99d0573)
Ein ehemaliger RSE-Bus, jetzt unter RSVG-Regie im Jahr 1981 auf dem Bonner Kaiserplatz.
Copyright: Volkhard Stern/Museum der Rhein-Sieg Eisenbahn
In manche der einstigen Lokomotivschuppen waren inzwischen Omnibusse eingezogen, so auch in Asbach. Aus heutiger Sicht ein Glücksfall: Als der Bonner Eisenbahnfreund Wolfgang Clößner, der die letzte Dampflok der Rhein-Sieg Eisenbahn gekauft hatte, einen Platz für sein gewichtiges Schmuckstück suchte, sanierte die Ortsgemeinde Asbach den dortigen Lokschuppen, und die Eisenbahnfreunde richteten vor 25 Jahren darin ein Museum ein.
Und der Omnibusverkehr? Zeitlebens fremdelte die Eigentümerin der Rhein-Sieg Eisenbahn, die Basalt-AG Linz, mit dem Personenverkehr. Schließlich hatte sie die Bahngesellschaft nur zum Zweck des Basalttransports erworben. Mit dem Ende des Transports auf der Schiene war die RSE praktisch zu einem reinen Omnibusunternehmen geworden, zwar mit bis zu 7,3 Millionen Fahrgästen jährlich, einem Hartsteinunternehmen aber doch wesensfremd.
Konsequenterweise gab die Rhein-Sieg Eisenbahn es an ein Omnibusunternehmen ab: 1973 erwarb die kurz zuvor vom Rhein-Sieg-Kreis gegründete Rhein-Sieg-Verkehrsgesellschaft (RSVG) die Aktien der RSE, 1977 auch sämtliche Omnibusse und Immobilien und übernahm das Personal. Wer heute in die RSVG-Busse der Linien SB53, 512, 520 oder 529 steigt, fährt damit auf den Linien, die das Vorgängerunternehmen vor genau 100 Jahren eröffnet hat.