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Kloster HeisterbachWie es gelang, eine Ruine berühmt zu machen

Lesezeit 5 Minuten
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Landschaftlich schön und kulturhistorisch von großer Bedeutung: Die Klosterlandschaft Heisterbach.

Königswinter-Heisterbacherrott – „Dem Herrn ist ein Tag wie tausend Jahre und tausend Jahre sind ihm wie ein Tag“ – der junge Mönch von Heisterbach grübelt über diesen Satz aus dem 2. Brief des Apostels Petrus so lange nach, dass er die Aufhebung der Zeit durch Gott erlebt. An diese Legende über Vergänglichkeit und Geduld, die der Dichter Wolfgang Müller von Königswinter in seinem Buch „Sommertage im Siebengebirge“ (1867) aufgeschrieben hat, mag man denken, wenn man liest, wie viele Jahre es gedauert hat, die Einzigartigkeit der Zisterzienserabtei Heisterbach der Öffentlichkeit zu vermitteln.

Elmar Scheuren, von 1986 bis 2018 Leiter des Siebengebirgsmuseums der Stadt Königswinter, erinnert jetzt in einem Aufsatz an den langwierigen Prozess, diese Kulturlandschaft zu erschließen. Sein Beitrag ist in einer Festschrift erschienen, die Anfang März zum Abschied von Josef Mangold als Leiter des Freilichtmuseums Kommern herausgegeben worden ist.

Mönche wirkten 600 Jahre in Heisterbach

1192 hat Abt Hermann, vorher Prior in Himmerod (Eifel), das Zisterzienserkloster Heisterbach gegründet. 41 Äbte haben hier in 600 Jahren gewirkt, bis es 1803 im Zuge der Säkularisation aufgehoben wurde; der letzte der vertriebenen Mönche hieß Aloys Olzem und ist 1859 in Königswinter begraben worden.

Cäsarius von Heisterbach

Caesarius von Heisterbach (um 1180-1240) war der bekannteste Mönch der Abtei Heisterbach, wo er als Novizenmeister und später als Prior wirkte. Zwischen 1219 und 1223 verfasste er ein „Wunderbuch“, eine für die Novizen bestimmte Sammlung von Anekdoten aus ganz Europa. Zudem schrieb er Bücher über den Kölner Erzbischof Engelbert I. und die Heilige Elisabeth von Thüringen.

Ein Gedenkstein auf dem Gelände der Abtei und ein Bronzedenkmal in der Ortsmitte von Oberdollendorf erinnern an ihn. (dbr)

1804 bot das Großherzogtum Berg die Abtei vergeblich zum Kauf an, 1809 wurde die 88 Meter lange romanische Kirche auf Abbruch veräußert; die Steinquader wurden unter anderem zum Bau der Festung Ehrenbreitstein in Koblenz verwendet.

Um die Ruine entstand ein englischer Landschaftspark

Nur die Chorruine, die mit ihren Säulen wie das Abbild eines Doms hochstrebender Bäume wirkt, blieb stehen. Der Graf zur Lippe-Biesterfeld hatte das Gelände innerhalb der Klostermauern 1820 erworben und legte einen Landschaftspark nach englischem Vorbild an, in den er die Ruine mit einbezog. Sie wurde zum Sinnbild der Romantik.

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Spezielle Perspektive: Die Schutzmantelmadonna des Bildhauers Ernemann Sander in der Chorruine von Heisterbach.

Weiteres Zeugnis der Geschlossenheit des Areals ist die Klostermauer; von den ehemaligen Fischteichen, die den Mönchen in den Fastenwochen Nahrung gaben, sind ausgetrocknete Mulden erhalten.

Viel wusste man in unserer Zeit nicht vom zisterziensischen Erbe in der Region. Von der Abtei gab es weder eine Gesamtansicht noch einen Lageplan; Skizzen, die 1809 die Kölner Kunsthistoriker Melchior und Sulpiz Boisserée anfertigten, sind nur bedingt verwertbar, weil die Kirche damals schon zerstört war.

Wende für die Ruine kam 1980

1980 schließlich wurde eine Wende in der Wahrnehmung des Klosters eingeleitet: In jenem Jahr, so schreibt Scheuren, habe in Aachen die vom Rheinischen Museumsamt konzipierte Ausstellung „Die Zisterzienser – Ordensleben zwischen Ideal und Wirklichkeit“ erste Impulse für eine neue Sicht auf den 1098 gegründeten Orden und seine Niederlassungen im Rheinland gegeben.

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Der Kreuzweg und die kleine Kapelle befinden sich auf dem Gelände des Klosters Heisterbach.

1981 wurde die Ausstellung leicht verändert im Siebengebirgsmuseum gezeigt.1984 initiierte der damalige Königswinterer Pfarrer Georg Kalckert, ein profunder Kenner der Zisterzienser, die „Stiftung Abtei Heisterbach“. Danach begannen zwar Sanierungsarbeiten und wissenschaftliche Ausgrabungen auf dem Klostergelände, doch es sollten zehn weitere Jahre ins Land gehen, ehe eine Studie zur „Modellhaften Konzeptentwicklung Heisterbacher Tal“ entwickelt, 1998 beauftragt und 2001 abgeschlossen wurde.

Inzwischen hatte sich ein Arbeitskreis „Klosterlandschaft Heisterbach“ gegründet, der Kalckerts Stiftung mit Fachkenntnis unterstützen und vor allem eine größere Öffentlichkeit erreichen wollte. Etwa durch eine Ausstellung in der Heisterbacher Zehntscheune 2001. Ein Jahr darauf entstand im Siebengebirgsmuseum die Abteilung „Romantisches Heisterbach“.

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Wichtigster Markstein auf dem Weg, das Kloster bekannter zu machen, war die „Regionale 2010“, ein Strukturförderprogramm des Landes. Auch hier brachte sich der Arbeitskreis ein, der unter anderem Themenrouten inner- und außerhalb der Klostermauern zusammenstellte. Sie machen deutlich, wie sehr die Landschaft des Siebengebirges durch die Mönche geprägt wurde. Am Stenzelberg findet man zum Beispiel einen Infostein mit dem Hinweis, dass dort im Mittelalter Steine für die Klosterbauten gebrochen wurden.

Der Grundriss ist ergehbar, Teiche sind wieder hergestellt

In der Anlage selbst zeichnen Pflastermarkierungen Grundrisse und Raumstrukturen nach, Wasserläufe und Teiche wurden saniert. Im Nachgang zur „Regionale 2010“ verdeutlichten 2017 Ausstellungen im LVR -Landesmuseum Bonn und im Siebengebirgsmuseum die historische Bedeutung des Ordens, der die mönchischen Regeln des Heiligen Benedikt („Ora et labora“/Bete und arbeite) wieder zur Geltung bringen wollte und sich von Burgund aus in ganz Europa niederließ.

Der Historiker Elmar Scheuren fasst zusammen: „In Heisterbach ist es beispielhaft gelungen, die vielschichtige Aufgabe der Vermittlung einer Kulturlandschaft vor Ort wirkungsvoll umzusetzen“. Eines hat allerdings nicht geklappt: Heisterbach ist mangels finanzieller Mittel nicht beteiligt am europäischen Projekt „Cisterscapes“, das sich dem Phänomen zisterziensischer Landschaftsprägung widmet. Nächster Ort in diesem Klosteratlas in unserer Region ist der Altenberger Dom bei Odenthal, eine 1133 gegründete Abtei.

Das Buch „Gestern noch Alltag – Musealisierung von Zeitgeschichte. Eine Festschrift für Josef Mangold“ wurde herausgegeben von Ute Herborg, Raphael Thörmer und Carsten Vorwig und ist erschienen in der Reihe „Führer und Schriften des LVR-Freilichtmuseums Kommern Nr. 77“.