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Naturschutz600 Schafe und Ziegen setzen mit der Fähre nach Königswinter über

Lesezeit 3 Minuten
Ein Mann mit Stock und Hut führt eine Herde von Schafen und Ziegen an.

Schäfer Johannes Bois mit seinen 600 Schafen und Ziegen am Rheinufer in Königswinter.

Für viele Kinder war es ein aufregendes Spektakel, als am Mittwoch 600 Schafe und Ziegen von Schäfer Johannes Bois mit der Fähre übersetzten.

„Schafe in Sicht!“, schrie ein Kind, „Hallo Schafe!“, rief ein anderes, als die Herde von Schäfer Johannes Bois auf dem Rheinuferweg bei Mehlem in Sichtweite kam und sich langsam dem Fähranleger näherte. Die Kinder der Grundschule am Domhof hatten da auf der Basteimauer schone eine ganze Weile gespannt gewartet.

Es war ein Spektakel und nicht nur für viele Kinder eine Attraktion, als Johannes Bois mit rund 600 Schafen und Ziegen mit der Fähre von Mehlem nach Königswinter übersetzte. In den nächsten Wochen ziehen die Tiere im Dienste des Naturschutzes durch das Siebengebirge.

Zunächst aber war es dem Schäfer auf der Mehlemer Seite mit den vielen aufgeregten Kindern ein bisschen zu laut. „Die Hunde können mich nicht mehr hören“, sagte er und ließ seine Tiere auf der Wiese ein paar Meter entfernt auf die Fähre warten. „Mit Abstand geht alles.“

Eine Radfahrerin trieb die Herde auseinander

Ein paar Tage hatte die Herde zuvor in der Bonner Rheinaue geweidet. Der Weg am Mittwoch zur Fähre wäre kein Problem gewesen, wenn nicht Fußgänger und Radfahrer vereinzelt meinten, die Welt gehöre ihnen, klagte der Schäfer.

So habe eine Radfahrerin trotz mehrfacher Erklärung die 600 Tiere umfassende Herde – davon rund die Hälfte Lämmer – auseinandergetrieben. Dann wird es stressig auch für die Hütehunde, die mit dafür sorgen, dass die Tiere zusammenbleiben.

Schafe und Ziegen gehen eine Rampe zur Rheinpromenade hoch, einige Kinder schauen von oben zu.

Auf der Königswinterer Rheinseite verfolgten viele Kinder die Überfahrt der Herde mit der Fähre.

Voriges Jahr hatte Johannes Bois mit damals rund 300 Schafen und Ziegen im interkommunalen Naturschutzgroßprojekt Chance 7 seine Tiere erstmals testweise im Siebengebirge weiden lassen. Die „Probebeweidung“, so die Stadt Bonn, war erfolgreich und wird fortgesetzt.

Jedoch sei der Schäfer nicht mehr direkt für Chance 7 unterwegs, so dessen Projektreferent Fabian Droppelmann. Die Beweidung werde über den Vertragsnaturschutz durch die Europäische Union gefördert. Laut Stadt Bonn werden zwischen dem Schäfer und den Kommunen Pachtverträge geschlossen.

Er sei Schäfer aus Leidenschaft, betonte Johannes Bois, während die Herde auf die Fähre nach Königswinter wartete. Das müsse man mit Herzblut machen, schließlich sei man 365 Tage im Jahr und zwölf Stunden am Tag im Einsatz. Und die Hunde, betonte der Schäfer, „sind meine Familie“.

Von Königswinter zog die Herde über die Rheinpromenade in Richtung Bonn, wo sie laut Bois die nächsten Tage bis Ramersdorf das Rheinufer beweiden werde. Danach geht es in den Ennert, dem Bonner Teil des Naturschutzgebiets Siebengebirge.

Zweimal wandert die Herde das 60 Hektar große Gebiet im Siebengebirge ab

Weitere Stationen sind laut Droppelmann die Wolkenburg, der Weilberg, der Eudenberg oder der Eulenberg bei Hennef. Zweimal werde die Herde im Laufe des Jahres das rund 60 Hektar große Gebiet abwandern.

„Das Beweiden mit Schafen und Ziegen ist die natürlichste Form der Landschaftspflege“, teilt die Stadt Bonn mit. So könnten die Tiere auch schwer zugängliche Standorte wie Steinbrüche oder Weinbergsbrachen naturverträglich pflegen.

Ein brauner Esel steht zwischen mehreren Schafen.

Esel Benjamin machte am Mittwoch bei der Wanderung Richtung Bonn und das Siebengebirge mit.

Sie verhinderten so, dass Flächen mit Büschen zuwüchsen. Zudem verbreiteten sich über die Felle Samen, Sporen und Insekten – ein Beitrag zum Vernetzen von Lebensräumen.

„Müll ist ein großes Problem“, bestätigte Johannes Bois Angaben der Stadt Bonn. So könnten sich die Tiere leicht an Glasscherben verletzen. Das ist laut Stadt voriges Jahr unter anderem am Stingenberg passiert, nachdem viele Menschen die Schafherde hatten sehen wollen. Der Appell der Stadt: Die Leute sollten „jeglichen Müll“ wieder mitnehmen.

In den Nächten werden die Schafe und Ziegen eingepfercht und von Herdenschutzhunden bewacht. Noch ein Appell der Stadt Bonn: Besucher sollten die eingepferchten Flächen nicht betreten und sich der Herde nicht nähern, da die Hunde die Tiere „gegen fast alle Eindringlinge verteidigen werden“.

Ein Tier ragte übrigens gestern auf der Fähre von der Größe her deutlich aus der Herde heraus: Johannes Bois Esel Benjamin begleitete die Schafe und Ziegen auf ihrer Wanderung gen Siebengebirge.