In der Bayrischen Staatsgalerie in Bamberg hängen zwölf der ehemaligen Altarbilder des Klosters Heisterbach in Königswinter.
Staatsgalerie Wie Altarbilder aus dem Kloster Heisterbach in Königswinter nach Bamberg kamen
Wer aus dem Rheinland, vielleicht sogar aus Königswinter, nach Bamberg kommt, wird kaum wahrnehmen, welch ein Schatz sich in der Bayrischen Staatsgalerie befindet, die in der Neuen Residenz in Bamberg untergebracht ist. Nicht einmal der amtliche Führer verrät, dass hier Kleinodien mittelalterlicher Kunst verborgen sind, denn er ist der Barockmalerei gewidmet.
In diesem Museum hängen zwölf von den ehemaligen Altarbildern von Kloster Heisterbach und dazu noch die großen Prunktafeln des Festtagsaltars, der nur an hohen Feiertagen geöffnet war. Man muss schon das Glück haben, auf eine Begleitung zu stoßen, wie die Kunsthistorikerin Dr. Rita Hoidn, die zugleich in kleinen Modellen aufzuklappende Versionen des Altars erstellt hat.
Im Zuge der Säkularisation wurden Altarbilder in Köln sogar zu Brennholz
In der Fülle der getrennten Einzelbilder kann man sich sonst das Ganze kaum vorstellen, zumal fünf Bilder fehlen. Doch die seien durch einen Tausch noch unter Ferdinand Franz Wallraf (1748 – 1824) in das Kölner Wallraf-Richartz-Museum gelangt, weiß sie.
Dort sind heute in der Mittelalter-Ausstellung nur zwei Bilder aus dem Kloster Heisterbach zu sehen. Ursprünglich gehörten sie wie die Bamberger Bilder in die Sammlung der Brüder Boisserée. Der junge Sulpiz Boisserée hatte mit seinem Bruder Melchior in Köln 1803, im Jahr der Säkularisation, miterleben müssen, wie Altarbilder aus Kölner Kirchen reihenweise den Weg zu Trödlern und Händlern gegangen waren oder gar zu Brennholz gemacht wurden.
Die Brüder hatten zuvor auf einer Bildungsreise den Louvre besichtigt und darin die Schätze entdeckt, die Napoleon in das Museum gebracht hatte. Sie hatten den Wert erkannt. In Köln sammelten sie nun, was sie bekommen konnten. Darunter waren auch die Altarbilder aus dem ehemaligen Zisterzienserkloster Heisterbach.
Schließlich gelang es den Kaufmannssöhnen, eine Sammlung mit 215 Bildern für die stattliche Summe von 140 000 Gulden an den bayerischen König Ludwig I. zu verkaufen, der damit seine eben neu errichtete Pinakothek in München füllen konnte. Dort sind heute noch Säle mit Kölner Bildern aus der Sammlung Boisserée zu finden.
Die Heisterbacher Altarbilder aber wurden in der Bamberger Dependance untergebracht, wo sie bis heute (auch bei schlechter Beleuchtung) eher vergessen wirken. Der Maler der Altarbilder wurde schlicht „Meister des Heisterbacher Altars“ genannt.
Rita Hoidn fügt hinzu: „Es spricht manches dafür, dass das ein Frühwerk von Stefan Lochner ist.“ Und ähnlich geht der Kölner Kunsthistoriker Frank Günter Zehnder davon aus „dass wir heute noch nicht genau wissen, ob der Maler in der Werkstatt Lochners oder im Umkreis gearbeitet hat, aber er betrieb eine umfangreiche Werkstatt, die große Altäre mit aufwendiger und detailreicher Ausstattung schuf.“
Ausgeklappter Altar zeigt biblische Geschichte auf 16 Bildtafeln
Wenn man den von Rita Hoidn gezeigten Klappmöglichkeiten folgt, ergibt sich ein großartiges Wunderwerk, das auf 1445–1450 datiert wird. War der Altar geschlossen, zeigten sich auf den Flügel links eine Heilige Ursula als Schutzmantelmadonna (heute im Wallraf) rechts ein Ritter der Thebäischen Legion. Klappte man die Flügel auf (Zustand 2), rollte die gesamte biblische Geschichte auf 16 Bildtafeln ab.
In herrlichen Farben, im „Weichen Stil“ gemalt, erscheinen die Heiligen mit weich wallenden Gewändern und goldpunzierten Heiligenscheinen inmitten einer reichen Ornamentik auf den Böden und Tapeten. Von der Verkündigung über die Geburt Jesu bis zur Passion und Himmelfahrt wird die biblische Geschichte erzählt.
Das alles wurde noch einmal gesteigert, wenn an Festtagen das Innere aufgemacht wurde, wie Rita Hoidn auch zeigt, und auf den Prunkaltarbildern die großfigurigen Apostel erschienen. Umsponnen von filigraner spätgotischer Architektur stehen neben den Aposteln am Rand der Heilige Bernhard und der Heilige Benedikt, der „Patriarch des abendländischen Mönchstums“ und Gründer des Zisterzienserordens. Das innerste Stück, der Kern – vielleicht ein Elfenbeinkreuz? – ging verloren.
Wenn das alles noch an Ort und Stelle wäre, gäbe es ganz sicher noch ein weiteres Weltkulturerbe im Heisterbacher Tal.