Vor vier Jahren haben Sabine und Martin Wegen das historische Gebäude gekauft. Im Holzfußboden machten sie einen besonderen Fund.
RestaurierungEhepaar rettet 400 Jahre altes Fachwerkhaus in Königswinter
Man muss als Laie zurzeit ein bisschen Fantasie aufbringen, um Sabine Wegens Überzeugung nachvollziehen zu können: „Es wird ein absolutes Schmuckstück, wenn es fertig ist“, betont die 58-Jährige, während sie im ersten Stock eines Fachwerkhauses steht, das nahezu völlig entkernt ist.
An einigen Stellen gibt es Löcher im Holzfußboden. Die Gefache des alten Baus sind fast alle leer. Nur die Balken stehen noch, sind aber teilweise ziemlich windschief.
Das Fachwerkhaus wird mithilfe eines Hebekissens für Lkw angehoben
„Wir sind jetzt an einem Punkt, an dem es richtig spannend wird“, sagt ihr Mann Martin Wegen. Denn das historische Gemäuer ist auf einer Seite abgesackt und soll dort um, so schätzt der 58-Jährige, 15 bis 18 Zentimeter angehoben werden. Und zwar mithilfe eines Hebekissens für Lkw. Schrecken kann den Inhaber eines Anlagenbauunternehmens in Oberpleis das nicht. Technisch sei alles lösbar, ist er überzeugt.
Vor vier Jahren haben Sabine und Martin Wegen das Fachwerkhaus an der Bergstraße 12 in Oberdollendorf gekauft. Auf einem Balken über der Tür steht die Jahreszahl 1618. Und das Alter von rund 400 Jahren sei durchaus realistisch, betont Martin Wegen nach entsprechenden Recherchen.
Das Ehepaar vermutet, dass es sich um einen alten Winzerhof handelt, womöglich mit Bezug zum Kloster Heisterbach. Denn in den Gewölbekeller führt eine sehr breite Treppe, über die früher Weinfässer hinuntergebracht werden konnten.
Sabine Wegen hatte sich in den Altbau verliebt, wie beide sagen. „Da müssen wir was draus machen.“ Erfahrungen hat das Paar. Vor 36 Jahren haben die beiden in Bonn-Oberkassel ein ähnliches Projekt gestartet. „Da kannten wir uns drei Monate, inzwischen sind wir verheiratet und haben drei Kinder“, lacht Martin Wegen.
Vom Ausmaß der Schäden war das Ehepaar dann doch überrascht
Von dem Ausmaß der Schäden am Haus in der Bergstraße war das Paar dann aber doch überrascht. So hat sich der Giebel ein Stück weit zur Straße hin geneigt. Er soll mit Spanngurten wieder aufgerichtet werden.
Martin Wegen zeigt am Dachstuhl schiefe Balken und Risse an den Verbindungen der Holzteile, die durch das Absacken des Baus zur Seite hin entstanden sind. Der Bonner Zimmermeister Manfred Krahe habe die Idee gehabt, mithilfe eines Hebekissens das Gebäude nach und nach wieder aufzurichten.
Die Stabilität des Hauses sei aber auch jetzt gesichert, betont Sabine Wegen. Ein Statiker überprüfe das regelmäßig. „Wir versuchen, die Geschichte des Hauses nachzuvollziehen“, sagt Martin Wegen, der auf seinem Handy eine Vielzahl alter Fotos gespeichert hat, die bis zu 150 Jahre zurückreichen sollen.
Eines, das Personen neben der Eingangstür zeigt, stammt eindeutig aus der Zeit des Ersten Weltkriegs. Zur Kirmes oder den Schützenfesten sei auf dem kleinen Hof gefeiert worden. Im Fußboden im Erdgeschoss stieß man bei den aktuellen Arbeiten auf ein altes Honigglas, in dem ein Zettel lag, auf dem die Bewohner im Jahr 1961 aufgelistet wurden. Ein spezieller Grundstein sozusagen.
Eigentümer wollen Originalzustand des Hauses wieder herstellen
Lange hätten zwei Familien in dem um Anbauten erweiterten Haus gelebt. Dafür sei es genau in der Mitte geteilt worden. Eine Wohnung lag zur Straße hin, die andere zum großen Garten, der – von der Straße aus nicht zu sehen – zum historischen Gemäuer gehört.
Sie wollen den Originalzustand des Hauses wieder herstellen, betonen Sabine und Martin Wegen, die ihr Projekt eng mit den Denkmalschutzbehörden abgestimmt haben. Im hinteren Bereich realisieren sie zwar einen modernen Anbau, doch das Fachwerk werde dominieren. Martin Wegen ist überzeugt, dass eine schöne Symbiose aus Altem und Neuem entsteht.
Der Unternehmer ist nicht nur voll des Lobes für die Handwerker und Firmen, die am Projekt beteiligt sind, sondern auch für die Nachbarn. Sie hätten unter anderem drei Wochen Lärm und Schmutz ertragen müssen, als zentimeterdicke Lackfarbe mit Trockeneisstrahlen von den Balken entfernt werden musste.
„Wir haben extrem tolle Nachbarn“, betont Martin Wegen. Sie freuten sich, dass das alte Haus gerettet werde. „Man muss sich darauf einlassen, man muss dafür brennen“, sagen Sabine und Martin Wegen über die Motivation, mit fast 60 Jahren noch einmal solch ein aufwendiges Projekt zu starten, über dessen Kosten sie nicht öffentlich reden möchten.
Das Ehepaar denkt bei der Restaurierung des historischen Hauses aber nicht nur an seine Kinder und Enkelkinder. Denn wenn die Arbeiten voraussichtlich Ende 2025 abgeschlossen sind, sei das historische Gebäude mitten im Ortskern für ganze Generationen wieder hergerichtet.