WinzerlaufRekord bei „Le Petit Médoc“ in Königswinters Weinbergen

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Lachende Menschen in Olympia-Trikots halten bunte Ringe in die Höhe.

Diese Küdinghovener Gruppe nahm als olympische Ringe nebst Flamme den Winzerlauf „Le Petit Médoc“ in Angriff.

Traditionell hatten sich die meisten Läufer fantasievoll und kunterbunt verkleidet.

Einen neuen Anmelderekord für den 11. „Le Petit Médoc“ vermeldete der Streckensprecher kurz vor dem Start zum Hauptlauf, dem sogenannten Winzerlauf. In sechs Minuten seien die 850 Startplätze vergeben gewesen. Darüber musste man sich nicht wundern, wie aus Gesprächen mit Teilnehmern deutlich wurde. Bei unzähligen darauf abzielenden Anfragen war niemand zu finden, der nicht mindestens einmal mitgemacht hat bei diesem kultigen Sport- und Genusserlebnis.

Der Grund liegt auf der Hand: Eine Laufstrecke, deren schweißtreibende 70 Höhenmeter durch ein Naturerlebnis erster Güte kompensiert wird, eine 1a-Verköstigung an mehreren Ständen unterwegs und eine Geselligkeit, wie sie ansonsten nur bei Familienfeiern oder im Karneval vorzufinden ist.

Winzerlauf in Königswinter: 850 Teilnehmende liefen die malerische Strecke in Oberdollendorf

Zu letzterem gab es freilich eine optische Nähe. War doch unter den 850 „Winzerläufern“ keiner auszumachen, der nicht mit wenigstens einem Verkleidungsattribut ausgestattet war. Die Mehrzahl hatte sich fantasievoll und kunterbunt hergerichtet, gerade so, als ginge es im Anschluss direkt zu „Jeck im Sunnesching“.

Läufer in den französischen Landesfarben tragen einen Hut in der Form des gallischen Hahns.

Den gallischen Hahn zum französischen Ambiente verkörperte der Freundeskreis aus Königswinter, die von Anfang an mitmache.

Wie der Freundeskreis „Rund um Königswinter“, der seit Anbeginn dabei ist und sich diesmal einen gallischen Hahn als Kopfbedeckung ersonnen hatte. Was zugleich eine Reverenz an das Frankophile der Veranstaltung war. Heißt doch das Motto „Der rheinische Médoc – laufen wie Gott in Frankreich . . . aber mit rheinischem Flair“.

Der Fantasie war keine Grenzen gesetzt. So gab es die Küdinghovener Gruppe, die als olympische Ringe nebst Flamme die Strecke in Angriff nahm. „Wir sind seit sieben Jahren dabei, jedes Mal mit anderer Verkleidung“, berichtete der grüne Ring. Hingucker war das Tennisclub-Quintett, deren Oberkörper Riesenposter namhafter Sportler verbarg, wobei deren Köpfe ausgeschnitten und durch Oberdollendorfer Gesichter ersetzt worden waren. An ihre Freundinnen Anna und Maria dachte die Kölnerin Sophia Breuer, die einen Ski am Rücken trug. Darauf waren drei Schnapsgläser installiert, die vom Trio – nebeneinander stehend – gleichzeitig geleert werden konnten.

Eigene Vornamen und große Originale trugen die beiden Läufer auf Pappschildern mit, in die sie Löcher für die eigenen Gesichter geschnitten hatten.

Eigene Vornamen und große Originale trugen die beiden Läufer auf Pappschildern mit, in die sie Löcher für die eigenen Gesichter geschnitten hatten.

So abwechslungsreich wie die Strecke mit ihren atemberaubenden Fernblicken und dem luftigen Waldstück mit gewundenen Wegen, so schmackhaft waren die Weine und die Snacks an den Ständen. Wobei die flüssige Wegzehrung in die zur Laufausstattung zählenden Tonbecher gefüllt wurden. Ressourcenschonung war hier Vater des Gedanken. Das Angebot reichte vom urig-frischen Grauburgunder, kernigem Rot- und Roséwein bis zum Käseschnittchen, Gebackenem und Wurstbrötchen.

Das Weinangebot verlockte, ihm tüchtig zuzusprechen. Doch blieb es eher beim Genusstrinken. Zudem hatten die Veranstalter empfohlen, an den Ständen der örtlichen Winzer auch viel Wasser zu trinken. Denn fordernd genug war die 3,65 Kilometer lange Rundstrecke allemal, die je nach Gusto ein- bis dreimal zu durchlaufen war. Wegen der unterschiedlichen Rastgepflogenheiten zog sich das Feld, dem beim Start ein riesiger Knubbel von FC-Verehrern enteilte (um bald wieder eingeholt zu werden), schnell in die Länge. Auch hier folgte das Gros dem Rat des Veranstalters, wegen der Hitze und des Weines langsam zu laufen.

Zwei Läufer, die ein selbst gebasteltes Weinfass am Körper tragen.

Stilecht als Weinfässer waren diese beiden unterwegs.

„Le Petit Médoc“ in Königswinter: Bambini liefen zugunsten der Aktion Stolpersteine

Vor dem Hauptlauf gehörte die Aufmerksamkeit 60 Kindern und Jugendlichen. Sie kämpften in den Bambini-, Schüler- und Schülerinnenläufen in 15 Altersklassen um Medaillen, wobei jeder eine solche als Lohn erhielt. Im Unterschied zum Winzerlauf wurde hier elektronisch die Zeit gestoppt, auf Hundertstel genau, wie bei richtigen Athleten. Gedränge gab es am Start- und Zielpunkt. Schließlich galt es für die Eltern, ihre Pänz aus nächster Nähe anzufeuern und das Ereignis als Handyfoto zu konservieren.

Gedränge herrschte beim Start zum Bambini-Lauf.

Gedränge herrschte beim Start zum Bambini-Lauf.

Wie etwa die Väter Sebastian Zimmermann und Daniel Galla, die ihre Söhne Lukas (4), respektive Jaron (3) auf den Lauf vorbereitet hatten und im Ziel ob der Leistung ihrer Sprösslinge mit diesen um die Wette strahlten. Die Kleinen nahmen die Sache durchaus ernst, und es gab beachtliche Leistungen, etwa vom Bambini-Gesamtsieger Mats Hubel, der die 400 Meter mit langem Schritt in 1:41 Minuten hinter sich brachte, dabei auf der Wendepunktstrecke die ersten 200 Meter steil bergan laufen zu hatte. Die Schülerinnen und Schüler waren nicht minder ambitioniert, viele liefen die 1000 Meter knapp über drei Minuten.

Startgeld mussten die Nachwuchsklassen nicht zahlen. Stattdessen wurde um eine Spende für die Aktion Stolpersteine gebeten. Im Herbst werden sechs Stolpersteine vom Kölner Künstler Gunter Demnig verlegt. Unter anderem für Ruth Illfelder, die bei ihrer Ermordung in Theresienstadt gerade fünf Jahre alt war. (loi)

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