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Übung am Steinbruch EudenbachVorbildliche Rettung aus dem Krater

Lesezeit 4 Minuten
Rettungsübung am Steinbruch Eudenbach: DRK und Rettungsdienst versorgen den „Verletzten“.

Rettungsübung am Steinbruch Eudenbach: DRK und Rettungsdienst versorgen den „Verletzten“.

Einsatzkräfte von Feuerwehr, DLRG und Rotes Kreuz übten einen Einsatz mit einer 80-Kilo-Puppe am Eudenberger See die Rettung einer hilflosen Person.

„Was ist denn los? Ich wollte eigentlich hier schwimmen.“ Die Frau ist leicht erstaunt, die Feuerwehrleute noch mehr. Morgens um 9.30 Uhr am Eudenberger See: Temperatur um den Gefrierpunkt, Schnee und Matsch, der Nebel verzieht sich gerade erst, und außer den 50 Helfern und der Badelustigen hat sich kein Mensch an den Rand des künstlichen Kraters verirrt. Nachdem die Frau unverrichteter Dinge wieder gegangen ist, kann es dann auch weitergehen mit der großen Rettungsübung.

Feuerwehr, DLRG und Rotes Kreuz müssen sich um eine 80 Kilogramm schwere Puppe kümmern. Die liegt angemessen hilflos am Ufer des Sees, der den alten Basaltsteinbruch am Rande Eudenbergs füllt, seit hier nichts mehr abgebaut wird. Das Szenario: Trotz Verbots und reichlich leichtsinnig hat jemand den Weg um den Ex-Steinbruch verlassen, ist abgestürzt, hat sich schwer verletzt, liegt nun in der Kälte im Gestrüpp und kann sich nicht mehr selbst helfen. Glück gehabt: Ein anderer ist auf ihn aufmerksam geworden und hat die Feuerwehr verständigt.

Retter lassen Drohne über See in Königswinter fliegen

Das ist ein anspruchsvoller Einsatz unter widrigsten Bedingungen. Der Verletzte will mangels geeigneter Wege erst einmal übers Wasser gebracht sein, und auf dem jenseitigen Ufer ist es immer noch nicht besonders einfach, ihn auch aus dem alten Steinbruch herauszubekommen. Die Böschungen sind weitgehend verwildert, Schnee und Matsch behindern die Retter obendrein.

Alles zusammen ergibt eine Rettungsaktion zu Lande, zu Wasser und dank einer Drohne auch noch aus der Luft. Und just darum geht es: Die DLRG kennt sich gut mit Gewässern aus, die Feuerwehr kann Höhen- und Tiefenrettung, und alle zusammen sollen üben, wie sie noch besser zusammenarbeiten können.

Die ERHT-Truppe macht sich bereit und zieht den „Verletzten“ in einer Schleifkorbtrage einen steilen Hang hoch.

Die ERHT-Truppe macht sich bereit und zieht den „Verletzten“ in einer Schleifkorbtrage einen steilen Hang hoch.

Deshalb geht es auch nicht ganz so schnell zu wie im echten Einsatz. Die sogenannte Strömungsrettung sowie die aufs Klettern spezialisierte Truppe sind relativ neu. Da sollen alle Beteiligten gründlich kennenlernen, wie sich die besonderen Fähigkeiten koordiniert und wirkungsvoll miteinander kombinieren lassen, sagt Stephan Halm, stellvertretender Einsatzleiter der Strömungsretter und einer der Übungsleiter.

Die Handgriffe sitzen aber ziemlich gut. Die Strömungsretter der DLRG-Ortsgruppe Königswinter haben ein Schlauchboot – im Jargon: Raft – mitgebracht, das ins eiskalte Wasser gelassen wird. Am jenseitigen Ufer liegt der Abgestürzte. Um ihn kümmert sich der Rettungsdienst, der nur zu Fuß hinabzusteigen vermochte. Schlimmer noch: An der Stelle ist eine mannshohe Abbruchkante, über die er noch ins Boot hinabgelassen werden muss. Von dort paddeln die Helfer ihn zu einer besser geeigneten Stelle, wo die Leute der Sondereinheit Absturzsicherung mit etlichen Seilen und Umlenkrollen eine Art Schrägaufzug installieren.

Ein „All Terrain Vehicle“ für die schmalen Wege im Siebengebirge

Marc Neunkirchen, Leiter der Sondereinheit, lässt zum Training kaum eine Seil- und Sicherheitstechnik aus. Dem Baumpfleger ist der Umgang mit Seilsicherungen ohnehin nicht fremd, und die Suche nach geeigneten Bäumen zur Verankerung fällt ihm auch nicht schwer. Auch die Puppe gibt ihr Bestes: Von Natur aus schlaff, groß und schwer wie ein Durchschnitts-Erwachsener und nicht so recht ansprechbar, ist sie der ideale Übungsverletzte. Den Helfern an der Abbruchkante und den beiden Wehrleuten, die mit der Trage vom Ufer gute 60 Meter Strecke und 20 Höhenmeter überwinden müssen, verlangt sie allerhand ab.

Irgendwann haben die Helfer den Abgestürzten mit vereinten Kräften nach oben geschafft. Das ATV (All Terrain Vehicle – eine Art Quad für Fortgeschrittene mit spezieller Rettungsausrüstung) des DRK Siebengebirge hätte noch ziehen helfen können, muss aber dafür gar nicht ran. Dennoch verstauen die Helfer die Trage samt Puppe im Aufbau, und das eigens für die schmalen Siebengebirgswege angeschaffte Vehikel bringt seine Fracht noch zum Rettungswagen.

Mittags ist die Übung beendet, ziemlich genau im Zeitplan. Fazit: Der Abgestürzte, wäre er echt, hätte nicht nur überlebt, sondern wäre gut versorgt worden. Stephan Halm ist zufrieden. Mittlerweile hätten die diversen Hilfsorganisationen ein recht dichtes Rettungsnetz im Siebengebirge gespannt, und die Übung habe gezeigt, dass die Zusammenarbeit, ohne die alle Ausrüstung nichts wert sei, gut klappe: „Wir haben wertvolle Erkenntnisse für weitere Verbesserungen gewonnen, und alle Beteiligten sind wohlbehalten vom See zurückgekehrt.“


Sondereinheit zur Rettung Abgestürzter

Die Feuerwehr-Sondereinheit Absturzsicherung/Einfache Rettung aus Höhen und Tiefen ist seit April 2024 einsatzbereit. Gebildet wird sie von je einer Staffel der Feuerwehren aus der Altstadt, Uthweiler und Ittenbach. Ihr typischer Einsatz ist das Retten Abgestürzter, aber auch Verletzter, etwa aus Kanalschächten.

Die Gruppe der Königswinterer DLRG-Strömungsretter wurde 2021 nicht zuletzt unter dem Eindruck des Ahr-Hochwassers gegründet. Ihre Einsatzgebiete sind die Rettung von Menschen aus Flüssen und Seen, aber auch aus überfluteten Gebäuden.

Der Eudenberger See ist ein ehemaliger Basaltsteinbruch. Heute ist das Areal ein Naturschutzgebiet mit seltenen Arten. See und Grube sind wegen Lebensgefahr und Schutzes von Fauna und Flora tabu.