In manchen Lagen betragen die Verluste wegen Frost und Dauerregen in diesem Jahr bis zu 70 Prozent. Falscher Mehltau ist der Grund.
„Hatten einfach keine Chance“Winzer im Siebengebirge rechnen mit massivem Ernteausfall
Wegen schlechter Witterung und Pilzbefall müssen die Winzer im Siebengebirge mit einem immensen Ernteausfall rechnen. „Schon jetzt ist klar, dass wir in diesem Jahr an manchen Hängen bis zu 70 Prozent unserer Traubenernte verloren haben“, berichtet Bernd Blöser aus Königswinter-Oberdollendorf, Präsident des Weinbauverbandes Siebengebirge.
Der Frost am 28. April habe fünf bis zehn Prozent der Ernte vernichtet. Und dann sei der Dauerregen dazugekommen. „Deswegen konnten wir den Pflanzenschutz auf den matschigen und rutschigen Hängen nicht termingerecht ausbringen“, ergänzt Vater Josef Blöser, der den Weinbaubetrieb schon lange an seinen Sohn übergeben hat, aber noch „ab und zu hilft“.
Hohe Ernteverluste bei Winzern durch den Pilz „Falschen Mehltau“
Zusammen mit der Redaktion geht es zu einem Wingert. Die Rebsorten Müller-Thurgau und Kerner wachsen dort. Trauben sind an den Weinstöcken kaum noch zu finden. „In dieser Lage sind uns 70 Prozent der Ente verloren gegangen“, so Bernd Blöser. Ende Mai sei der Beginn der Rebblüte gewesen. Zeitgleich sei der Pilz gekommen. „Wir hatten einfach keine Chance.“
Beim Spätburgunder, Portugieser und Riesling sei ein Verlust in Höhe von 50 Prozent zu verzeichnen. Beim Blick auf das Stielgerüst an der Weinrebe, an dem die einzelnen Trauben aufgereiht sind, ist dies gut zu erkennen. Die Mehrzahl der Früchte ist klein und verschrumpelt. „Die verkümmerten, zum Teil stecknadelkopfgroßen Trauben, werden blau und fallen dann ab“, beschreibt Blöser das Phänomen der Lederbeeren, das in wenigen Wochen zu erkennen sein wird.
Viele Blätter bei Winzern im Siebengebirge sind von Pilz befallen
Falscher Mehltau ist der Grund für die Ernteverluste. Peronospera lautet der wissenschaftliche Name. Die infizierten Blütenspitzen, von den Winzern Gescheine genannt, öffnen sich nicht mehr. Eine Traube kann nicht gebildet werden. Auch Blätter und junge Triebe werden von dem Pilz angegriffen.
Blöser zeigt auf ein Blatt. Es hat gelbe und braune Stellen. Man sieht ihm an, dass es vom Pilz befallen ist. Ölflecke nennen die Winzer dies. Bei feuchter-warmer Witterung entsteht zudem ein weißer Pilzrasen auf der Unterseite der Blätter. Noch sind die Reben nicht beschnitten. Wein ist eigentlich eine Liane. Die Pflanze rankt sich an einem Baum hoch, der sie stützt. Auf dem Weinberg sind das die Rebstöcke. Durch den Beschnitt wird das Wachstum gebremst, damit die Kraft der Pflanze in die Trauben gehen kann. Diese Arbeiten stehen demnächst an. Auch die infizierten Teile werden dann entfernt.
Bunte Schmetterlinge fliegen umher, hungrige Vögel sind auf der Jagd nach ihnen als Beute. Scheue Eidechsen suchen Deckung in den Mauern der Weinberge. Blöser sieht auch ab und zu „Feldhasen mit langen Ohren“ umher hoppeln. Wildschweine kämen nachts. Die Borstentiere würden sich allerdings nur beim Regent bedienen. Diese Rebsorte mit ihren roten Trauben ist teilresistent gegen Peronospera.
Pilzresistente Rebsorten gegen den Mehltau sind Zukunft des Weinbaus am Mittelrhein
Wir fahren zu einem Hang, an dem sie zu finden ist. Tatsächlich: pralle kleine Trauben und grüne Blätter wachsen üppig an den Weinreben. Vom falschen Mehltau ist nichts zu erkennen. „Auch die Sorte Muscaris hat diese Eigenschaften“, berichtet Blöser über die Weißweintraube. „Langfristig müssen wir wohl auf solche Sorten umsteigen“, so sein Blick in die Zukunft des Weinbaus am Mittelrhein.
Wie unterschiedlich die einzelnen Lagen beim Mikroklima an den Hängen des Rheines sind, erfährt man, wenn man bei den Winzern im benachbarten Bad Honnef anruft. Felix Pieper bestätigt, dass auch er Verluste in Höhe von fünf bis zehn Prozent durch den Frost hätte. „Es war bis jetzt ein wirklich herausforderndes Jahr für uns Winzer“, umschreibt er die Sorgen mit dem Wetter. Mit Mehltau hätte er zurzeit „nicht das große Problem“. Eine Bilanz könne er allerdings noch nicht ziehen. „Die Lese beginnt in zwei Monaten, da kann noch viel passieren.“ Beim benachbarten Winzerkollegen Karl-Heinz Broel ist die Lage ähnlich. Auch er rechnet mit Ernteverlusten „in Höhe bis maximal 20 Prozent.“
Hagel kann noch die Trauben am Weinstock in Königswinter und Bad Honnef zerstören
Was alles noch bis zur Lese in den Weinbergen passieren kann, weiß Weinbaupräsident Blöser. Plötzlicher Hagel könne große Teile der Ernte zerstören. „Wir sind auf die Natur angewiesen und müssen mit ihren Launen leben“, umschreibt Ursula Adrian das Problem. Die Schwester von Bernd Blöser hilft beim Verkauf im Laden beim Weingut im Königswinterer Ortsteil Oberdollendorf mit. Angst, dass wegen der zu erwartenden schlechten Ernte in diesem Herbst der Wein ausginge, brauche man nicht zu haben. Es gebe noch immer verschiedene Jahrgänge aus einer Lage im Lager.