GreifvögelWie ein Falkenpärchen auf einem Balkon in Lohmar-Inger seinen Nachwuchs großzieht

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Drei junge Falken in einem Nistkasten

Drei Jungvögel am Ausguck: Der Nachwuchs des Falkenpärchens im von Hubert Simon selbst gezimmerten Holznistkasten.

Gedacht war der Nistkasten für Schleiereulen, doch nach acht Jahren Leerstand zogen Greifvögel ein bei Familie Simon in Lohmar.

Acht Jahre lang stand die geräumige „Wohnung“ mit Ausblick leer, gezimmert hatte Hubert Simon den großen Nistkasten eigentlich für Schleiereulen. Doch die Nachvögel, die zu später Stunde oft die stattliche Linde neben dem Einfamilienhaus in Lohmar-Inger heimsuchten, verschmähten den benachbarten Balkon. Nun allerdings piepst und zirpt es endlich in der Holzbehausung: Ein Falkenpärchen zieht dort drei Küken groß.    

Mit der Auswahl der Kinderstube hätten es sich die Greifvögel nicht leicht gemacht, berichtet Brigitte Simon, Glaskünstlerin und Huberts Gattin. Es gab mehrere Inaugenscheinahmen im Vorbeifliegen in den vergangenen zwei Jahren, in diesem Frühling dann inspizierte ein Paar den etwa einen Meter langen und 40 Zentimeter hohen und breiten Nistkasten aus der Nähe.

Ein Falke, unklar ob Männchen oder Weibchen, habe in der Linde gesessen und laut gezirpt, der andere Falke aus dem nahen Nussbaum geantwortet, „ein Flirt“, vermutet die agile 80-Jährige. Irgendwann, vor etwa acht Wochen, raschelte es im Gebälk, der obere Balkon ist überdacht, der Nistkasten hängt etwas geschützt in einer Ecke.

Vor einer Woche tauchten die Jungtiere auf ihrem Ausguck in Lohmar auf

Einer der Vögel startete regelmäßig zur Futtersuche, „kam mit einer Maus zurück, in der Kralle“, beobachtete Hubert Simon, 82, fasziniert. Er hatte schon allerlei Naturbücher über die Vogelwelt herausgesucht, um sich ein wenig kundig zu machen. „Es sind Turmfalken.“ Vor Jahren hätten welche am einige Hunderte Meter entfernten Bauernhof Schwamborn genistet, die Landwirte haben ihren Betrieb aber aufgegeben, der Nistkasten hänge dort nicht mehr, wissen Simons.  

Wie lange die Brutzeit dauerte habe, könnten sie nur erahnen, ebenso, wann die drei Küken schlüpften. Vor etwa einer Woche tauchten die Jungtiere erstmals auf der „Terrasse“ auf, dem am Kasten angebrachten Brett, das als Landeplatz und Ausguck dient. Und vielleicht bald als Startrampe für den Nachwuchs.

Ein Paar vor seinem Haus, im zweiten Stock ein großer Nistkasten

Zum ersten Mal haben sich Vögel in dem großen Holzkasten im zweiten Stock eingenistet, freuen sich Brigitte und Hubert Simon.

Der hat zwar seinen Flaum schon verloren, ist aber noch nicht flügge. Etwa vier Wochen alt müssten die jungen Turmfalken jetzt sein, schätzen Simons. Im Wachstum und daher immer hungrig. Die Elterntiere gingen schon in aller Herrgottfrühe auf Mäusejagd, „heute um 6 Uhr“, berichtet Brigitte Simons, die ein Faible für alle Vögel hat, in einem ihrer Glasbilder ein schnäbelndes Papageienpaar verewigte. Die grazilen Greifvögel mit ihrem fleckigen Gefieder würden sich als Kunstobjekt weniger eignen, bedauert sie. 

Ab und zu sitze ein Elterntier in der Linde und locke die Kleinen zirpend heraus. „Da sitzen sie dann und schauen runter“, schildert die dreifache Mutter und Großmutter. Einen Flugversuch gab es noch nicht. Ihre Scheu haben die Jungtiere indes längst abgelegt, sie ließen sich nun häufiger blicken, auch beim Besuch der Reporterin, offensichtlich ungestört von den menschlichen Stimmen im Garten. 

Gottseidank sind die Turmfalken stubenrein
Hubert Simon brachte auf seinem Balkon einen großen Nistkasten an

Simons betrachten das Schauspiel von unten, der obere Balkon bleibe noch einige Zeit tabu, wie lange genau soll Ruhe herrschen rund um die Kinderstube? Unklar, „das warten wir ab“. Es müsse dann erstmal gründlich sauber gemacht werden. Wir gehen hoch, die Künstlerin öffnet langsam und leise die Glastür, sammelt eines der dunklen Röllchen auf, die sich an zwei Stellen häufen. „Das ist das Gewöll.“

Unverdauliches würgten die Vögel aus, „Haare, Fell, Knöchelchen und Zähnchen der Mäuse“, ohne Berührungsängste pult Brigitte Simon in den trockenen Resten. „Gottseidank sind sie stubenrein“, erklärt ihr Mann und zeigt auf weiße Flecken im Garten. Die Falken spritzten ihren Kot übers Geländer.   

Falken, bis zu 36 Zentimeter groß und 180 Gramm schwer, und auch größere Greifvögel wie der Rote Milan seien gar nicht so selten in der idyllischen Gegend, die geprägt ist durch Felder und Wälder. Simons genießen ihren naturnahen Wohnsitz am Rande Ingers. Sie hoffen, dass ihr Nistkasten im kommenden Frühjahr erneut in Beschlag genommen wird.

Sie hätten schon einiges über die Vögel gelernt, sagt der pensionierte Bundeswehrpilot, und hofften auf weitere Erkenntnisse. „Vielleicht können wir eine Webcam anbringen“, meint Simon, die natürlich die tierischen Bewohner nicht stören dürfte. Dann wäre das Brüten und Schlüpfen ein echtes Live-Erlebnis.  

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