Abgeordnete von CDU und FDP aus dem Rhein-Sieg-Kreis verteidigen ihre Zustimmung zum Antrag der CDU/CSU, der auch mit AfD-Stimmen angenommen wurde.
MigrationspolitikRhein-Sieg-Abgeordnete verteidigen ihr Abstimmungsverhalten im Bundestag
Demokratische Bundestagsabgeordnete aus der Region verteidigen ihr umstrittenes Abstimmungsverhalten beim Thema Migrationspolitik in dieser Woche. Nicole Westig (FDP) sowie Elisabeth Winkelmeier-Becker und Norbert Röttgen (beide CDU) hatten am Mittwoch im Parlament gemeinsam mit der rechtsextremen AfD für einen Antrag der Unionsfraktion zur Migrationspolitik gestimmt. „Dass es bei einem an die scheidende Bundesregierung gerichteten Entschließungsantrag zu einer Stimmenmehrheit mit der FDP, aber auch mit der AfD gekommen ist, war unnötig und hilft in der Sache nicht weiter“, räumt Winkelmeier-Becker auf ihrer Facebook-Seite ein. „Meine Bedenken gegen dieses Vorgehen habe ich in der Fraktion sehr deutlich zum Ausdruck gebracht, bin insoweit aber dem Fraktionsbeschluss gefolgt.“
Die Union suche immer eine Mehrheit in der demokratischen Mitte des Bundestages und lehne jede Zusammenarbeit mit der AfD ab, betont die ehemalige Richterin. „Auch hier hat es keine Absprachen und keinerlei Zusammenarbeit gegeben.“ Im Wortlaut der am Mittwoch abgestimmten Entschließungsanträge hätten CDU und CSU ihre Distanz zur AfD und beispielsweise zu deren Forderung nach „Remigration“ und zu deren Putin-Nähe sehr deutlich zum Ausdruck gebracht.
Siegburger CDU-Abgeordnete ist für ein Verbot der AfD
Ihre persönliche Haltung zur AfD sei klar, betont Winkelmeier-Becker. Die AfD stehe mit ihrem völkischen Bevölkerungsbegriff, mit ihrer Nähe zu Russland, mit der Diskreditierung der Demokratie und ihren Verschwörungstheorien gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung. Deshalb habe sie als Erstunterzeichnerin im November den Antrag auf Einleitung eines Verbotsverfahrens gegen die AfD beim Bundesverfassungsgericht unterstützt. „Unser Grundgesetz sieht die Möglichkeit eines Parteiverbots ausdrücklich vor, um Gefahren von unserer Demokratie abzuwenden. Das sollten wir nutzen. Jetzt. Rechtzeitig.“
Alles zum Thema Deutscher Bundestag
- Chaos im Bundestag Sündenfall für die Demokratie
- Migrationsgesetz gescheitert Chaostage im Bundestag
- „Merz ist gescheitert“ Bundestag lehnt Gesetz der Union zur Migrationsbegrenzung ab
- Heftige Debatte im Bundestag Abstimmung wird durchgeführt – Aktivisten besetzen CDU-Zentrale
- Demonstrationen geplant Bündnis „Köln stellt sich quer“ kritisiert Tabubruch im Bundestag
- Proteste, Mahnwachen, Aktionen Wann im Februar in Köln und Umgebung Demonstrationen stattfinden
- Debatte im Bundestag Nach Wirbel um Abstimmung: Union lehnt neuen Zeitplan für Migrationsgesetz ab
Tatsächlich ist Winkelmeier-Becker die einzige Bundestagsabgeordnete aus dem Rhein-Sieg-Kreis, die den Gruppenantrag zum AfD-Verbot unterschrieben hat. „Ich halte es nicht für klug, ein AfD-Verbotsverfahren anzustrengen“, sagt dagegen die Bad Honnefer FDP-Bundestagsabgeordnete Nicole Westig. „Denn die AfD hat in einigen Regionen Deutschlands mittlerweile eine starke Wählerschaft, und ein Verbot könnte bei den Anhängern der Partei das Gefühl verfestigen, dass ihre politischen Ansichten keinen Platz in unserem demokratischen System haben.“
Die Gefahr einer weiteren Radikalisierung sei deshalb nicht von der Hand zu weisen. „Letztlich bleibt der Weg der inhaltlichen Auseinandersetzung. Die demokratischen Parteien müssen stärker darin werden, die Positionen der AfD fundiert zu widerlegen und ihren eigenen Wählerinnen und Wählern die Vorzüge demokratischer Werte aufzuzeigen“, argumentiert Westig. Sie möchte ihre Zustimmung zum umstrittenen Antrag von CDU und CSU zur Migrationspolitik als „Signal für eine grundlegende Änderung der Migrationspolitik in unserem Land“ verstanden wissen.
Grenzkontrollen für Nicole Westig keine dauerhafte Lösung
„Mir geht es um ein Zeichen, dass wir an die verunsicherte Bevölkerung senden können: Es wird sich etwas ändern“, erläutert Westig, die inhaltlich auf Distanz zu dem CDU/CSU-Antrag geht. Einige Punkte des Antrags sehe sie kritisch. So könnten Grenzkontrollen, die „aktuell und bis auf Weiteres notwendig“ seien, keine dauerhafte Lösung sein.
Keine Stellungnahme zu seinem Abstimmungsverhalten gibt es vom Königswinterer CDU-Bundestagsabgeordneten Norbert Röttgen. Auch die Nachfrage dieser Zeitung, warum er sich, anders als seine Fraktionskollegin Elisabeth Winkelmeier-Becker, nicht dem AfD-Verbotsantrag angeschlossen hat, lässt Röttgen unbeantwortet, „aus terminlichen Gründen“, wie sein Büro der Redaktion mitteilt.
Im Zusammenhang mit dem AfD-Verbotsantrag in der Kritik steht der Bundestagsabgeordnete und SPD-Kreisvorsitzende Sebastian Hartmann. „Ich bin irritiert, dass Sie nicht zu den 113 Unterzeichnern dieses Antrags gehören – anders als unsere Abgeordnete Elisabeth Winkelmeier-Becker“, schreibt René Böttcher, der Leiter der Siegburger Studiobühne, in einem offenen Brief an Hartmann. Dieser Umstand passe nicht zu Aussagen des Bornheimer Abgeordneten, wonach er gegen jede Form von Antisemitismus, Rassismus, Hass und Hetze vorgehen wolle. Für eine Stellungnahme war Hartmann bis zum Redaktionsschluss nicht erreichbar.