Die Stadtverwaltung sieht keine Alternative zu einem vollständigen Austausch des Personals und einem Neuaufbau der Kita Markusstraße.
„Letzte Option“Stadt Niederkassel zieht Notbremse und tauscht Personal an Kita komplett aus
Seit zehn Jahren gibt es die Kita Markusstraße in Niederkassel – und seit Jahren immer wieder gravierende Personalprobleme und in der Folge Ausfall von Betreuungszeiten und zeitweilige Gruppenschließungen. Jetzt kündigten Bürgermeister Matthias Großgarten (SPD) und der Beigeordnete Carsten Walbröhl einen außergewöhnlichen Schritt an, um die Kita wieder auf Kurs zu bringen.
Niederkassels Bürgermeister kündigt „nichts anderes als Neuaufbau“ an
Bis zum Jahresende werden schrittweise alle 23 derzeit Beschäftigten aus der Kita Markusstraße die Einrichtung verlassen. Ebenso schrittweise wird das gesamte Team aus der Kita Kopernikusstraße die Arbeit in der Markusstraße übernehmen. „Wir reden von nichts anderem als dem Neuaufbau der Kita Markusstraße“, sagte der Bürgermeister.
Er sei sich „der Tragweite einer solchen Entscheidung für die Kinder, insbesondere in der Kita Kopernikusstraße sehr bewusst“, erklärte Großgarten am Dienstag. Doch müsse er alle Kitas der Stadt im Auge behalten. Und: „Die Situation in der Markusstraße ist so verfahren, dass hier nur noch als letzte Option ein vollständiger Personalaustausch bleibt.“
Kitaleitung hatte Ende Februar die Kündigung eingereicht
Vorangegangen waren die Kündigung der bisherigen Kitaleitung Ende Februar sowie Gespräche mit der Leitung und dem Team der Kita Kopernikusstraße. Das habe sich bereit erklärt, für diesen Neuanfang zur Verfügung zu stehen.
In nicht öffentlicher Sitzung sei vor einigen Wochen schon der Jugendhilfeausschuss von ersten Überlegungen in dieser Richtung in Kenntnis gesetzt worden, in der vergangenen Woche dann die Elternbeiräte der beiden Einrichtungen.
Am Montagabend informierte die Verwaltung die Eltern der Kita Kopernikusstraße. Dort werde schnell vorerst zusätzliches Personal tätig werden, kündigte die Verwaltung an. „Der Übergang wird fließend sein.“ So hätten die Kinder Zeit, sich nach und nach auf neue Bezugspersonen einzustellen.
Bürgermeister und Beigeordneter Carsten Walbröhl zeigten sich „zuversichtlich, dass die Kinder sich an die neue Situation gewöhnen werden.“ Das neue Team für diese Kita setzt sich aus Beschäftigten der 15 anderen städtischen Einrichtungen zusammen; die neue Leitung habe Erfahrung im Aufbau von Kitas.
Für Niederkasseler Eltern ist das Thema hoch emotional
Am Dienstag war ein Treffen mit den Eltern aus der Markusstraße anberaumt. Daran nahm, so hatte Sabine Koch, Abteilungsleiterin im Rathaus, angekündigt, bereits das gesamte neue Team teil. „Hoch emotional aufgeladen“ sei das Thema unter den Eltern, sagte Bürgermeister Großgarten. Er hoffe aber, das auffangen zu können: „Wir haben einen Plan und komplette Teams für beide Einrichtungen“.
Bereits bestehende Probleme hätten sich nach der Corona-Pandemie verschärft, erklärten Großgarten und Walbröhl die Situation. Es gab Langzeitkranke und kurzfristig erkranktes Personal. Vor allem in den vergangenen zwei Jahren hätten die Eltern „erhebliche Betreuungseinschränkungen“ hinnehmen müssen; teilweise konnte die Kita nur an vier Tagen der Woche öffnen.
Die Einrichtung hatte einen zunehmend schlechten Ruf – mit dem Ergebnis, dass es kaum noch möglich sei, Personal für die Markusstraße zu gewinnen. „Die Sicherstellung des bereits jetzt schon stark eingeschränkten Betriebs ist bedroht“, heißt es in einer gestern verbreiteten Pressemitteilung.
Es habe Supervisionen, Personalgespräche, Personalumsetzungen, Gruppenumstrukturierungen, temporäre Schließungen und Unterstützung für die Kita-Leitung gegeben, so die Stadtverwaltung. „Leider erfolglos“, nach dem Ausscheiden der Leitung im Februar sei dann klar gewesen: Es brauche einen Neuanfang, „denn es kann so nicht weitergehen. Die Situation drohte noch schlechter zu werden.“
Alle Kitas in Niederkassel waren betroffen
„Die Eltern stehen unter enormem Druck“, räumte die Verwaltungsspitze im Gespräch ein. Und so seien trotz überarbeiteter Regeln bisweilen auch erkältete oder gar kranke Kinder in die Kita gebracht worden. Unter Druck geriet aber auch das gesamte Personalgerüst der 16 städtischen Kitas in Niederkassel.
Während an der Markusstraße eine von fünf möglichen Gruppen leer blieb, waren die als „Springer“ bei der Stadt angestellten Kräfte oftmals länger dort gebunden – und fehlten andernorts. Zu guter Letzt sei sogar Personal als Aushilfe aus anderen Kitas abgezogen worden, berichtete Carsten Walbröhl.
Bürgermeister sieht Chance für Einrichtung und die Beschäftigten
Für die Einrichtung an der Markusstraße könne der Schritt ebenso einen guten Neubeginn bedeuten wie für die bisher dort Beschäftigten, sagte Matthias Großgarten. „Wenn man von Tag zu Tag den Notfall fährt“, so der Bürgermeister, verliere man die Perspektive, dass es einmal besser wird.
Die Betroffenen könne er nur um Verständnis bitten, erklärte Großgarten, „und ihnen versichern, dass uns eine Entscheidung solcher Tragweite nicht leichtgefallen ist.“