AboAbonnieren

Rhein-SiegDeborah Schöneborn macht sich Hoffnungen auf Olympia-Teilnahme

Lesezeit 4 Minuten

Studium und Training muss die Niederkasselerin in Berlin unter einen Hut bringen.

Niederkassel – Der Köln-Marathon, sagt Deborah Schöneborn, sei der Wendepunkt gewesen. „Da habe ich gemerkt, dass die Olympischen Spiele möglich sind.“ Im Oktober 2019 lief die gebürtige Troisdorferin die gut 42,2 Kilometer in 2:31:18 Stunden und überquerte die Ziellinie als schnellste Frau. Um sich für die Olympischen Spiele in Tokio zu qualifizieren, müsste sie nicht einmal zwei Minuten schneller sein.

Und im Sommer des vergangenen Jahres war sie optimistisch, dass sie das auch noch schafft: Denn die letzten fünf Kilometer plagten die 26-Jährige in Köln Wadenkrämpfe. Schöneborn war froh, es überhaupt über die Ziellinie zu schaffen. „Körperlich war ich gar nicht so erschöpft“, sagt sie rückblickend. „Ohne die Wadenkrämpfe wäre eine bessere Zeit möglich gewesen.“ Mittlerweile hat sie es geschafft. Vor wenigen Wochen erfüllte sie am Nikolaustag beim Valencia-Marathon mit einer Zeit von 2:26:55 Stunden die Olympianorm.

Deborah ist professionelle Leichtathletin

Deborah Schöneborn ist professionelle Leichtathletin. Aufgewachsen ist sie in Niederkassel, in einer sportbegeisterten Familie. „Bei uns war es immer klar, dass wir drei Schwestern an Weihnachten laufen gehen“, sagt Schönborn. „Dann schmeckt das Essen viel besser.“ Mit ihrer Zwillingsschwester Rabea trainiert und wohnt sie zusammen. Die acht Jahre ältere Lena hingegen hat ihre Karriere schon beendet. Mit 34 Medaillen bei Welt- und Europameisterschaften sowie einer Olympia-Goldmedaille ist Deborahs große Schwester die erfolgreichste Athletin in der Geschichte des Modernen Fünfkampfs.

Doch bevor Deborah Schöneborn ebenfalls zur Leichtathletik kam, probierte sie sich beim Tennis und Leistungsturnen aus. „Eigentlich alle in meiner Familie haben Tennis gespielt, mein Opa war sogar Tennislehrer“, erzählt sie und lacht: „Es hat sich schnell herausgestellt, dass ich kein Ballgefühl habe.“ Über Laufen und Schwimmen landet sie wie ihre ältere Schwester Lena beim Modernen Fünfkampf. „Meine Schwester hat viele sportliche Schritte früher gemacht, an denen ich mich dann orientiert habe.“

Die Schwestern Deborah, Lena und Rabea Schöneborn (von links) ausnahmsweise nicht im sportlichen Outfit.

Im Jahr 2013 zieht es Schöneborn nach dem Abitur nach Berlin – gemeinsam mit ihrer Zwillingsschwester Rabea. An der Charité beginnt sie ein Medizinstudium. Weil so oft Anwesenheitspflicht herrscht, schafft sie die vielen Trainingseinheiten an verschiedenen Orten irgendwann nicht mehr. Sie hat das Gefühl, sich im Modernen Fünfkampf nicht mehr wirklich verbessern zu können. 2016 gibt sie in dieser Disziplin auf. Die Entscheidung ist nicht nur ein sportlicher Einschnitt, sondern auch ein privater. „Beim Fünfkampf ist man eine kleine Familie, man verbringt sehr viel Zeit miteinander“, sagt Schöneborn.

Ihre sportliche Karriere ist da längst nicht zu Ende. Im Gegenteil – sie nimmt erst richtig Fahrt auf. Der Vater einer Kommilitonin ist Trainer einer Laufgruppe in einem Berliner Verein. Schöneborn geht hin, nimmt immer öfter an Laufwettbewerben teil und hat dabei viel Spaß. „Ich war bei jedem Wettkampf irgendwie eine Minute schneller und habe gemerkt: Das könnte eine Option sein.“ Schöneborn trainiert jeden Tag – oft sogar zweimal. „In der Uni war ich immer die letzte, die gekommen ist, und die erste die weg war.“ Das Studium schafft sie trotz des hohen Pensums. Im Winter wird sie das Medizinstudium abschließen, bis jetzt hat sie gute Noten.

Ein Jahr später

Ursprünglich sollten die Olympischen Sommerspiele 2020 in der Zeit von 24. Juli bis 9. August in Japan stattfinden. Aufgrund der weltweiten Corona-Pandemie entschied das Internationale Olympische Komitee Ende März des vergangenen Jahres, die Spiele zu verschieben. Abgesehen von den Absagen während des Ersten und Zweiten Weltkrieges ist es das erste Mal, dass Olympische Sommerspiele nicht im Vier-Jahres-Rhythmus stattfinden. Nachgeholt werden sollen die Spiele im kommenden Sommer vom 23. Juli bis 8. August in Tokio. (tsp)

Der Köln-Marathon im Herbst 2019 war dann ihr erster Marathon. Die Vorbereitung fiel ins Praktische Jahr der Medizinstudentin, das sie in einem Berliner Krankenhaus absolvierte. Ihre erste Trainingseinheit startete um 5.30 Uhr. „Danach habe ich selbst gebackenes Bananenbrot gefrühstückt und bin schnell ins Krankenhaus.“

Nach Feierabend folgte die nächste Trainingseinheit. „Die Tempoläufe waren schon ziemlich hart, nachdem ich schon fünf Stunden im Krankenhaus über den Flur gelaufen bin und gefühlt dicke Beine hatte.“ Was sie antreibt? Sich selbst zu verwirklichen, immer noch bessere Zeiten zu laufen und aus ihrem Körper das Maximum rauszuholen.

Das könnte Sie auch interessieren:

Der hohe Aufwand zahlt sich aus. Dass sie den Köln-Marathon gewonnen hat, bescherte ihr nicht nur den schönsten Moment ihrer Karriere, es war auch ein Türöffner. Sie wurde für den Bundeskader nominiert, nimmt nun mit Deutschlands Top-Marathonläufern an Trainingslagern teil, unter anderem in Kenia, und bekommt Autogrammanfragen. Sie ist bereit, zum ersten Mal alle Karten nur auf den Sport setzen. „Ich habe den Luxus, dass ich mein Hobby zum Beruf machen kann, aber noch mein Medizinstudium habe.“

Die Corona-Verschiebung der Olympischen Spiele kommt Schöneborn entgegen. „Für unerfahrene Sportler wie mich ist das Jahr ein Gewinn.“