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SpielzeugladenNiederkasselerin will die Welt mit Diversity-Spielzeug gerechter machen

Lesezeit 3 Minuten
Eine Frau sitzt vor einem Regal mit Puppen unterschiedlicher Hautfarbe

Ist unsere Welt nur weiß? Oda Stockmann hat in Niederkassel ein Geschäft für besonderes Spielzeug.

Ob weiß, braun, oder mit sichtbarem Handicap: Oda Stockmann verkauft in ihrem Geschäft Spielzeug, das von der klassischen Barbie abweicht.

Die Puppen im Regal sind weiß, braun, schwarz, einige haben sichtbare Handicaps. Eine Barbie, blond, mit Wespentaille und langen Beinen, gibt es nicht im Sortiment des Niederkasseler Ladens. Spielzeug kann beeinflussen, wie wir die Welt sehen, meint Oda Stockmann. Die 49-Jährige will Vielfalt zeigen und die Gesellschaft so ein wenig gerechter machen.

Mit Spielzeug aus Niederkassel die Welt ein wenig gerechter machen

Diversity ist ihr Motto, das Wort aus dem Englischen steht für diverse, verschiedene Lebensarten. Doch das, was als „normal“ gilt, stecke fest in den Köpfen, schildert Stockmann. Familie, das sind doch Mutter, Vater, Kind - alle weiß. Die Realität, die eigentlich anders aussieht, werde viel zu selten transportiert in den Bilderbüchern und Büchern: „Es war anfangs sehr schwierig, anderes Spielzeug zu finden.“

Zu ihrem Lebensthema kam sie zufällig. Stockmann, die im Münsterland groß wurde, die eine Ausbildung machte, arbeitete und später studierte, begriff sich durchaus als weltoffen. „Dass ich aber in einer weißen Blase lebte, mit vielen Privilegien, das war mir nicht bewusst.“ Die Adoption eines Kindes änderte alles.

Fremde Frau griff dem Adoptiv-Kind in die Haare

Der Sohn des Paares kommt aus Haiti. Auf der Straße drehten sich die Leute nach Stockmanns um, schildert sie; die Blicke neugierig bis skeptisch. In einem Geschäft griff eine Frau dem Kind in die Haare. Angesprochen auf diese Grenzverletzung reagierte die Dame wenig nett und herabwürdigend. Die Familie erlebte häufiger Rassismus, meist unterschwellig, aber doch spürbar. Ein kleines Kind sei ja noch niedlich, ein Heranwachsender mit dunklerer Hautfarbe werde oft als bedrohend wahrgenommen.

Diskriminierung wirke sich konkret im Alltag aus, so die Kommunikationstrainerin. Ganz praktisch spürbar bei der Wohnungssuche, bei Bewerbungen, auf dem Bildungsweg. Nicht nur Hautfarbe, auch Geschlecht, Alter, sexuelle Orientierung könnten Hürden sein. Der Fachkräftemangel eröffne indes Chancen. Stockmann berät immer mehr Firmen in Sachen Diversität, sie will Denkmuster offen legen, Klischees klarmachen, um Veränderungen anzustoßen.

Wir haben die Wahl, Begriffe, die Betroffene als rassistisch verstehen, einfach wegzulassen
Oda Stockmann aus Niederkassel

Sprache sei eine Grundlage. „Ja, darf man denn gar nichts mehr sagen?“, diesen Satz greift sie auf. Es gehe doch darum, was man sagen wolle. „Wir haben die Wahl, die Begriffe, die Betroffene als rassistisch verstehen, wegzulassen.“ Aber ist es nicht harmlos, wenn sich Kinder zum Karneval als Cowboy und Indianer verkleiden wollen? Ihr Lächeln bleibt freundlich, sie schüttelt den Kopf.

„Dahinter steckt doch eine brutale Geschichte von Unterdrückung und Mord. Wir müssen uns das bewusst machen und das nicht weitertransportieren.“ Wer mit diesen Sachen Geschäfte mache, dem gehe es nur ums Geld. Müssen denn alte Bücher wie Pippi Langstrumpf wirklich umgeschrieben werden, wie es einige fordern? „Astrid Lindgren ist eine wunderbare Schriftstellerin“, sagt Stockmann. „Aber die Schilderungen sind rassistisch, das muss man sich klarmachen. Es gibt doch schöne, neue Bücher.“

Das Bewusstsein für Vielfalt wachse langsam. Gab es bei ihrer Eröffnung vor zwei Jahren in Niederkassel nur zwei Shops in Deutschland mit dem Spielzeugangebot, sind es nun fünf. Nur einmal im Monat ist der Laden in Rheidt geöffnet, „mehr schaffe ich nicht“. Beim Online-Versand hilft eine Mitarbeiterin.

Oda Stockmanns Expertise hat sich herumgesprochen. In diesen Tagen ist ihr erstes Buch herausgekommen, Titel „Einfach können – Diskriminierungsfreie Sprache“. Erschienen im renommierten Duden-Verlag.