Ein Niederkasseler Unternehmer soll mit Hilfe von Scheinrechnungen das Finanzamt und die Stadt betrogen haben. Schaden: rund 600.000 Euro.
600.000 Euro SchadenNiederkasseler Kurierdienst soll mit Scheinrechnungen betrogen haben
Das Geschäft des 44-Jährigen scheint lukrativ gewesen zu sein. Die fälligen Einkommens- und Gewerbesteuern wollte der Niederkasseler aber offenbar nicht zahlen. Er soll laut Anklage der Staatsanwaltschaft Bonn mit Scheinrechnungen versucht haben, seine Steuerlast um rund 600.000 Euro zu verkürzen. Vor dem Siegburger Schöffengericht schwieg er zu den Vorwürfen.
Involviert sind etliche weitere Unternehmen und Einzelpersonen
Die Ermittlungen von Steuerfahndung und Zoll waren langwierig, die Taten stammen aus dem Zeitraum 2016 bis 2020. Involviert sind nicht nur der Niederkasseler Inhaber eines Kurierdienstes, der außerdem Geschäftsführer einer Firma für Warenhandel und Logistik war, sondern noch etliche weitere Unternehmen und Einzelpersonen.
Die Rechnungen - die niedrigste belief sich auf rund 6500 Euro, die höchste auf knapp 57.000 Euro - dienten laut Anklage dazu, Kosten vorzutäuschen, um Körperschaftssteuer, Umsatzsteuer und Gewerbesteuer nicht in voller Höhe zahlen zu müssen und den so ersparten Betrag in die eigene Tasche zu stecken.
Fahnder schickten zwei Umzugskartons mit Akten ins Siegburger Gericht
Zwei Umzugskartons voller Akten hatte der Vorsitzende Richter Ulrich Willbrand von den Ermittlern geschickt bekommen. Eigentlich sei das Amtsgericht Siegburg gar nicht zuständig, sagte er, da Steuerstrafsachen vor dem Gericht am Sitz der Staatsanwaltschaft, also Bonn, verhandelt würden.
Wenn er das Verfahren führe, müssten sich der Angeklagte und sein Verteidiger auf einen langwierigen Prozess einstellen, so Wilbrand: „Ich werde jede Zahl aufklären.“ Es drohe bei dieser Schadenssumme eine Haftstrafe, die nicht zur Bewährung ausgesetzt werden könne.
In Steuerstrafsachen sei gegen die Zahlung einer hohen Summe auch eine Einstellung denkbar: „Dann müssten Sie aber Ihr Familienhaus verkaufen, das Sie auf Ihre Frau überschrieben haben“, sagte er zu dem Angeklagten, der zwei Kinder hat und bislang nicht vorbestraft ist. Sicher gebe es auch noch „stille Reserven“, eventuell Immobilien im Ausland, auf die der Fiskus keinen Zugriff habe.
Zu seinen derzeitigen Einkünften gefragt, huschte ein Lächeln über das Gesicht des Angeklagten. Sprechen ließ er seinen Anwalt: „Der Verdienst ist ganz gering, nähere Angaben möchte er nicht machen, er kommt gerade so über die Runden.“
Der erste aus dem betrügerischen Netzwerk, dem der Prozess gemacht wird
Nach der Ankündigung des Richters stellte der Strafverteidiger einen Verweisungsantrag an das Amtsgericht Bonn. Der Angeklagte muss sich demnächst dort und voraussichtlich noch vor dem das Finanzgericht und dem Landessozialgericht verantworten. Er ist der erste aus dem betrügerischen Netzwerk, dem der Prozess gemacht wird, teilte der Vorsitzende Richter mit. Von weiteren Beteiligten liegen nach den Hausdurchsuchungen Teilgeständnisse vor.