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Reaktionen Evonik-Verkauf„Überraschend“ – Niederkassels Bürgermeister wusste nichts

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Evonik-Terminal_am_Rhein

Das Terminal des Evonik-Konzerns am Rhein in Niederkassel

Niederkassel/Rhein-Sieg-Kreis – Der geplante Verkauf des Evonik-Werkes in Niederkassel-Lülsdorf hat Politik und Verwaltung in Niederkassel und im Rhein-Sieg-Kreis ohne Vorbereitung getroffen. Wir haben Reaktionen von Politikerinnen und Politikern und Verwaltungsspitzen gesammelt.

Bürgermeister Stephan Vehreschild, Niederkassel

„Für uns kommt diese Nachricht auch überraschend“, sagt Niederkassels Bürgermeister Stephan Vehreschild, den die Redaktion im Italien-Urlaub erreicht. Der Leiter des Lülsdorfer Evonik-Standortes habe ihn kurz vor der Herausgabe der Pressemitteilung des Konzerns angerufen.

Welche Folgen der Verkauf für die Stadt habe, lasse sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht einschätzen. Zwar gehöre Evonik zu den großen Gewerbesteuerzahlern der Stadt, „allerdings mache ich mir momentan vorrangig Sorgen um die Beschäftigten und ihre Familien“. Man verfalle bei der Stadt jetzt nicht in Panik. Der Verkauf bedeute zwar das Ende von Evonik in der Stadt, nicht aber zwangsläufig das Ende des Chemie-Standortes Niederkassel.

Armando Dente, IG Bergbau, Chemie, Energie

„Sie können sich vorstellen, dass das für die Beschäftigten ein Schockmoment war, als sie am Freitag von Evonik informiert wurden“, sagt Armando Dente, der Bezirksleiter Köln-Bonn der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE). Zwar sei auch der Belegschaft seit längerem bekannt gewesen, dass die Alkoholat-Produktion in Lülsdorf Ende 2027 auslaufe, trotzdem seien sie von den Verkaufsplänen überrascht worden.

Ziel aller Bemühungen müsse nun sein, „die Kolleginnen und Kollegen in Arbeit zu halten“. Eine Möglichkeit sei, dass sie von Investoren übernommen würden, eine andere, dass sie zum Evonik-Standort auf der gegenüberliegenden Rheinseite in Wesseling wechseln könnten. „Das muss das Ziel der Gespräche sein, die Unternehmen, Betriebsrat und die Gewerkschaft in den nächsten Wochen und Monaten führen“, so Dente.

Landrat Sebastian Schuster, Rhein-Sieg-Kreis

Mit großem Bedauern reagiert auch Landrat Sebastian Schuster auf die Entscheidung des Evonik Vorstandes und den möglichen Verlust von Arbeitsplätzen. „Gemeinsam mit der Stadt Niederkassel sind wir nun bestrebt, das Potenzial der Industrieflächen bestmöglich zu nutzen“, kündigt er auf Anfrage der Redaktion an.

Sebastian Hartmann, Vorsitzender des SPD-Kreisverbandes

„Die Nachricht der Aufgabe des Standortes Lülsdorf der Evonik nach über 100 Jahren ist eine denkbar schlechte Nachricht für die Beschäftigten, die Kommune und den Kreis als Wirtschaftsstandort“, sagt der Bundestagsabgeordnete und SPD-Kreisvorsitzende Sebastian Hartmann. Vor allem sei es eine bittere Nachricht für Hunderte Beschäftigte und ihre Familien, die sich nun um ihre Zukunft sorgten.

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Für die Stadt Niederkassel sei es nun eine zentrale Herausforderung, den Standort Lülsdorf ohne den Essener Konzern „unter schwierigsten Bedingungen“ zu erhalten. Schlimmstenfalls drohten dem Haushalt der Stadt Gewerbesteuereinbrüche in Millionenhöhe und damit deutlich eingeschränkte Gestaltungsperspektiven. „Stadt und Kreis müssen mit Unterstützung des Landes schnell eine regionale Einheit bilden, die Entwicklung und Erhalt des Standorts unter schwierigsten Rahmenbedingungen ermöglicht“, fordert Hartmann. „Der politische Wille aller Beteiligten, Standort für produzierendes Gewerbe zu bleiben, ist dafür unablässige Voraussetzung.“

Auf Facebook schreibt Hartmann weiter, das „schmerzhaft in Erinnerung“ bleibe, „wie umstritten jedes lokale Infrastrukturprojekt war“. Hartmann listet dann die Rheinquerung, die Hafenerweiterung sowie die Versuche, Investoren anzuwerben auf.

SPD-Fraktion des Rhein-Sieg-Kreises

Nach Auffassung der SPD-Kreistagsfraktion entsteht durch die Entscheidung von Evonik eine „für die gesamte Region und insbesondere die Beschäftigten schwierige Situation“. „Bereits im Mai diesen Jahres hat die SPD einen Antrag in den Kreistag eingebracht mit dem Ziel den Industriestandort Niederkassel langfristig zu sichern“, erinnert Fraktionschef Denis Waldästl.

Nur die SPD habe seinerzeit den Bedarf gesehen, dass der Rhein-Sieg-Kreis sich des Themas annehme. „Unsere ganze Solidarität gilt den Beschäftigten.“ Die SPD werde nun an der Seite der Gewerkschaften und des Betriebsrates für die Weiterbeschäftigung und den Erhalt der Arbeitsplätze kämpfen.

Annette Wickel, FDP-Stadtratsfraktion Niederkassel

„Wir hätten erwartet, dass Evonik vor der Bekanntgabe einer solchen Entscheidung mal mit der Politik spricht“, sagt Anette Wickel, die Vorsitzende der Niederkasseler Stadtratsfraktion. Gelegenheit dazu habe es zum Beispiel in einem Arbeitskreis gegeben, den der Stadtrat kürzlich für die Diskussion über die Weiterentwicklung des Chemie-Standortes Niederkassel eingerichtet habe. „Stattdessen wurden wir völlig überrascht. Ich finde das schon befremdlich“, sagt Wickel. Wichtig sei nur zunächst, dass die Arbeitsplätze gesichert würden.

Sascha Essig, Stadtratsfraktion der Grünen Niederkassel

„Auch wenn es an einigen Stellen um die Entwicklung des Evonik-Geländes erstaunlich still geworden ist, überrascht dieser Schritt doch sehr“, sagt Sascha Essig, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Niederkasseler Rat. Sowohl die Entwicklung des Hafenterminals als Joint Venture von Evonik und Duisport als auch die Entwicklung des nördlichen Evonik-Areals zum Gewerbegebiet seien nach seinem Eindruck „im Sand verlaufen“. Auch der Bau einer neuen Güterbahntrasse sei von dem Konzern „eher mit Desinteresse“ behandelt worden.

„So kann man davon ausgehen, dass dieser Prozess schon über Jahre reift und die Versuche der Erneuerung der letzten Jahre nicht den gewünschten wirtschaftlichen Erfolg hatten.“ Bedauerlich sei, so Essig, dass Evonik die Chance nicht genutzt habe, mit einem von den Grünen initiierten interfraktionellen Arbeitskreis und der Stadt Niederkassel eine tragbare Zukunftsperspektive für den Standort zu entwickeln.

Katharina Gebauer, CDU, Mitglied des Landtags

„Der Erhalt der Arbeitsplätze von circa 600 Menschen ist eine große Verantwortung“, sagt die CDU-Landtagsabgeordnete Katharina Gebauer. „Wichtig ist nun, den Wirtschaftsstandort Niederkassel zu stärken und viel Kraft auf diesen Standort zu lenken.“ Die Ankündigung des Konzerns dürfe nicht dazu verleiten, in Aktionismus zu verfallen. Alle Beteiligten stünden gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Pflicht, mit Vernunft vorzugehen, um die bestmögliche Situation zu schaffen.

Elisabeth Winkelmeier-Becker, SPD, Mitglied des Deutschen Bundestags

„Es ist ein herber Verlust für Niederkassel und die Region, wenn Evonik nach über 100 Jahren den Standort Lülsdorf und damit circa 600 Arbeitsplätze aufgibt", sagt die CDU-Bundestagsabgeordnete Elisabeth Winkelmeier-Becker. „Hier müssen schnell neue, gut bezahlte Arbeitsplätze für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen geschaffen werden.“

Evonik habe am Standort Lülsdorf erst kürzlich mit der Entwicklung von zwei innovativen Produkten begonnen, die auch wirtschaftliches Potenzial haben. „Es ist sehr bedauerlich, wenn das nun nicht mehr in Lülsdorf umgesetzt wird.“

Markus Kitz, CDU-Stadtratsfraktion

Enttäuscht ist nach Angaben ihres Vorsitzenden Marcus Kitz, die CDU-Fraktion im Rat der Stadt Niederkassel. „Damit beendet Evonik als Rechtsnachfolger der vorherigen Betreiber eine lange Partnerschaft mit den Menschen in Niederkassel“, sagt Kitz. „Auch wenn man bereits in den vergangenen Jahren immer wieder und immer öfter den Eindruck hatte, dass der Evonik-Zentrale andere Standorte wichtiger sind als Lülsdorf, so überraschen Zeitpunkt, Zeitrahmen und Deutlichkeit der Ankündigung.“

Evonik habe in den vergangenen Jahren immer wieder neue Anlagen und Produktionsstätten an anderen Standorten angekündigt. Das Werk Lülsdorf habe dabei stets das Nachsehen, „trotz der idealen Anbindung an Straße, Schiene und Wasserwege“.

Der Standort Lülsdorf biete hoch motivierte und hervorragend qualifizierte Mitarbeiter an einer hoch attraktiven Fläche für Chemie, aber auch darüber hinaus, so dass ein Verkauf des Werkes auch neue Perspektiven und Möglichkeiten bieten könne, die städtebaulich neue Möglichkeiten eröffnen könnten, so Kitz.