AboAbonnieren

„Stark im Amt“Für Anette Wickel wurde ihr Hobby zum Beruf

Lesezeit 4 Minuten
Neuer Inhalt

Anette Wickel engagiert sich seit 2006 in der Niederkasseler Politik

  1. In der Politik ist zunehmend von Hassmails und Bedrohungen die Rede. In einer neuen Serie stellen wir Politikerinnen und Politiker aus der Region vor. Die dritte: Anette Wickel aus Niederkassel.

Niederkassel – Dass sich Anette Wickel in der Niederkasseler Kommunalpolitik engagiert, ist mehr oder weniger einem Zufall geschuldet. „Ich habe vor fast 30 Jahren gewissermaßen in die FDP hineingeheiratet“, schildert die Vorsitzende der FDP-Stadtratsfraktion. „Mein Mann war bereits Mitglied in der Partei und mein Schwiegervater sogar Landtagsabgeordneter. Über beide kam der Kontakt zu den Liberalen zustande.“

Dass dann aber aus der einfachen Parteimitgliedschaft ein echtes politisches Engagement wurde, verdankt Wickel wiederum Familienmitgliedern: Mit der Einschulung ihrer Töchter wuchs das Interesse an Schulpolitik. Und als die Partei Mitglieder suchte, die für den Rat kandidieren, sagte sie spontan zu.

Zur Person

Anette Wickel (59) ist Vorsitzende der Niederkasseler FDP-Fraktion. Dem Stadtrat gehört die Mutter von drei Töchtern seit 2006 an. Die gebürtige Lübeckerin absolvierte eine Ausbildung zur Friseurin, schulte im Anschluss jedoch zur Bürokauffrau um. Für die Erziehung ihrer Töchter trat Anette Wickel beruflich kürzer und beschränkte sich auf Nebenjobs, vor allem im Einzelhandel. Im Jahr 2019 startete sie beruflich noch einmal durch und wurde FDP-Kreisgeschäftsführerin und Wahlkreismitarbeiterin der Bundestagsabgeordneten Nicole Westig.

Bei der Kommunalwahl im September 2020 kandidierte Wickel für das Amt der Niederkasseler Bürgermeisterin. Sie landete dabei zwar nur auf dem dritten Platz – Sieger war Stephan Vehreschild (CDU) –, erzielte aber ein deutlich besseres Ergebnis als ihre Partei. (pf)

„Das ist ja die politische Ebene, auf der man ganz unmittelbar sein persönliches Lebensumfeld mitgestalten kann. Aus diesem Grund engagiere ich mich bis heute kommunalpolitisch, man ist einfach ganz nah an den Themen dran.“ Folgerichtig landete sie 2006 nach ihrer ersten Wahl in den Stadtrat auch im Schulausschuss. „Es macht Spaß, Dinge im eigenen Umfeld zu bewegen, auch wenn wir als kleine Fraktion unsere Ideen nicht immer umsetzen können.“

Inzwischen ist Politik für Wickel nicht mehr nur Hobby und zeitaufwendiges Ehrenamt. Seit rund zwei Jahren arbeitet sie auch als Geschäftsführerin des FDP-Kreisverbandes und als Wahlkreismitarbeiterin der Bad Honnefer Bundestagsabgeordneten Nicole Westig – „mein Traumjob“, wie sie mit voller Überzeugung sagt.

Beschimpfung nach Thüringen-Wahl

Ambitionen, höhere Ämter anzustreben, hat Wickel nicht. „Dazu bin ich als Großmutter inzwischen zu alt, das sollen mal die Jüngeren machen. Ich bin mit meinen Ämtern in Niederkassel und im Kreis voll und ganz zufrieden.“

Das könnte Sie auch interessieren:

Die Serie

Mehr als die Hälfte der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister in Deutschland wurde schon bedroht, beleidigt oder attackiert. Auch ehrenamtliche Kommunalpolitiker haben ähnliche Erfahrungen gemacht – mancherorts legten Kommunalpolitiker deshalb ihre Ämter nieder.

Die Körber-Stiftung, der Deutsche Städtetag, der Deutsche Landkreistag sowie der Deutsche Städte- und Gemeindebund haben daher das Internetportal „Stark im Amt“ ins Leben gerufen. Das Netzwerk soll kommunale Mandatsträger mit Informationen versorgen. Das Angebot reicht von Argumentationshilfen gegen populistische Äußerungen bis zu Tipps für mehr Sicherheit.

Die Redaktion möchte den Lesern die Möglichkeit geben, ihren Politikern in den Kommunen mit einer E-Mail den Rücken zu stärken. Schreiben Sie uns dazu hier. (pf/sp)

Zu den negativen Erfahrungen in der Zeit ihres politischen Engagements gehören die Ereignisse rund um die Ministerpräsidentenwahl in Thüringen im März 2020. Damals hatte sich FDP-Mann Thomas Kemmerich mit den Stimmen der AfD zum Ministerpräsidenten wählen lassen, was bundesweit für Empörung sorgte und FDP-Politiker unter Rechtfertigungszwang setzte. „Als kleine Kreisgeschäftsführerin und Mandatsträgerin der FDP musste ich mich damals heftig beschimpfen lassen, obwohl ich persönlich doch für das Verhalten von Kemmerich überhaupt nicht verantwortlich war “, schildert Wickel. „Aber was konnte ich dafür, dass der – auf Deutsch gesagt – so einen Scheiß macht?“

Ähnlich negative Erfahrungen bleiben Wickel bei ihrem politischen Engagement allerdings bislang erspart. „Ich werde als Kommunalpolitikerin zum Glück weder bedroht noch beschimpft“, schildert sie. „Natürlich wird man auf politische Themen angesprochen und muss sich auch mal rechtfertigen, aber das ganze bleibt immer absolut im Rahmen.“

Allerdings geht sie mit ihrem politischen Engagement und ihren Überzeugungen auch nicht immer und überall hausieren. „Wenn wir mal irgendwo zu einer Feier eingeladen sind, muss ich nicht unbedingt über Politik diskutieren, wenn es nicht passt. Schließlich können solche Diskussionen auch schon mal ausufern und für schlechte Stimmung sorgen.“