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250 im KreisCorona hat Selbsthilfegruppen im Rhein-Sieg-Kreis schwer zugesetzt

Lesezeit 3 Minuten
Ein long-covid-Patient macht ein Atemtraining in einem Gymnastikraum.

Long Covid ist ein wachsendes Thema für Selbsthilfe. Derzeit sind es häufiger Männer, die Rat suchen. (Symbolbild)

Etwa 250 Selbsthilfegruppen gibt es in Rhein-Sieg – darunter auch für Long-Covid-Betroffene. Was Corona, Krieg und Krise verändert haben.

Vor fast 50 Jahren gründete Maria Wesenberg die Selbsthilfegruppe Aphasie, nachdem ihr Nachbar als Folge eines Schlaganfalls nicht mehr sprechen konnte. Als im Jahr 2000 dann die Selbsthilfe-Kontaktstelle Rhein-Sieg-Kreis an den Start ging, gehörte die Gruppe zu den etwa 60 Selbsthilfeangeboten im Kreis. Das neueste – inzwischen sechste – Verzeichnis, das jetzt vorliegt, nennt etwa 250 Gruppen.

Und, so berichtet Fachberaterin Heike Trapphoff: „Es sind immer etwa zehn in Gründung.“ Zu den Neugründungen der vergangenen Monate zählt die Gruppe der von Long-Covid-Betroffenen. Eine große Ausnahme übrigens: Vor allem Männer kommen zu den Treffen.

Während der Pandemie haben sich viele Selbsthilfegruppen aufgelöst

Dabei hat Corona vielen Gruppen schwer zugesetzt, einige haben sich aufgelöst. „Die Leitungen haben ihre Leute nach der Pause nicht mehr zusammenbekommen“, sagt Trapphoff; andere hatten für sich selbst einen Schlussstrich gezogen.

Ohnehin hat sich, beobachten die Beschäftigten der Kontaktstelle, über die Jahre die Sicht auf die Selbsthilfe verändert. „Es kommen mehr Jüngere, die machen ein Gruppe“, die möchten gern mit anderen über ihr Thema sprechen. Doch nicht mehr ein Leben lang engagierten sich die meisten in einer solchen Gruppe, „sie machen das einige Jahre und hören dann auf“.

Stets empfehlen Trapphoff und ihre Kolleginnen Marita Besler, Jutta Klee und Monika Hoos, die Leitungsaufgaben auf mindestens drei Personen zu verteilen. „Sie haben meistens ohnehin viel zu tun“, erläutert Jutta Klee. Hinzu komme die eigene Betroffenheit von dem Thema der Gruppe, da sei die Leitung eine zusätzliche Last. Und schließlich werde auch nicht mehr so schnell frühverrentet wie früher, ergänzt Heike Trapphoff.

Stark zugenommen haben die Angebote für die Angehörigen

Breit gefächert ist wieder das Angebot der Selbsthilfegruppen auf den fast 250 Seiten der Broschüre. Das beginnt bei ADHS und endet bei Zwangsstörungen; es gibt Angebote für chronisch erkrankte Menschen oder für Menschen mit Suchterkrankungen, mit psychischen oder somatischen Leiden. Alleinerziehende treffen sich ebenso wie Menschen, die arbeitslos sind.

Eine Broschüre steht auf einem Tisch.

Die ersten 1000 Exemplare der neuen Broschüre machten (von links) Corinna Schell, Monika Hoos, Heike Trapphoff, Marita Besler (verdeckt), Jutta Klee und Maria Wesenberg versandfertig.

Stark zugenommen haben über die Jahre die Angebote für die Angehörigen. „Man musste ihnen erklären, woher das kommt“, erinnert sich Maria Wesenberg an die Gespräche mit Familien der von Aphasie Betroffenen schon vor vielen Jahren. Diese Notwendigkeit hat nach Auskunft der Beraterinnen eher zugenommen. „Die Ärzte haben immer weniger Zeit“, schildert Heike Trapphoff.

Ärzte und Therapeuten in Rhein-Sieg sollen die Selbsthilfe mitdenken

Und so fällt die Aufklärung vermehrt den Selbsthilfetreffen zu, wo die Gruppenmitglieder ihre Erfahrungen teilen. Das tun gleichermaßen pflegende Angehörige und stillende Mütter, Schmerzpatienten und Menschen im Ruhestand.

Damit möglichst viele Interessierte den Weg dorthin finden, gehören Ärzte ebenso wie Apotheken und Therapeuten zum Adressatenkreis für die neue Broschüre, die auch in Rathäusern oder Wartezimmern ausliegt. Jutta Klee: „Die Idee ist, dass die Selbsthilfe bei Ärzten und Therapeuten mehr mitgedacht wird.“