Haare schneiden im 30-Minuten-TaktDie Friseure im Rhein-Sieg-Kreis haben viel zu tun
Rhein-Sieg-Kreis – Stürmisch sieht die Frisur von Markus Söder aus, wenn der bayerische Ministerpräsident vor die Kamera tritt, beim Kollegen Andreas Scheuer wellt sich das Haupthaar im Nacken. Endlich das Grau herauswachsen lassen war im Friseurlockdown eine andere Alternative: Die monatelange erzwungene Schließung der Salons hat sichtbare Spuren auf den Köpfen der Republik hinterlassen. Umso größer war daher der Ansturm der Kundinnen und Kunden, dem sich die Coiffeure gestern am ersten Arbeitstag gegenüber sahen.
Arbeit im Halbstundentakt
Am traditionell freien Tag der Zunft sperrte Jürgen Roßbach (Roßbach und Friseure) bereits um 6.45 Uhr den Salon in Troisdorf auf, um 8.30 Uhr kamen die ersten Kunden. „Wir hatten schon vor 14 Tagen den Kundenstamm angerufen und das organisiert“, berichtet der Unternehmer. „Die nötigsten Sachen“ kamen zuerst dran – Färben hatte Vorrang. Zwei Stunden sind da schnell vorbei, anderes geht im Halbstundentakt.
Überstunden sind fest eingeplant, „um dem Ansturm gerecht zu werden, sind wir auch in den kommenden Tagen ab 7 Uhr da“. Für die Mitarbeiterinnen sei das kein Problem. „Die sind glücklich darüber, dass sie wieder arbeiten dürfen.“ Nach wie vor natürlich unter Beachtung der Auflagen: Zehn Quadratmeter je Person muss der Salon bieten können, für Roßbach und seine dreieinhalb Stellen bedeutet das einen auf die Hälfte reduzierten Durchlauf. Aber, so betont er: „Das kennen wir ja schon und sind gut eingespielt.“
Gescheiterte Selbstversuche
Wie es aussieht in seinem Salon an der Sankt Augustiner Lindenstraße? „Voll“, ist die Antwort, die Andreas Garweg (Gebler’s Friseure by Andreas Garweg) lachend gibt. Keine Frage, dass auch hier der Montag kein freier Tag war. „Wir werden in den ersten zwei Wochen von 8 bis 20 Uhr arbeiten“, kündigt er an. Danach aber werden er und das Team – zwei Angestellte und zwei Auszubildende – versuchen, wieder in einen normalen Takt zu kommen. „Es hat ja keinen Sinn, wenn dann einer umfällt“, noch dazu leide die Qualität der Schnitte bei Überarbeitung.
Davon hat Garweg am ersten Arbeitstag schon genug gesehen. „Viele Herren haben einfach wachsen lassen“, Selbstversuche mit dem Schneiden seien „eher schiefgegangen“. Bei den Damen sind breite graue Ansätze unverkennbares Zeichen für den langen Lockdown. „Es wird viele geben, die das jetzt rauswachsen lassen“; ein Schritt, zu dem der Friseurmeister gern rät. „Viele wollen das und trauen sich nicht.“ Für ihn bedeute das zwar Einnahmeverluste, „aber die gute Beratung baut mehr Kundenbindung auf“.
Drei Wochen ausgebucht
Spontan zum Friseur? Eine ganz schlechte Idee, sagt Carolin Meyer, Inhaberin von „Schöne Haare“ am Siegburger Markt. „Wir sind für die nächsten drei bis vier Wochen ausgebucht.“ Zumal ja auch hier weniger Kunden bedient werden können als normalerweise. „Zum Glück sind wir ja kein so großes Team, dass wir in Schichten arbeiten müssten“, sagt die junge Meisterin, die den Salon erst am 1. Januar 2020 übernommen hatte – mit einem großzügigen Vermieter: Wie schon im Vorjahreslockdown halbierte er ungefragt die Miete für Januar und Februar.
„Schon schön, wieder da zu sein“ ist es für die 29-Jährige, die sich mit ihrem Team auf lange Arbeitstage einstellt: Ab 8 Uhr werden sie in den kommenden Tagen färben, schneiden und Wellen, ausnahmsweise auch am Samstag bis zum Abend. Die Stammkunden haben Meyer und ihr Team in den zurückliegenden Wochen angerufen, „vor allem die, die vor Weihnachten eigentlich noch Termine hatten“ und nun schon besonders lange gewartet hatten. Auch für die „Wochenkunden“ sei es schließlich „wichtig, dass sie die Haare wieder ordentlich haben“.
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Apropos ordentlich: „Ganz schlimme Unfälle habe ich noch nicht gesehen.“ Missglückte Versuche des Heimfriseurs saßen bis Montagmittag noch nicht auf den Stühlen des Salons. Wohl aber Kundinnen, die „mal was ganz anderes haben wollen“. Wenn die Haare nun schon mal so lang sind.