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Sehnsuchtsorte in CoronazeitenIn Ostia Picknick bei Buticus – Husum lockt mit Storm

Lesezeit 4 Minuten
Ostia_Antica

Spektakuläre Ruinen: die Ostia Antica.

Rhein-Sieg-Kreis – Rom und Ostia Antica, Italien

Picknick bei Buticus, das brauche ich einmal im Jahr. Im Frühjahr, wenn in Deutschland noch der kalte Matsch an den Schuhen klebt und in Italien das Wetter schon nach T-Shirt und Sonnenbrille verlangt, ist es Zeit für Rom.

Meine langjährigste Freundin treffe ich in Termini. Wir trinken den ersten Espresso, ziehen unsere protestierenden Köfferchen über das Kopfsteinpflaster am Tiber zur Casa delle Donne in Trastevere. Wie haben wir es vermisst, das Hupen, Rufen, Reden, die knatternden Vespas, die Geschichte, die aus jedem Stück Asphalt wächst.

Frittierte Artischocken in Roms jüdischem Viertel

Es gibt frittierte Artischocken im jüdischen Viertel, Eis in der Gelateria Frigidarium, espressoumspielten Sahneberg im Caffè Capitolino mit atemberaubendem Blick über die Stadt. Wir essen Pasta, bis nichts mehr geht und der Kellner vorwurfsvoll auf die eine übrig gebliebene Nudel zeigt: „E questo?“

Roma

Typisch Rom: Gasse mit Vespa.

Ein Tag aber gehört immer Ostia Antica. Auf dem Weg zur Metrostation wandert der Blick zur Cestius-Pyramide. Nächstes Mal, ja, nächstes Mal sicher werden wir Keats und Shelley auf dem Campo Cestia wieder besuchen, aber jetzt wartet der Zug, der uns zum kleinen Bahnsteig bringt, mit den nistenden Schwalben, dem von Baumwurzeln angehobenen Bürgersteig.

Unser Weg führt durch die Nekropole vor der Porta Romana, vorbei an den Ruinen des römischen Feuerwehrhauses und des Amphitheaters. Wir gehen auf buckligen Straßen aus dicken Steinquadern tief hinein in den archäologischen Park, wo Schulklassen längst die Lust an der Geschichte verloren haben und hohes Gras die Jahrhunderte alten Mauerreste umspielt.

In der antiken Therme ist es still

Still ist es hier, nur von der nahen Schnellstraße kommt gleichmäßiges Rauschen. Flinke Eidechsen huschen über Steine und Statuen, der Fuß schiebt Sand und Erde beiseite und entdeckt kleine Mosaiksteine. Ein paar Stufen hinauf, um die Ecke durch einen Türdurchlass, und wir stehen in einer ehemaligen Therme, das Mosaik des Fußbodens verrät den Namen des Bademeisters: Buticus.

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Und dort, wo die Bewohner von Ostia einst schwitzten, wo Fabelwesen aus Fisch und Pferd Neptuns Wagen auf dem schwarz-weißen Bodenmosaik begleiten, da wird der Rucksack ausgepackt: Käse, Tomaten, Panino und Oliven vom Campo de Fiori. Der Marmor ist warm, die Augen werden schwer. Auszeit im Urlaub.

Husum und St. Peter-Ording, Schleswig-Holstein

„Es hatte sich in der Wasserreihe herumgesprochen, dass der Schiffer verschwunden war, und Gerüchte machten die Runde: Er sei in dunkle Geschäfte verstrickt . . . “1844, der junge Theodor Storm sucht einen Mörder. Tilman Spreckelsens Roman „Die Nordseefalle“ stimmt mich auf meinen nächsten Aufenthalt in der Wasserreihe ein.In der urigen Altstadtgasse mit ihrem groben Kopfsteinpflaster spiegelt sich Husumer Geschichte.

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Pfahlbau am Strand von St. Peter-Ording im Sonnenuntergang.

Hier steht das große Kaufmannshaus, in dem der alte Storm gewohnt und unter anderem die Novelle „Pole Poppenspäler“ geschrieben hat, heute ein Museum. Meine Ferienwohnung ist zwei Häuser weiter. Mindestens zwei Dutzend Mal war ich schon da. Meistens im späten Herbst, wenn sich die Touristen in der grauen Stadt am Meer nicht mehr gegenseitig auf die Füße treten und der alle Jahre wieder nach historischem Vorbild geschmückte Christbaum zu sehen ist, wenn man ins Wohnzimmer des einstigen berühmten Nachbarn lugt. Husumerei pur.

Der Pharisäer gehört zum Ritual

Es gibt Rituale. Dazu zählen der Labskaus am ersten Abend, die „Schietwetter“-Mütze, mit der sich Feriengäste als solche outen, der Besuch des nicht weit entfernten Roten Haubargs mit seiner irren Teufelslegende, den Pharisäer (oder doch lieber eine „Tote Tante“?), gern an Bord der MS Nordertor, die im Husumer Binnenhafen liegt, das Glas Glühwein auf dem schon aufgebauten Weihnachtsmarkt am Tine-Brunnen. Und natürlich die Abende mit den längst zu vertrauten Freunden gewordenen Wohnungsvermietern.

Die Serie „Sehnsuchtsorte“

Ab in den Süden, der Sonne hinterher, Gipfel stürmen oder lieber ans Wasser und Leinen los? Die zurückgewonnene Reisefreiheit erlaubt es uns, dahin zu kommen, wo wir aufatmen, glücklichen Momenten des Lebens nachspüren können. Zum Auftakt der Sommerserie „Sehnsuchtsorte“ erzählen drei Redakteure, wohin sie unbedingt (wieder) reisen wollen.

Haben Sie auch ein Lieblingsreiseziel? Wo zieht es Sie hin? In unserer Sommerserie „Sehnsuchtsorte“ geben wir Leserinnen und Lesern Gelegenheit, ihren favorisierten Urlaubsort vorzustellen. Die Beiträge werden in loser Reihenfolge veröffentlicht.

Schreiben Sie uns per Post oder per E-Mail, am besten mit einem Urlaubsbild und einem Porträt von Ihnen. Unser Fotograf kommt aber auch gern für eine Aufnahme und ein Repro zu Ihnen nach Hause. Die Adresse: Rhein-Sieg Rundschau/Rhein-Sieg Anzeiger, Neue Poststraße 15, 53721 Siegburg. (kh)

Ein Muss ist schließlich der Ausflug an den Urlaubsort meiner Kindheit, St. Peter-Ording. Am Marktplatz im Ortsteil Dorf beginnt der sandige Weg, der sich im sanften Auf und Ab zwischen Dünen und Schlafdeich windet, hinter dem sich reetgedeckte Häuschen ducken. Jedes Mal kommt es mir vor, als spazierte ich durch ein Bilderbuch. Die Einkehr ins Café schließt sich an, „Sehnsuchtsorte, Friesentorte“, sage ich.

Die Alternative ist eine ausgedehnte Strandwanderung, bei der mir einmal die schöne Aufnahme eines Pfahlbaus im Sonnenuntergang gelang. Auf die Vergrößerung blicke ich nun jeden Morgen nach dem Aufwachen. Klar, im Herbst geht’s wieder hin.