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„Fälle sind explodiert“Massive Krankheitswelle folgt auf den Karneval im Rhein-Sieg-Kreis

Lesezeit 4 Minuten
Die Kacheln in der Corona-Warn-App leuchten auf zwei Handys rot.

Über die Corona-Warn-App werden derzeit mehr „rote Kacheln“ verschickt – dann war eine infizierte Person in der Nähe.

Kaum sind die Karnevalstage vorbei, geht in der Region eine Krankheitswelle um. Wie es derzeit in Arztpraxen, Apotheken und Unternehmen aussieht.

Nach den Karnevalstagen sind die Wartezimmer vieler Hausärzte in der Region voll mit Patienten, die unter Atemwegserkrankungen leiden. Die Fälle sind in den letzten Tagen explodiert – „die Krankheitswelle ist da“, sagte Monika Baaken, Sprecherin des Hausärzteverbands Nordrhein, auf Anfrage dieser Redaktion. Die Zahl der Krankmeldungen habe sich in den vergangenen Tagen verdoppelt.

Für die nächste Woche rechnen die Hausärzte mit einem weiteren Anstieg der Krankheitsfälle. „Nach dem langen Karnevalswochenende wurden nun auch in den Büros, Schulen und Kitas Viren weiterverbreitet“, sagt Monika Baaken. Die Sprecherin des Hausärzteverbands appelliert: „Wer Krankheitssymptome hat, sollte zuhause bleiben. Außerdem müssen wir wieder verstärkt das anwenden, was wir in der Corona-Zeit gelernt haben, und konsequent auf die Hygienemaßnahmen achten.“

Zahl der Infektionen ist seit Monaten extrem hoch

Von einem „Potpourri an Erkrankungen“, spricht auch Dr. Jacqueline Hiepler, Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) im Rhein-Sieg-Kreis. Vor allem junge Patientinnen und Patienten frequentierten derzeit die Praxis. „In der Infektionssprechstunde haben wir derzeit rund ein Drittel mehr Patienten“, schildert Hiepler.

In ihrer Hennefer Arztpraxis können sie schon allein aufgrund der Größe mit der Situation umgehen. „Kleinere Praxen in der Region kommen in so einer Phase aber natürlich schnell an Grenzen“, sagt die Ärztin. Die Zahl der Krankheitstage sei derzeit sehr hoch. Von einer Welle, so Hiepler, könne sie derzeit aber nicht sprechen. Die Zahl der Infektionen sei seit einigen Monaten fast gleichbleibend extrem hoch.

„Die berufstätige Bevölkerung immunisiert sich seit September.“ Die gute Nachricht: Schwere Verläufe beobachtet Jacqueline Hiepler gar nicht mehr. In der Regel reichten schmerzstillende und fiebersenkende Medikamente zur Behandlung aus.

In den Apotheken des Rhein-Sieg-Kreises fehlen Medikamente

An dieser Stelle kommen die Apotheken ins Spiel, die weiterhin mit gravierenden Problemen bei der Verfügbarkeit von Medikamenten zu kämpfen haben. „Die Situation verschärft sich immer weiter“, sagt die Sankt Augustiner Apothekerin Ulrike Jüngel-Sandner, die zugleich als Sprecherin der Apothekerschaft im rechtsrheinischen Rhein-Sieg-Kreis fungiert. Sie müsse immer kreativer werden, um die Patienten vernünftig versorgen zu können.

Eine Frau steht in einer Apotheke.

Ulrike Jüngel-Sandner, Inhaberin der Augustinus-Apotheke und Sprecherin der Apotheken im rechtsrheinischen Rhein-Sieg-Kreis.

„Das ist echt unglaublich“, sagt Jüngel-Sandner. Da komme die Vielzahl der Erkrankungen nach den Karnevalstagen zur Unzeit. Viele Patienten kämen derzeit mit massiven Erkältungssymptomen in ihre Apotheke – und auch die Zahl der Corona-Fälle häufe sich deutlich. „Seit Mitte Januar hatte sich die Zahl der Fälle deutlich reduziert, aktuell erleben wir aber wieder einen richtigen Schub.“ Ihre Hoffnung setzt die Apothekerin auf die wärmere Jahreszeit. „Wenn die aktuelle Welle abflacht und der Frühling kommt, erleben wir hoffentlich etwas entspanntere Zeiten.“

Testzentren in Rhein-Sieg vermelden hohe Positiv-Quote

Deutlich weniger los ist bereits seit einigen Monaten in den Corona-Testzentren der Region. Nach den Karnevalstagen häufen sich aber auch hier die Nachweise einer Infektion. „30 bis 40 Prozent unserer Kunden sind derzeit positiv“, sagt Thomas Becker-Conrad, Personalleiter bei der Firma Medprodukt in Lohmar. Mit zehn Zentren war Medprodukt lange Zeit größter Anbieter in der Region. Die verbliebenen Teststellen in Lohmar, Bad Honnef und Hennef würden derzeit jeweils noch von rund 100 Menschen pro Tag aufgesucht (siehe „Testzentren machen dicht“).

Im ÖPNV und der Abfallwirtschaft bleibt der Krankenstand hoch

Die starke Häufung der Krankheitsfälle hat Einfluss auf das öffentliche Leben im Rhein-Sieg-Kreis. Besonders spürbar wird das für viele Menschen mit Blick auf die Rhein-Sieg-Verkehrsgesellschaft (RSVG). Bereits seit dem 5. Dezember hat die RSVG aufgrund von Krankheitsfällen ihren Fahrplan eingeschränkt. „Während und nach den Karnevalstagen ist der Krankenstand bei uns nochmal hochgegangen“, sagt RSVG-Sprecherin Melanie Matyschok.

Weil aber einige Kolleginnen und Kollegen wieder gesund oder aus dem Urlaub zurückgekehrt seien, sei keine Anpassung des Fahrplans notwendig. Dennoch sei es seit Ende des vergangenen Jahres schwierig, von dem hohen Krankenstand herunterzukommen. „Das hat derzeit schon eine Qualität, die wir so aus den vergangenen Jahren nicht kannten“, sagt Matyschok.

„Einen erhöhten Krankenstand“ verzeichnet auch die Rhein-Sieg-Abfallwirtschaftsgesellschaft (RSAG). Das bestätigt Sprecher Joachim Schölzel auf Anfrage. Noch führe dies nicht zu Einschränkungen bei der Müllentsorgung im Kreis. Aber: „Der Krankenstand erhöht sich derzeit von Tag zu Tag“, so Schölzel. Deshalb sei derzeit nur schwer abzusehen, wie es in einer Woche aussehe.