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Aktionstag im Rhein-Sieg-Kreis Mit Brötchentüten gegen Gewalt an Frauen

Lesezeit 3 Minuten
Mehrere Menschen stehen auf einer Treppe und halten Tüten sowie einen Brötchenkorb hoch.

Der Runde Tisch gegen Gewalt an Frauen, besetzt mit der Polizei, Frauenhäusern und Gleichstellungsbeauftragten, hofft mit der Aktion, viele Betroffene zu erreichen.

Am 25. November werden 200.000 Brötchentüten mit Telefonnummern für Frauen in Not verteilt.

Es beginnt bei Anschreien und Beleidigungen, es endet in Schlägen und sexuellen Übergriffen: Gewalt gegenüber Frauen steigt, das zeigen neueste Zahlen der Bundesregierung. Zum Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen lässt der Rhein-Sieg-Kreis ab kommenden Montag 200.000 Brötchentüten verteilen. Darauf stehen die Telefonnummern wichtiger Anlaufstellen, an die sich Frauen in Not wenden können.

Ab dem 25. November werden Brötchen und Teilchen in den besonderen Tüten ausgegeben. 18 Bäckereien und Backbetriebe nehmen mit ihren Filialen teil. Auf der Vorderseite der orangen Tüten steht „Gewalt kommt uns nicht in die Tüte“, auf der Rückseite sind elf Telefonnummern von Beratungsstellen aufgelistet, etwa die der Frauenhäuser in Bonn und dem Rhein-Sieg-Kreis, von Frauenzentren und Vereinen, aber auch von Beratungsstellen von Männern und Jungen.

Brötchentüten sollen wir ein niedrigschwelliges Angebot sein, sich Hilfe zu suchen

„Gleichberechtigung kann es nur geben, wenn auch Männer eingebunden werden. Wenn Jugendliche in konservative Rollenbilder gedrängt werden, steigt später das Gewaltpotenzial, weil sie Übergriffe für normal halten“, sagt Katja Milde, Gleichstellungsbeauftragte des Rhein-Sieg-Kreises. Jede dritte Frau habe in ihrem Leben Erfahrungen mit Gewalt gemacht, insbesondere in Partnerschaften.

„Denn die findet hinter verschlossenen Türen statt, niemand bekommt es mit, wenn ein Mann seine Frau oder Freundin verprügelt. Betroffene, zu denen auch Kinder gehören, leiden im Stillen“, sagt Milde. Gewalt habe viele Formen: „Es geht los mit anschreien, drohen, herabwürdigen, es kommt vor, dass das Einkommen überwacht wird. Darüber hinaus gibt es sexuelle Gewalt wie Vergewaltigungen.“

Oftmals trauten sich Betroffene nicht, sich jemandem anzuvertrauen. „Mit den Brötchentüten wollen wir ein niedrigschwelliges Angebot schaffen, sich Hilfe zu suchen. Es richtet sich nicht nur Frauen, sondern auch Bekannte, die von solchen Fällen wissen – auch Männer, die das nicht gut finden“, schildert Milde. Das Thema brauche jeden Tag Aufmerksamkeit, nicht nur am 25. November.

Im Rhein-Sieg-Kreis fehlen 94 Plätze in Frauenhäusern

Von ihrer Arbeit im Frauen- und Kinderschutzhaus Troisdorf berichtet Alexandra Fausten. „Wir können zwölf Frauen und bis zu 18 minderjährige Kinder bei uns aufnehmen, die von Gewalt oder Zwangsverheiratung bedroht sind.“ Durchschnittlich blieben sie sechs bis 12 Monate dort. „Die Zeit wird länger angesichts des angespannten Wohnungsmarkts.“

Die 2018 vereinbarte Istanbul-Konvention zum Schutz vor Frauen sehe vor, dass pro 10.000 Einwohnern 2,5 Plätze in einem Frauenhaus zur Verfügung stehen müssten. „Hochgerechnet auf den Rhein-Sieg-Kreis bedeutet das, dass 94 Betten fehlen“, sagt Fausten. Zusätzlich fehle es an Geld. Die Betroffenen müssten die Plätze, für die 19 Euro pro Tag fällig würden, selbst bezahlen. „Und das können sich viele nicht leisten.“

Mit den Brötchentüten, die ab Montag unter anderem in allen Kamps- und Gilgens-Filialen ausliegen, hofft der Runde Tisch gegen Gewalt an Frauen, möglichst viele Betroffene zu erreichen.