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AktionstageTroisdorfer Initiativen machen Front gegen Gewalt gegen Frauen

Lesezeit 3 Minuten
Eine Gruppe von sechs Frauen und zwei Männern hat sich zum Gruppenfoto aufgestellt. Sie tragen orange Plakate mit einer schwarzen zum Stopp gespreizten Handfläche.

Im Troisdorfer Cineplex-Kino stellten (von links) Kirsten Steinhoff-Fahadi, Zuleydy Reyes Reyes, Michael Brüggehagen, Jana Friesen, Petra Römer-Westarp, Antonella Maglieri, Frank Lang und Helena Graffé das Programm der Aktionstage „Stopp Gewalt gegen Frauen“ vor.

In den vergangenen fünf Jahren stieg die Zahl der Fälle von Gewalt gegen Frauen um 20 Prozent.

Charlotte war 14, als ein Mann ihr zum ersten Mal ein Nacktfoto auf ihr Handy schickte. Und sie war damit wahrhaftig nicht die einzige in ihrer Klasse, im Gegenteil: „Das ist normal geworden“, sagte Petra Römer-Westarp, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Troisdorf. Jede Jugendliche in diesem Alter bekomme derartige Fotos von älteren Männern zugeschickt.

Im Troisdorfer Beratungszentrum wächst die Zahl der Beratungen

„Leider muss man verzeichnen, dass auch 2023 wieder mehr Frauen von Gewalt betroffen waren“, berichtete Römer-Westarp bei der Vorstellung des Programms für die Troisdorfer Aktionstage „#orangetroisdorf Stopp Gewalt gegen Frauen“. Um 6,5 Prozent war die Zahl der bekannt gewordenen Fälle gegenüber dem Vorjahr gestiegen, in den zurückliegenden fünf Jahren stieg sie um fast 20 Prozent.

Zahlen, die in der Tendenz auch Zuleydy Reyes Reyes aus dem Frauenzentrum Troisdorf bestätigt. 1423 Einzelberatungen haben sie und ihre Kolleginnen 2023 geleistet, 696 Frauen suchten ihren Rat. Mehr als 40 Prozent berichteten von psychischer und körperlicher Gewalt. 15 Prozent waren sexualisierter Gewalt ausgesetzt. Im laufenden Jahr wurden bereits 217 Meldungen der Polizei über häusliche Gewalt an das Frauenzentrum geschickt – auch das ein Anstieg.

Es ist erschreckend, was Elfjährige schon erlebt und gehört haben
Antonella Maglieri, Verein Sozialpädagogische Familienhilfe

Dennoch wüssten viele Frauen nicht von der Existenz der Beratungsstelle. Mit der Ausstellung „Stark für Frauen“ in der Stadtbibliothek an der Kölner Straße (noch bis zum 30. November) wollen Reyes Reyes und ihre Kolleginnen das ändern.

Zum vierten Mal finden in diesem Jahr vom 18. bis 27. November die Aktionstage statt. Dazu gehört auch eine Veranstaltung des Vereins Sozialpädagogische Familienhilfe (Sofa). „Es ist erschreckend, was Elfjährige schon erlebt und gehört haben“, sagt Sofa-Geschäftsführerin Antonella Maglieri. „Schutz im Netz“ ist die zweistündige Veranstaltung für Teilnehmende von elf bis 18 Jahren überschrieben.

Troisdorfer Treff für junge Queers bietet kreative Aktion an

Mit einem Projekt zur Körperwahrnehmung wendet sich der Verein an Kinder zwischen sechs und zehn Jahren. Körpererfahrung sei der erste Schritt zu gelungener Prävention, ist Maglieri überzeugt. Kinder ab vier Jahren soll das Erzähltheater „Die Geschichte vom Mutig-Sein“ darin bestärken, Grenzen zu setzen und Nein zu sagen.

Dass nicht nur Frauen psychische oder körperliche Gewalt erfahren, stellte Helena Graffé vom Jugendtreff Q für queere junge Menschen klar. In Schule und Ausbildung würden viele bis heute diskriminiert, gerade in öffentlichen Verkehrsmitteln seien sie häufig Zielscheibe. „Wir werden kreativ gegen Gewalt“ ist die Veranstaltung überschrieben, mit der sich der Jugendtreff an den Aktionstagen beteiligt: Die Einladung zum Linoldruck auf Taschen gehe aber an alle Interessierten, betonte sie.

Kreativ wurden im Vorfeld der Aktionstage Schülerinnen und Schüler der Sternenschule in Spich: Mit ihren Lehrerinnen gestalteten sie eine orangefarbene Bank, die das Thema plastisch näherbringt. Die Aufstellung dieser Bank an der Kochenholzstraße in Spich gehört ebenso zum Programm der Aktionstage wie die Installation einer weiteren Bank, die Künstlerinnen aus dem Kunsthaus Troisdorf mit den Teilnehmenden der Sommerkunstschule entwickelt haben.

Dass Gewalt schon in der Sprache sogar unter Kindern beginnt, hat Kirsten Steinhoff-Fahadi, Leiterin des Mehrgenerationenhauses Haus International in Friedrich-Wilhelms-Hütte, wahrgenommen. Wie gewaltfreie Kommunikation funktioniert, sollen Kinder zwischen sechs und elf Jahren bei einem Workshop über „Giraffensprache“ lernen und üben können.

Erfolgsfilm aus Italien ließ „Barbie“ und „Oppenheimer“ hinter sich

Dass man ein ernstes Thema auch leichter angehen an, soll der Film „Morgen ist auch noch ein Tag“ zeigen, der im Troisdorfer Cineplex-Kino gezeigt wird. Die italienische Tragikomödie ließ bei den Zuschauerzahlen im vergangenen Jahr sogar die Blockbuster „Barbie“ und „Oppenheimer“ hinter sich.

Unterstützt wird die Aktion erneut vom Stadtsportverband, wie dessen stellvertretender Vorsitzender Frank Lang sagte: Er werde dafür sorgen, dass Plakate in allen Sportstätten hingen und das Thema auch bei den Vereinen ankomme. Das vollständige Programm mit allen Terminen und Veranstaltungsorten steht auf der Internetseite der Stadt Troisdorf.