„Sitzen auf den Kosten“Viele Karnevalsvereine in Rhein-Sieg warten auf Corona-Hilfen
Rhein-Sieg – Vor vier Monaten berieten Karnevalisten mit der Landesregierung über Brauchtum in Zeiten von Corona und sagten Straßenkarneval und Sitzungen ab. Fördertöpfe wurden geschaffen, um die Vereine zu unterstützen. Doch auf das Geld warten sie immer noch.
Funken Blau-Weiß Siegburg: Immer noch keine Antwort
Vier große Veranstaltungen haben die Funken Blau-Weiß Siegburg freiwillig abgesagt, um die Ausbreitung der Pandemie eindämmen zu helfen: die Herren-, Mädchen-, Kostüm- und Kindersitzung. Für alle hat Präsident Ferdi Büchel sowohl Bundes- als auch auf Landesmittel beantragt. 90 Prozent könnte der Bund erstatten, vom Rest könnte das Land wiederum 90 Prozent übernehmen. „Wenn wir Glück haben, bleiben wir nur auf einem Prozent der Kosten sitzen“, erläutert Büchel. Aber: „Wir haben immer noch keine Antwort.“
Ohne Antwort vom Bund kann er aber beim Land nicht vorstellig werden – ein Dilemma, das Büchel persönlich bei der Bezirksregierung in Arnsberg vortrug. Nun wurde die Frist für die Landesmittel vom 31. Mai auf den 31. Juli verlängert. Dann werde wohl eine Nachricht vom Bund da sein.
Dabei hatte er den Antrag für die Herrensitzung bereits im Januar gestellt: Angebote, Verträge, Rechnungen, E-Mails zum Kartenvorverkauf musste er beibringen. „Ein Wochenende sitzt man allein an der Beschaffung der Unterlagen.“ Denn große Sitzungen plant der Verein mit anderthalb Jahren Vorlauf. Mit einer hohen fünfstelligen Summe stehen die Siegburger bei Künstlern in der Kreide. „Wenn eine solche Summe bei uns hängen bleibt, dann sind wir in Schwierigkeiten“, sagt Büchel. Der geplante Anbau für die Wagenhalle wurde daher auf Eis gelegt.
Karnevalisten aus Oberlar ärgern sich über Schnellschuss der Politik
Über einen „Schnellschuss“ ärgert sich Paul Dobelke, 1. Vorsitzender und Präsident der „Fidelen Sandhasen“ Oberlar. Die Politik habe die Ehrenamtlichen zum „Inkassobüro“ gemacht. Ein Dreier-Team des Vorstands befasse sich seit Monaten mit dem Erstattungsantrag, die Ehreamtler müssten sämtliche Verträge online hochladen, um Geld aus dem Kultur-Sonderfonds erhalten zu können.
Für alle anderen Kosten sind Rechnungen einzureichen, „zig Nachfragen“ machten das Verfahren noch komplizierter. Dobelke: „Der Zweck des Vereins gerät völlig in den Hintergrund.“
Immerhin läuft es mit den Künstlern. Mit ihnen gebe es ein „gentleman’s agreement“: Die bekämen ihre Gage, wenn das Geld bei den Sandhasen auf dem Konto sei. Alle Rechnungen aber, die im Vorlauf zu drei geplanten Sitzungen entstanden sind, mussten beglichen werden. „Da sitzen wir auf den Kosten.“ Mit welchem Defizit die Oberlarer am Ende aus der Session 2021/22 gehen, steht noch in den Sternen. Der Kultursonderfonds erstatte nur 90 Prozent der Kosten für die Künstler, rund 8000 Euro blieben als Verlust beim Verein. Zumindest vorerst. Es solle wohl Antragsmöglichkeiten auch dafür geben. Was am Ende auf jeden Fall fehlen wird, ist der – kleine – Überschuss aus den Veranstaltungen, aus dem die Mehrzahl der Vereinsaktivitäten bestritten wird.
„Westerwaldsterne“ Uckerath: Noch 15 Anträge offen
Auch die Westerwaldsterne in Uckerath warten noch aufs Geld. Mit 10.000 Euro beziffert der Vorsitzende des Karnevalsvereins, Andreas Becker (45), die beantragten Mittel. Mit denen will man die Gagen der Kräfte bezahlen, die bei der ursprünglich geplanten Sitzung der „Sterne“ im Februar hätten auftreten sollen.
„Es war sehr kompliziert“, bestätigt Becker, die Antragstellung mit Registrierung noch im alten Jahr und Einreichung im Veranstaltungszeitraum seien mit viel Aufwand verbunden. „Aber es gab eine Hotline, da haben wir Informationen und Hilfe bekommen.“ Grundsätzlich sieht der Sterne-Chef die Möglichkeit der 90-Prozent-Erstattung positiv. „Man kann froh sein, dass man das bekommt. Ohne diese Hilfe, glaube ich, würde der eine oder andere Verein über den Jordan gehen.“
Die Westerwaldsterne haben laut Becker „auch von Künstlerseite“ her Erstattungen in insgesamt vierstelliger Höhe beantragt. Das Sterne-Tanzcorps, das über die Kreisgrenzen hinaus seit Jahrzehnten mit einer Kombination aus akrobatischer Show und klassischem Gardetanz erfolgreich ist, hatte nur wenige Auftritte. Dadurch fehlen Einnahmen, die etwa für die Instandsetzung oder Anschaffung von Uniformen nötig sind. Ein Betrag sei bisher ausgezahlt worden, berichtet Becker und dass eine weitere Bewilligung eingegangen sei. Mehr als 15 Anträge für entgangene Auftritte seien noch offen.