Fehlende Fahrerinnen und Fahrer, steigende Kosten und Gewalterfahrungen: Die privaten Busunternehmen im Rhein-Sieg-Kreis haben mit zahlreichen Herausforderungen zu kämpfen.
„Fahren in rote Zahlen“Private Busunternehmen im Rhein-Sieg-Kreis plagen viele Sorgen
Auf ihre Fahrzeuge treffen nicht nur regelmäßige Busfahrgäste. Auch Autofahrer begegnen ihnen täglich auf den Straßen an Rhein, Sieg und im Bergischen. Private Busunternehmer fahren fast auf 50 Prozent aller Linien im Auftrag der Rhein-Sieg-Verkehrsgesellschaft (RSVG). Eine Mobilitätswende ist ohne diese Betriebe kaum möglich. Dennoch plagen die Unternehmen Sorgen. Die drei größten im rechtsrheinischen Kreis haben sich auf Einladung dieser Zeitung zusammengesetzt und sie formuliert.
„Es gab Zeiten, da kamen Leute, um neben ihrem Hauptjob bei uns Bus zu fahren, weil sie Spaß dran hatten“, erinnert sich der Eitorfer Bernd Kolf. Heute sei es nicht nur schwierig, Fahrerinnen und Fahrer zu finden, sondern auch, sie langfristig zu halten. Ein Grund sei der Führerschein.
Der Job des Busfahrers kann auch in Rhein-Sieg gefährlich werden
Der sei mit 7000 Euro inzwischen „maßlos überteuert“. Voraussetzung sei der Führerschein fürs Auto, eine Qualifikation in Sach- und Fachkunde sowie eine Prüfung bei der Industrie- und Handelskammer. Mit sechs bis acht Wochen Vorbereitung müssten Arbeitgeber und Arbeitnehmer da schon rechnen, berichtet Ralph Willms aus Neunkirchen-Seelscheid. „Da ist schon eine Wahnsinnsbürokratie dahinter.“
Weil die Prüfungen auf Deutsch abgehalten würden, sei es schwierig, ausländische Fahrer zu engagieren, berichtet Guido Oettershagen aus Windeck. Er kennt Kollegen, die Mietwohnungen bauen, um Fahrer unterbringen zu können.
Ein weiteres Problem außer den langen Schichten, die sich bis in die Nächte ziehen, sei der Verdienst. Zwei bis drei Euro mehr pro Stunde halten die Busunternehmer für angemessen. Die aber müssten sie auf ihre Rechnungen schlagen. Das werde derzeit nicht akzeptiert. Zuweilen sei der Job des Busfahrers aber auch gefährlich, berichtet Bernd Kolf. Vor allem nachts, wenn bis spät Busse mit wenigen Fahrgästen unterwegs seien.
Mit der Mobilitätswende steigt der Bedarf an Arbeitskräften
„Neulich hat einer unserer Fahrer eine Gruppe Jugendlicher gebeten, nicht im Bus zu rauchen. Die sind dann ausgestiegen und haben uns eine Scheibe eingeworfen.“ Weil sie nicht ermittelt werden konnten, wurde das Verfahren eingestellt. Kolf: „Nicht das einzige.“
Noch, sagt Guido Oettershagen, könnten er und seine Kollegen ausreichend Busfahrer vorhalten. Aber der Bedarf steige mit der Mobilitätswende, während Beschäftigte in Rente gingen. Da werde es in den Stoßzeiten schon mal etwas eng, und die Unternehmer müssten selbst ans Steuer. „Wir sind immer für alle erreichbar“, berichtet der 35 Jahre alte Dominique Kolf.
Unternehmen halten Elektrobusse im ländlichen Raum für nicht profitabel
Probleme bereiten den Unternehmen auch die steigenden Kosten. Seit April 2022 bekommen sie zusätzlich zu den vereinbarten Vergütungen einen Dieselzuschuss. Aber nicht allein der Spritpreis sei gestiegen. Auch Ersatzteile schlügen stärker zu Buche.
„Wir fahren jeden Tag mehr in die roten Zahlen“, weiß Bernd Kolf, der zugleich davon überzeugt ist, dass der Öffentliche Personennahverkehr der Schlüssel zur Kohlendioxid-Einsparung ist. „Wir befördern 100 Leute mit 30 Litern pro 100 Kilometer“, rechnet der 64-Jährige vor.
Dass Elektrobusse sich im ländlichen Raum nicht rechneten, hat Dominique Kolf ausgerechnet. Weil Akkukapazitäten nicht nur im Winter, wenn geheizt werden muss, nicht reichten, hätten E-Busse längere Standzeiten. Statt einem wären zweieinhalb Fahrzeuge nötig, Investitionen von 1,5 Millionen statt 250.000 Euro. „Dabei kommt bei der Euro 6-Norm kaum noch was hinten raus“, klagt er. Hoffnungsträger für die Zukunft ist der Wasserstoffbus. Die Technik sei nicht neu, von der Politik aber lange nicht gewollt gewesen.