Illegaler Müll kostet Kommunen im Rhein-Sieg-Kreis jährlich etwa eine halbe Million Euro. Wir haben bei den Kommunen nachgefragt, wie sie dagegen vorgehen.
UmweltverschmutzungSo viel Geld kostet illegaler Müll die Kommunen im Rhein-Sieg-Kreis
Sperrmüll neben der Landstraße, Bauschutt im Wald - illegaler oder auch „wilder“ Müll ist für viele Kommunen in Deutschland ein Problem. Auch im Rhein-Sieg-Kreis kämpfen die Kommunen mit dem Dauerthema und haben dazu verschiedene Strategien entwickelt.
Für das Einsammeln von wildem Müll sind die Kommunen des Kreises eigenständig verantwortlich. Dies übernehmen die lokalen Bauhöfe. Die Entsorgungskosten sowie Personalkosten für den gesamten Rhein-Sieg-Kreis trage die RSAG, teilt Pressesprecher Philip Moll mit. Die RSAG stelle die anfallenden Kosten dann dem Kreis in Rechnung, letztendlich würden sie in die Abfallgebühren einkalkuliert und somit von den Bürgerinnen und Bürgern getragen. Im Jahr 2023 wurden im gesamten Kreis rund 977 Tonnen illegal entsorgter Abfälle eingesammelt, wie Moll berichtet. Es entstanden Kosten von rund einer halben Million Euro.
Wildkameras für mehr Umweltschutz
Typischerweise entstehen illegale Müllberge neben Altglas- und Altkleidercontainern, die etwas außerhalb der Ortschaften stehen. Das schildert Andre Rauer vom Neunkirchen-Seelscheider Amt für Gemeindeentwicklung: „Da finden Sie alles: Altkleider, die vor die Container statt hineingeworfen werden, Farben und Lacke, Öl, Bauschutt oder Dinge, die man einfach über den Sperrmüll entsorgen könnte.“
Solche kritischen Orte fahre das Abfallmobil des lokalen Bauhofes jede Woche ein bis zweimal an, sagt Rauer: „Ich verstehe auch nicht, warum die Leute das machen - es gibt ja auch viele günstige oder kostenfreie Möglichkeiten, den eigenen Müll zu entsorgen, ohne dass das auf Kosten der Allgemeinheit geht.“ Er hoffe, dass einige Menschen tatsächlich nicht wüssten, wie sie ihren Müll korrekt entsorgen könnten und man dem durch Aufklärung entgegenwirken könne: „Ich denke aber, dass das zu 99 Prozent einfach Faulheit ist.“
In den meisten Fällen könnten die Verursacher der Vermüllung nicht identifiziert werden, so Rauer: „Das ginge nur, wenn beispielsweise Versandadressen auf Kartons zu finden wären oder man jemanden auf frischer Tat ertappen würde - das passiert aber so gut wie nie.“ Kleineren Gemeinden wie Neunkirchen-Seelscheid fehlten zudem die personellen Ressourcen, um beispielsweise Mülldetektive einzustellen, sagt Andre Rauer.
„Was meiner Meinung nach am allermeisten helfen würde, wären abschreckende Maßnahmen“, betont Rauer. Dazu zähle zum Beispiel die Videoüberwachung der Standorte, „was aber aufgrund des Datenschutzes, der in Deutschland ja sehr hoch gehängt wird, so einfach nicht möglich ist“.
In Much wird das Problem mit Wildkameras gelöst. Auch hier stelle illegaler Müll wegen der ländlichen Lage ein großes Problem dar, sagt Lars Ehrenstein von der Gemeinde: Der Bauhof teile mit, „wo besonders häufig Müll hingekippt wird“. Das Aufhängen von Wildkameras im öffentlichen Raum sei rechtlich kein Problem, solange durch Schilder darauf hingewiesen werde und die Aufnahmen nach 36 Stunden gelöscht würden, so Ehrenstein. Zudem dürften die Bilder ausschließlich zur Beweissicherung genutzt werden.
Diese Strategie funktioniere jetzt seit knapp zwei Jahren, 2023 und 2024 seien durch die Kameras jeweils zwei Menschen überführt worden, erzählt Ehrenstein. „Wenn es sich um Grünabfälle handelt, wissen viele Leute vielleicht nicht, das umweltschädlich und daher verboten ist.“ In einem Fall habe jemand Kirschlorbeeräste im Wald abgelegt, deren Blätter für Rehwild giftig seien.
Mit der Methode der Videoüberwachung sei die Gemeinde Much zufrieden: „Nur so kriegen wir die Umwelt besser geschützt, anders funktioniert es leider nicht“, bedauert Ehrenstein. Die früher besonders häufig zugemüllten Orte seien seitdem sauber geblieben.
Auch im weniger ländlichen Sankt Augustin werden regelmäßig Vorfälle von wildem Müll gemeldet, die dann wegen fehlender Hinweise auf die Verursacher vom lokalen Bauhof entsorgt werden müssen, wie Pressesprecher Benedikt Bungarten mitteilt. Im Sommer dieses Jahres haben städtische Mitarbeitende bei einer Tour des Bauhofs an der Sieg rund 250 Kilogramm Müll aufgesammelt.
In Hennef spielt die Umweltverschmutzung durch illegalen Müll ebenfalls eine große Rolle: „Wälder, Flüsse, Weiden, Äcker sind die wesentlichen Fundorte. Müll einzusammeln ist sehr arbeits- und personalintensiv, da kein mechanisches Einladen möglich ist, wie beispielsweise bei Abfalltonnen“, schildert Pressesprecherin Mira Steffan.
Asbest, Pflanzenschutzmittel und Öle
Da unter den Abfällen immer häufiger umweltschädliche Stoffe wie Asbest, Pflanzenschutzmittel oder Öle vorkämen, belaste der Müll die Böden, so Steffan. In Hennef belaufen sich die jährlichen Kosten für die Entsorgung von illegalem Müll auf rund 150.000 Euro.
Um die Bevölkerung zu sensibilisieren, organisiert die Stadt einmal jährlich die Aktion „Hennef schwingt den Besen“, bei der Hennefer gemeinsam wilden Müll aufsammeln. Über die Seite „Bürger melden online“ oder die Citykey-App können Bürgerinnen und Bürger illegalen Abfall melden. In Neunkirchen-Seelscheid ist dies über den „Mängelmelder“ der Stadt möglich.
In Siegburg seien im laufenden Jahr 29 Meldungen über wilden Müll aufgenommen worden, sagt Stadtsprecher Jan Gerull. Diese bezögen sich meist auf zu früh abgestellten Sperrmüll oder auf nicht zum Sperrmüll gehörige Gegenstände, die bei einem angemeldeten Haufen „dazwischen geschmuggelt“ worden seien. Auch Meldungen über illegale Abfälle im Grünen gebe es regelmäßig, so Gerull.
„Mülldetektive haben wir nicht, aber der Außendienst des Ordnungsamts und die Bauhofkollegen halten die Augen offen und spüren eingehenden Hinweisen aus der Bevölkerung nach“, sagt Jan Gerull. Jährlich finde im März zudem der lokale „Stadtputztag“ statt, bei dem Bürgerinnen und Bürger ehrenamtlich wilden Müll einsammeln.
Troisdorf habe auf das sich verschärfende Problem mit verstärktem Personaleinsatz reagiert, teilt Stadtsprecherin Bettina Plugge mit. Eine Sachbearbeiterin für sogenannte Ordnungsstörungen befasse sich seit Juli 2024 unter anderem mit wildem Müll. Zu deren Aufgaben gehört es, einschlägige Beschwerden anzunehmen und zu bearbeiten, den Müll beseitigen, mögliche Verursacher ermitteln und gefährdete Flächen kontrollieren zu lassen.