AboAbonnieren

Historische ExkursionRuppichterother Wolfgang Eilmes zeigt Spuren der Nazi-Zeit

Lesezeit 4 Minuten

Die so genannte Hitlermauer in Waldbröl war eine Station auf der Fahrt in die Vergangenheit.

  1. Der Ruppichterother Heimatforscher Wolfgang Eilmes hat eine Exkursion angeboten, die zu Orten führt, die mit dem Nazifunktionär Robert Ley zu tun haben.
  2. Damit möchte er zeigen, wie leicht sich nationalsozialistische Strukturen in unserer Heimat entwickelt und verbreitet haben.
  3. Ein Interview.

Ruppichteroth – Die historische Exkursion „Mit dem E-Bike durch das ehemalige Leyland“ hat der Ruppichterother Wolfgang Eilmes (Jahrgang 1950) angeboten. Sie führte zu Orten, die mit dem Nazifunktionär Robert Ley zu tun haben, der im Oberbergischen zu Hause war. Über die Hintergründe sprach Annette Schroeder mit dem pensionierten Lehrer und Heimatforscher Eilmes, der auch das „Bilderbuch Ruppichteroth“ herausgibt.

Wie kamen Sie auf die Idee, eine Tour zu den Lebensstationen von Robert Ley anzubieten, der zeitweise zu den mächtigsten Politikern im Nationalsozialismus zählte?

Wolfgang Eilmes: Ich selbst bin eine Zeit lang in Waldbröl auf dasselbe Gymnasium gegangen wie damals Robert Ley, erfuhr aber in der Schule nichts über ihn. In den letzten Monaten habe ich viel zum Thema Kriegsende 1945 recherchiert. Dabei tauchte immer wieder der Name Ley auf. Außerdem bin ich in der Corona-Pandemie viel mehr als sonst E-Bike gefahren und dabei an den mir bekannten Orten vorbeigekommen, die an Ley erinnern. Und weil ich schon seit 15 Jahren Fahrradtouren zu diversen Themen durchführe, kam es zu diesem Angebot.

Welche Orte sind das?

Eilmes: Beispielsweise in Ruppichteroth die ehemalige evangelische Volksschule, die Ley besucht hat. Dann Gut Rottland, das er 1936 kaufte, mit dem noch erhaltenen imposanten Eingangstor und einer drei Meter hohen Skulptur eines Sämannes. Die sogenannte Hitler-Mauer vor den Ruinen der geplanten Hitler-Schule in Waldbröl oder dort auch das monumentale Gebäude, aus dem Ley das KdF-Hotel machen wollte. Heute beherbergt es das Europäische Zentrum für Angewandten Buddhismus.

Was wollen Sie mit dieser Tour vermitteln?

Eilmes: Dazu zitiere ich gern August Bebel: „Nur wer die Vergangenheit kennt, kann die Gegenwart verstehen und die Zukunft gestalten.“ Ich möchte zeigen, wie leicht sich nationalsozialistische Strukturen in unserer Heimat entwickelt und verbreitet haben. Der Name Robert Ley ist aber nur noch einigen Älteren bekannt. In Ruppichteroth spielt das Thema keine Rolle. Dabei betrieben ein Neffe und ein Großneffe bis 1989 eine Metzgerei an der Brölstraße, hier lebt noch eine Großnichte. Die Familien waren oder sind angesehene Geschäftsleute und Mitbürger und werden kaum in Zusammenhang mit ihrem Vorfahr gebracht. Das hat mir kürzlich auch Wilfried Ley, ein Großneffe Robert Leys, in einem Telefongespräch erklärt.

Wie ist die Resonanz auf Ihre Tour?

Eilmes: Mit insgesamt 40 Teilnehmern in drei Touren erstaunlich groß, wenn man bedenkt, dass man ja 50 Kilometer zu absolvieren hat und ein E-Bike besitzen muss. Viele der Teilnehmer sind gut vorbereitet und fragen kritisch nach.

„Mit dem E-Bike durch das ehemalige Leyland“ – der Titel klingt zunächst einmal harmlos, da denkt man an eine Freizeitaktion.

Eilmes: Das ist absolut nicht beabsichtigt. „Leyland“ – diesen Begriff habe ich vom Historiker Heinz-Wilhelm Brandenburger übernommen, auf den ich mich ebenso beziehe wie auf die Ley-Biographie des Ruppichterother Archivars Karl Schröder.

Brandenburger hat nachgewiesen, dass die Oberbergische Region eine Hochburg des Nationalsozialismus war, wofür der pietistische Protestantismus einen gewissen Nährboden geboten habe. Die Pastoren hatten einen großen Einfluss auf das Wahlverhalten ihrer Klientel.

Besteht allgemein eine Tendenz, die Ereignisse des Nationalsozialismus auf lokaler Ebene zu verdrängen, um die Verstrickung der eigenen Vorfahren auszublenden?

Eilmes: Das sehe ich nicht so. Die Nachfahren von Robert Ley etwa betrachten den Nazi-Funktionär aus kritischer Distanz. Es gab vor der Tour sehr wenige Mitbürger, die mein Projekt kritisierten. Ganz vereinzelt wurde die Forderung nach einem Schlussstrich erhoben. Andererseits wurde die Befürchtung laut, dass hier unfreiwillig eine Nazi-Größe womöglich verherrlicht werden könnte.

Was entgegnen Sie auf diesen Einwand?

Eilmes: Um Missverständnissen wie diesem vorzubeugen, habe ich vor jedem Tourbeginn eine persönliche Erklärung verlesen. Es geht keineswegs um die Verklärung einer verbrecherischen Person, vielmehr möchte ich einen Beitrag zur Aufarbeitung unserer Geschichte leisten und zeigen, wie die Landschaft den Funktionär Robert Ley empor trug – und umgekehrt: wie er die Region formte.

Das könnte Sie auch interessieren:

Als größenwahnsinnig, verrückt oder beeindruckend könnte man bezeichnen, was man heute von Robert Leys Projekten noch sehen kann: vor allem an den verschiedenen Stationen in Waldbröl, das er mit einem riesigen Volkstraktorenwerk zur größten Stadt zwischen Köln und Kassel machen wollte. Man darf aber nie vergessen, dass solche Pläne nur in einer Diktatur entwickelt und verwirklicht werden konnten.

Sehen Sie nicht die Gefahr, dass solch eine Exkursion vielleicht auch von Rechtsextremen vereinnahmt werden könnte?

Eilmes: Dafür sehe ich keinerlei Anzeichen. Ich meine, auch genügend Erfahrung damit gesammelt zu haben, wie man mit kontroversen Positionen umgeht.