Neun Wirbel brach sich eine junge Sankt Augustinerin im November bei einem Sturz vom Balkon. Vor dem Amtsgericht ging es um die Schuldfrage.
Prozess20-Jährige stürzt nach Streit in Sankt Augustin vom Balkon – Ex-Freund vor Gericht
Sie waren zwei Jahr lang ein glückliches Paar, der 24-Jährige auf der Anklagebank und die 20-Jährige im Zeugenstand. Vor dem Amtsgericht Siegburg schilderten beide fast übereinstimmend die schicksalhafte Nacht Ende November 2023, die mit einem Sturz vom Balkon der gemeinsamen Wohnung in Sankt Augustin endete. Wer war schuld? Darum ging es in der Hauptverhandlung.
Alles begann mit einem Missverständnis. Die angehende Erzieherin hatte sich mit einer Freundin in Köln getroffen, später kam ihr Lebensgefährte dazu mit einem Kumpel. Irgendwann sei die Freudin von ihrer Mutter abgeholt worden, und die beiden Männer waren verschwunden,schilderte die 20-Jährige. Sie wartete noch einige Zeit, machte sich dann allein auf den Heimweg. Musste noch,weil ihr Handy leer war, andere bitten, ihr eine Zugverbindung rauszusuchen.
Ihr Partner war nach eigenen Angaben davon ausgegangen, dass die Freundin sie nach Hause bringt. Die 20-Jährige lieh sich am Siegburger Bahnhof erneut ein Handy, rief ihn an, schreckte ihn aus dem Schlaf, er beschimpfte sie, sie lief weinend heim. Sie fand ihn und den Kumpel gegen 5.20 Uhr tief schlummernd, weckte den Freund und schrie ihn an, wie er sie denn behandele.
Sankt Augustinerin brach sich neun Wirbel und ihr Sprunggelenk
Dann eskalierte der Streit, sie wollte die Wohnung verlassen, er das verhindern. „Ich suchte nach einem Ausweg, ging in meiner Panik auf den Balkon“, schilderte sie. Sie kletterte über die Brüstung, klammerte sich noch ans Geländer, er habe versucht, ihre Hände festzuhalten, dann rutschte sie ab und fiel aus dem dritten Stock zu Boden.
Dabei brach sie sich neun Wirbel und ihr Sprunggelenk. Mehr als zwei Monate war sie arbeitsunfähig. Heute, sieben Monate später, gehe es ihr wieder gut, so die Zeugin, habe nur manchmal noch Rückenschmerzen. Auch die Beziehung zerbrach an diesem Samstag. Ihrem Ex-Freund gab sie zumindest eine Mitschuld an dem Unfall: „Er hatte ja nicht das Recht, meine Freiheit zu beschneiden“, sagte sie nachdenklich auf die Frage von Richter Herbert Prümper.
Das Verhalten des Angeklagten sei aber höchstens als Nötigung zu werten, so Prümper. Er habe weder eine vorsätzliche noch eine fahrlässige Körperverletzung begangen. Der 24-Jährige und die 20-Jährige zeigten sich einverstanden mit der Einstellung des Verfahrens. Der junge Mann, der im Bauhandwerk arbeitet und 1800 Euro netto verdient, muss 1000 Euro Geldbuße an seine Ex-Freundin zahlen. 500 Euro davon sind die Kaution, die er ihr noch schuldet, 500 Euro „eine Art Schmerzensgeld“, erklärte der Richter.