Die Stadt hat plötzlich einen Leitzaun für Amphibien aufgestellt.
ButterbergTierfreunde sprechen von Skandal

Der Butterberg ist auch ein Lebensraum. Andreas Fey (l.) und Achim Baumgartner, beide BUND, am Amphibienschutzzaun.
Copyright: Stefan Villinger
Die meiste Zeit ihres Lebens verbringen Amphibien außerhalb der Gewässer. Kröten, Frösche und auch Molche brauchen dafür sichere Rückzugsräume. Das sind zum Beispiel dichte Hecken mit Unterholz, Tierbauten und Steinverstecken. Davon gab es einige am Butterberg.
Die wurden aber jetzt von der Stadt radikal heruntergeschnitten. Für die Umweltaktivisten Achim Baumgartner und Andreas Fey vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) ist das „ein Skandal“. Wertvolle Sommer- und Überwinterungslebensräume der hier lebenden streng geschützten Arten seien zerstört worden. Insbesondere die dichten Brombeerhecken gehörten dazu.
Die Stadt Sankt Augustin möchte das Gelände weiterentwickeln. Unter anderem hat das Deutsche Zentrum für Luft und Raumfahrt (DLR) dort ein Grundstück erworben, um eine große Testhalle zu bauen. Es wurde ein Bebauungsplan aufgestellt. Dagegen hatte der BUND geklagt. Ein Eilantrag des BUND dazu vorab wurde abgelehnt. Stadt-Pressesprecher Benedikt Bungarten: „Das Gericht hat bestätigt, dass der Bebauungsplan nicht gegen artenschutzrechtliche Verbotstatbestände hinsichtlich bestimmter Amphibien- und Vogelarten verstößt.“
Die Umweltschützer haben schon seltenen Laubfrösche auf dem Butterberg entdeckt
„Nach der Eilentscheidung des OVG Münster im Normenkontrollverfahren zum Bebauungsplan Butterberg, das den Eilantrag des BUND abgewiesen hatte, hat die Stadt Sankt Augustin den Beschluss überinterpretiert“, entgegnet Achim Baumgartner. „Ausdrücklich nicht entschieden hat das Gericht nämlich über die vom BUND in Zweifel gezogene Eignung der bisher im Bebauungsplan festgesetzten Artenschutzmaßnahmen.“ Das eigentliche Hauptsacheverfahren stehe noch aus.
Andreas Fey zeigt Fotos von Laubfröschen, die er mehrfach in den dichten Brombeerhecken beobachten konnte. Sie nutzten die Dornengewächse, um sich zu sonnen und Insekten zu fangen. „In ganz Europa wird um den Lebensraum dieses seltenen Tieres gekämpft, hier wird er einfach vernichtet“, kritisiert er.
Aber auch andere streng geschützte Arten nutzen im Winter die Verstecke unter dem Brombeerschutz. Der Landlebensraum der Amphibien insgesamt sei bisher im Bebauungsplanverfahren von der Stadt nicht ersetzt worden, argumentieren die Naturschützer.

Der Butterberg ist auch ein Lebensraum, vorn eine Hecke, hinten eine gestutzte Hecke.
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Nun hat die Stadt einen Amphibienzaun quer vor dem von Andreas Fey im vergangenen Jahr angelegten Biotopkomplex aufgebaut. Dieser war eigentlich von der Unteren Naturschutzbehörde der Stadt bis auf Weiteres untersagt worden. Amphibien, die vom Butterberg zu den Laichgewässern abwandern wollen, werden nun daran gehindert, ihre Laichgewässer am Robinienwäldchen zu erreichen. „Dadurch entsteht ein massiver Artenschutzverstoß“, sagt Achim Baumgartner. „Das wird auch nicht überwunden, wenn am Zaun, wie Stadt in Aussicht stellt, nachträglich einzelne Einstiegsrampen aufgebaut werden.“
Die Stadt sieht das aufgestellte Amphibienleitsystem als eine Artenschutzmaßnahme
Um die Interessen seiner zweckgebunden und von Land finanziell unterstützten Gewässerbiotope zu schützen, hat Fey am Freitag einen Brief an den Bürgermeister mit der Bitte adressiert, „dem Artenschutz Rechnung zu tragen und den Zaun zu entfernen, oder wenigstens für die Zeit der Wanderung zu öffnen“. Kein Tier wolle zu diesem Zeitpunkt auf den Butterberg, alle nur in Richtung Wasser.

Diesen Laubfrosch am Butterberg in Sankt Augustin haben Umweltschützer fotografiert.
Copyright: Andreas Fey
Stadtsprecher Bungarten dazu: „Das Amphibienleitsystem wird als Artenschutzmaßnahme vor Beginn der baulichen Umsetzung im direkten räumlichen und funktionalen Zusammenhang vorgenommen und ist in den textlichen Hinweisen des Bebauungsplans enthalten. Es stellt sicher, dass die Amphibien zu den Laichgewässern, aber anschließend nicht wieder zurück in die ursprünglichen Winterquartiere im Plangebiet gelangen können.“
Das Leitsystem sei in Abstimmung mit der Unteren Naturschutzbehörde durch ein Fachunternehmen unter Begleitung städtischer Mitarbeitender sowie eines ökologischen Baubegleiters geplant und eingerichtet worden.
Da von der Stadt Sankt Augustin bisher keine Reaktion auf die geäußerte Bitte vorliegt, sieht Andreas Fey die einzige Möglichkeit, erneut in einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren. Die Rücknahme des Zaunes soll im Laufe der Woche bei Gericht erwirkt werden.
Den Leiter des Dezernat 4 des Rhein-Sieg-Kreises, dem auch das Amt für Umwelt- und Naturschutz untersteht, informierte Andreas Fey bereits persönlich am Telefon über das bevorstehende Eilverfahren zum Schutz der Arten am Butterberg, wie er der Redaktion mitteilt. „Die Zeit drängt“, sagt Andreas Fey. „Bei den aktuellen Temperaturen sind die ersten Tiere bereits unterwegs.“