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Die Kenner der kleinen KunstwerkeDie besondere Welt der Exlibris

Lesezeit 3 Minuten

Die umfangreiche Sammlung an Exlibris von Anne und Volker Büsing birgt auch Arbeiten, die in Siegburg oder Troisdorf in Auftrag gegeben wurden.

  1. Ein Exlibris ist ein in Bücher eingeklebter Zettel oder ein Stempel, der zur Kennzeichnung des Eigentümers dient.
  2. Das Ehepaar Anne und Volker Büsing hat eine große Sammlung der kleinen Kunstwerke angelegt.
  3. Was Exlibris so besonders macht und warum die Eheleute so von ihnen fasziniert sind.

Siegburg/Herne – Benedictiner-Bitter, Alter Schwede, Parfait d’amour, Abteilikör, mit solchen Spezialitäten aus seiner Dampfkorn-Brennerei im Haufeld wurde Heinrich Richarz (1872 bis 1938) zu einem der angesehensten Unternehmer Siegburgs. Und offensichtlich war er stolz auf seinen Betrieb: Er gab ein Exlibris in Auftrag, um es seinen Büchern beizulegen, eine Lithographie, die seinen Namen und die nötigen Gerätschaften zum Destillieren zeigt.

Ein Jahrhundert später ist der kleine Druck ein Fall für die Exlibris-Forscherin und Sammlerin Anne Büsing in Herne. Sie kommt dem Eigner des Blatts auf die Spur und auch dem beauftragten Künstler, der sich damals mit einem schlichten „B“ verewigte. Für Anne Büsing reicht das. Der Buchstabe stehe für Paul Bürck (1878 bis 1947), der zur Darmstädter Künstlerkolonie zählte und vom Jugendstil geprägt war.

Umzug ins Ruhrgebiet

Die Recherche, die in einen kleinen Aufsatz zu dem Exlibris mündete, führte die Forscherin zurück in ihre Kindheit: Geboren in Witten, hatte sie nach dem Umzug der Familie nach Siegburg das dortige Mädchengymnasium besucht und später ihren Mann Volker kennengelernt, der in Bonn Medizin studierte. Seines Berufs wegen zogen der Chirurg und die Fremdsprachensekretärin ins Ruhrgebiet.

Als Detektivarbeit bezeichnet Anne Büsing (78) ihre Passion gern, „das ist sehr spannend“. Beide entdeckten die fantastische Welt der Exlibris mit ihren unerschöpflichen Stilrichtungen, Symbolen und Metaphern. Ein Freund vermachte ihnen noch zu Lebzeiten einen Teil seiner Exlibris-Sammlung, nach seinem Tod konnten sie den gesamten Bestand mit vielen Tausend Drucken erwerben, den sie weiter ausbauten.

Abbildungen variieren im Aufwand stark

„Ein Exlibris kann viel über seinen Besitzer aussagen“, stellt die Forscherin fest, Noten etwa könnten auf einen Musikliebhaber hinweisen, Landschaften auf einen Naturfreund. „Je mehr man über den Besitzer weiß, umso besser kann man seine Schlüsse ziehen.“ Mitunter sind die Arbeiten einfach gehalten, dann gibt etwa eine Abbildung von Burg Wissem einen Hinweis auf Troisdorf oder die Heinzelmännchen auf Köln. Andere Exlibris zeigen ganze Mikrokosmen mit Anspielungen auf Chemie, Botanik, ausgefallene Berufe oder Gestalten aus der griechischen Mythologie.

„Eigentlich bekommt man es mit allen Themen zu tun, die es gibt“, sagt Volker Büsing (76). Das Ehepaar hat eine bewährte Arbeitsteilung: Während sie schreibt, übernimmt er die digitale Aufbereitung der Sammlung. Die Expertise von Anne Büsing kam unter anderem der Universität Rostock zugute, als diese maßgeblich an der Schrift „Alumnen und ihre Exlibris“ über Absolventen der Hochschule mitwirkte.

Kunstwerke werden getauscht

„Die Jahre 1880 bis 1920 waren die Hochzeit der Exlibris, die gehörten zum guten Ton“, stellt die Expertin fest. Aber bis heute halten Forscher, Künstler und Sammler in der „Deutschen Exlibris-Gesellschaft“ das Kulturgut hoch. Der Umgang mit den kleinen Kunstwerken hat sich gewandelt: Sammler legen sie kaum noch ihren Büchern bei, sondern nutzen sie von vornherein als Tauschobjekt.

Anne Büsing erläutert das folgendermaßen: Bei einem Künstler wird eine Auflage von beispielsweise 50 Stichen, nummeriert und handsigniert, in Auftrag gegeben. Zehn davon bleiben im Besitz des Sammlers, die restlichen 40 setzt man ein, um die Sammlung zu erweitern.

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Besonders angetan hat es dem Ehepaar, wie manche Künstler auf ihren Auftraggeber eingehen, mit Humor und gezielten Nachfragen zur Skizze und schließlich zum gelungenen Exlibris kommen. Immer wieder wurde das Ehepaar selbst zum Kunden, und Anne Büsing bewies Selbstironie: Ein Exlibris von Egbert Herfurth zeigt sie als Bettlerin auf einer Schatztruhe sitzend, aus der die Objekte ihrer Sammlerbegierde nur so hervorquellen.

www.exlibris-deg.de