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Anwohner verärgertFassade am Kaiser-Carré in Siegburg wurde nicht ausgestaltet

Lesezeit 4 Minuten
Ein Mann auf einem bepflanzten Balkon vor einem großen Wohngebäude

Anwohner Albert Lohmar ärgert sich über aufgemalte Scheinfenster auf dem Technikgebäude des Kaiser-Carrés und so einiges andere.

Anwohner an der Theodor-Heuss-Allee finden sich in einer bedrückenden Hinterhofsituation wieder

Ende 2021 ging ein Aufatmen durch die Innenstadt, als Bagger endlich die verwahrlosten Bauten neben Kaufhof abbrachen. Jetzt verhüllen Planen die beeindruckenden sieben Stockwerke des Kaiser-Carrés, das im Herbst eröffnet werden soll. Doch wo Licht ist, ist bekanntlich auch Schatten, vor allem aus Sicht von Bettina Knappe und Albert Lohmar, die unmittelbare Nachbarn sind und an der Theodor-Heuss-Allee im gemütlichen Backsteingebäude eines umgebauten Bauernhofs leben.

„Man fühlt sich wie im Knast“, bringt es Bettina Knappe auf den Punkt, „es war vorher schöner.“ Die Wand des Technikgebäudes des Kaiser-Carrés, auf die die beiden jetzt blicken, sei sehr bedrückend. „Industriemäßig, wie eine Fabrik“, findet die Nachbarin. Morgens fehle die Sonne komplett, später knalle sie auf die Wand. Im Sommer könnte die Luftzirkulation fehlen und sich Hof aufheizen, fürchtet sie.

Kaiser-Carré in Siegburg: Nachbarn befürchten neugierige Blicke

Vom Balkon aus fällt der Blick jetzt in den U-förmigen Innenhof des Kaiser-Carrés, der auf den zwei Etagen ruht, die für Gewerbe geschaffen wurden. Zur Theodor-Heuss-Alles hin ragt die Rückwand des Technikgebäudes mehr als zwölf Meter hoch. Beide fragen sich, ob sie jetzt ihre Veranda umgestalten und blickdichter machen müssen, wenn die Wohnungen bezogen werden und sie selbst neugierigen Blicken preisgegeben werden. „Wir warten mal ab, wie sich das entwickelt“, sagt Albert Lohmar.

„Wir waren in der glücklichen Situation, dass wir auch in Seligenthal eine Wohnung haben“, erinnert sich Lohmar an die Hochphase der Bauarbeiten. „Um 7 Uhr fingen die mit dem Hämmern an und hörten um 17 Uhr wieder auf.“ Da sei das Ausweichquartier bitter nötig gewesen. Seit dem Richtfest im September vergangenen Jahres habe der Baulärm deutlich nachgelassen. „Jetzt ist das erträglich.“

Planungszeichnung für ein siebenstöckiges Wohn- und Geschäftshaus mit einem langgezogenen Anbau

Blindfenster sah eine Planung vor, die im Fachausschuss präsentiert wurde.

Farbige Rechtecke statt Blindfenstern mit Rahmen und Glas

Wenig Verständnis hat Lohmar für die Gestaltung des rückwärtigen Technikgebäudes. Es ist in zwei verschiedenen hellen Grautönen gestrichen, in dunklem Grau abgesetzt sind rechteckige Feldern, die wohl die Anmutung von hohen Fenstern haben sollen. Lohmar fragt sich, warum man an diesen Stellen – und auch an der Theodor-Heuss-Allee – keine Blindfenster mit richtigen Rahmen und Glas eingesetzt hat, wie sie etwa am Lidl-Markt zur Wilhelmstraße hin zu sehen sind.

Er ärgert sich auch über billige Bleche, die an den Übergangen zwischen seinem Haus und dem Technikzentrum befestigt wurden. Er hätte sich gewünscht, dass man zuvor wenigstens darüber geredet hätte. Untersuchen lassen will er noch feine Haarrisse, die sich im Mauerwerk seines Hauses gebildet haben, möglicherweise bei den Rammarbeiten für das Fundament des Kaisercarrés.

Die Fassade eines Discounters mit vorgetäuschten Glastüren.

Blindtüren lockern am Lidl-Markt in Siegburg die Fassade auf.

Tatsächlich hatte der Technikanbau noch im März 2021 die Kommunalpolitik beschäftigt: Nach Gesprächen zwischen Investor, Politik, Stadtverwaltung und Anwohnern wurde die Höhe von 15 Metern auf 12,25 bis 12,75 Meter reduziert. Bei einer Computergrafik, die im Planungsausschuss gezeigt wurde, sind Blindfenster deutlich zu erkennen.

Das Technikgebäude des Kaiser-Carrés wurde bereits zum Politikum

Ein Mitarbeiter des Kölner Büros Schulte Architekten hatte gezeigt, wie die Monotonie der Fassaden durch die Blindfenster durchbrochen werden sollte. Das Büro war einer Bitte der Stadtverwaltung nachgekommen, die Planung für den sehr massiv wirkenden „Technik-Riegel“ noch einmal zu überarbeiten.

Der Stadtrat kam wegen des Vorhabens gar zu einer Sondersitzung zusammen, auf Antrag der Siegburger Bürgerunion (SBU). Albert Lohmar fragt sich mittlerweile, warum man das Kaiser-Carré nicht niedriger geplant hat: Außer AOK und Aldi-Süd haben sich bislang noch keine gewerblichen Mieter gefunden.

Kaisercarré an der Siegburger Kaiserstraße

Kaisercarré an der Siegburger Kaiserstraße

Wünschenswert wäre nach Ansicht des Ehepaars auch eine Begrünung der Fassade. Der Investor Pareto habe in Aussicht gestellt, ein großes Spalier zuzulassen, an dem sich Efeu, Wein oder andere Kletterpflanzen empor ranken könnten. Über die Pflege, die Pareto nicht übernehmen wolle, sei man sich aber in der Nachbarschaft nicht einig geworden.

Für Begrünung gab es keine Auflagen, jetzt fürchten Anwohner Erwärmung

Bedauerlicherweise habe es für eine Begrünung keine Auflagen gegeben. Das Ehepaar befürchtet jetzt, es könne wegen des fehlenden Grüns im Sommer zu heiß werden. Die Kreisstadt hat zwar für Fassadengrün einen Preis ausgeschrieben. „Kann man nicht auch mal proaktiv sein?“, fragt sich aber unterdessen Bettina Knappe. „Der Klotz“ trage zur Erwärmung der ganzen Innenstadt bei.

Stefan Krause, bei Pareto als Projektleiter für das Kaiser-Carré zuständig, verweist auf die Baugenehmigung: Die ausgemalten Flächen sind seiner Darstellung nach als gestalterisches Element zur Auflockerung der Fassade ausreichend. Eine Begrünung würde sich auf dem Grund der Anwohner befinden, da das Technikgebäude genau der Grenze stehe. Dort würde sie in die ohnehin schmale Gasse ragen, die Bewohner brauchen, um ihre Häuser anzufahren.