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GraffitiSo gestalteten Siegburger Schüler 360 Quadratmeter Bauzaun

Lesezeit 3 Minuten
Zwei Jungen und ein Mädchen stehen vor einem Bauzaun, der mit bunten Graffiti bedeckt ist. im Hintergrund ist eine Klosterkirche auf einem Berg zu sehen.

Die Projekt-Teilnehmer Helena Mester (12), Gustavo Veleso Andrade (11) und Emit Baran (12) vor Grafittis und imposantem Hintergrund

Ein Jahr lang gestalteten Jugendliche aus dem Theater Tollhaus in Siegburg einen Bauzaun an der Großbaustelle für den Bildungscampus Neuenhof

Es bedürfe nicht mehr als eines Sofas, eines Foyers, eines Publikums, das Kunst wertschätzt und eines Gläschens Sekt. „Und schon befinden wir uns in einer Vernissage und haben das Gefühl: Ja, Kunst, hinter der mehr steckt als nur Fassadenbeschmutzung.“ Vizebürgermeisterin Dr. Susanne Haase-Mühlbauer zog ein motivierendes Fazit zum Projekt „Work In Progress - Bauzaun 2.0“ des Jugendkunsthaus Theater Tollhaus.

In Siegburg entstand eine ansprechende Graffiti-Meile

Das beschäftigte sich ein Jahr lang damit, dem Bauzaun am künftigen BildungsCampus Neuenhof eine museale Optik angedeihen zu lassen. Schülerinnen und Schüler vom Schulzentrum Neuenhof lernten unter Anleitung der Projektbetreuer Christoph Wolff und Erika Rifinius, wie man Wandflächen mit Sprayfarben erfolgreich bearbeitet, um daraus eine ansprechende Graffiti-Meile werden zu lassen.

Bei der Vernissage in der Sporthalle Neuenhof stellte Studiobühnen-Chef René Böttcher das Projekt den Gästen vor. Hierfür wurden zwei Räume mit goldenen Pfosten, roten Absperrseilen, Fotos, Kunstinstallationen sowie einem Flanierteppich, bei dem das obligatorische Rot gegen bemalte Folien der jungen Künstler ausgetauscht worden war, in eine mondäne Galerie verwandelt.

Eine Gruppe von Menschen betrachtet Graffiti-Kunst auf einem Bauzaun. Sie stehen in hohem Gras.

Die Kunst am Bauzaun stieß bei der Vernissage auf Interesse der Besucher.

Böttcher bemühte Pathos und maß dem Projekt zukunftsweisende Bedeutung bei: „Wenn Politik dafür da ist, zu gestalten und Probleme zu lösen, dann vielleicht auch das Problem von Normalität im Sinne von Mittelmaß, Anspruchslosigkeit, Haltungslosigkeit und dem Verlust von Mitgefühl.“ Diesem Wahnsinn könne nur mit Phantasie, Kreativität und Kunst begegnet werden. „Überall da, wo jemand an einem Bauzaun eine Dose in die Hand genommen hat, ist mehr geschaffen worden als nur buntes Holz. Hier wurde Hirn gestaltet“, so Böttcher.

Die 360 Quadratmeter bunter Bauzaun seien nicht nur Ausdruck von „Ich-habe-mal-gesprüht“, sondern es seien „360 Quadratmeter Hirngestaltung.“ Böttcher, der über die Schüler respektvoll als Künstler sprach, mahnte: „Wenn ich nichts tue, keine Ideen und keine Visionen habe, bleibt die Welt wie sie ist.“ So sei mit dem Projekt, „die Welt im Kleinen zum Besseren verändert worden.“

Eine blonde Frau schaut durch ein Loch in einem bunt bemalten Bauzaun.

Aktive der Theaterakademie Tollhaus in Siegburg gestalteten den Bauzaun am Schulzentruum Neuenhof

Christoph Wolff reflektierte in seiner Rede die zwölfmonatige Schaffenszeit. Er erinnerte an den Winter, als die Düsen der Farbdosen eingefroren waren, oder an „Unfälle“, bei denen besprühte Jacken die Opfer waren. Wolff unterstrich das „Vom-Ich-zum-Du-zum-Wir“, den Gemeinschaftssinn, der an den Zaunkunstwerken Hinweise auf die jeweiligen Urheber und Bilder-Titel überflüssig machte.

Junge Siegburger machten auch Anleihen bei Keith Haring

Am Zaun werde die Welt der Kinder gezeigt, die dort zur Schule gehen, sagte Wolff. Die jungen Talente hätten die Welt bunt werden lassen und damit klar Stellung zur Frage bezogen, wo man denn leben wolle: „In einer Welt, in der ein Zaun unsere Wege bestimmt, oder in einer bunten Welt?“

Die Projekt-Teilnehmer Helena Mester (12), Gustavo Veleso Andrade (11) und Emit Baran (12) präsentierten den Gästen mit Wolff und Rifinius beim Rundgang die Ergebnisse. Eine fesselnde Vielfalt, großflächig oder filigran, farbenprächtig oder monochrom war entstanden. In der sind Anleihen bei Keith Haring oder Jean Michel Basquiat ebenso auszumachen wie bei Figuren und Motiven aus Comics oder Computerspielen.

Gleichwohl sind es individuelle Unikate, die vor allem Begeisterung am Schaffen vermitteln und Optimismus sowie Lebensbejahung illustrieren. Nach der Führung durften sich die Gäste als Graffiti-Sprayer versuchen und wurden nun selbst zu „Hirngestaltern.“