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Insulinpumpe zerstörtLandgericht schickt aggressiven Siegburger Bettler in Haft

Lesezeit 2 Minuten
Landgericht_Bonn

Das Bonner Landgericht (Symbolbild)

Bonn/Siegburg – Das Urteil quittierte der 47-Jährige mit einem bösen Blick zum Richter: Ein Jahr und neun Monate soll er hinter Gitter, so das Strafmaß der 2. Großen Strafkammer des Bonner Landgerichts – wegen sieben Straftaten, darunter Nötigung, Körperverletzung, Sachbeschädigung sowie Missbrauch von Notrufen.

„Aggressives Betteln war am Rand von Erpressung“

Der Kammervorsitzende Wolfgang Schmitz-Justen erklärte: „Ihre Sozialprognose ist grottenschlecht.“ Aber das Wichtigste sei, dass der Angeklagte einen Drogen- und Alkoholentzug mache. Die Abhängigkeit sei Grund für seine Ausraster ab Sommer 2018. Die Kammer hat seine Unterbringung in eine Entzugsklinik angeordnet.

Grundlos hatte der Obdachlose fremde Menschen mit Tassen, Keksen oder auch 20-Cent-Stücken beworfen, was er gerade in den Händen hielt. Oder um sich geschlagen und geschubst und seine Wut gezeigt. Auslöser waren fast immer sein Betteln, vor allem dann, wenn es erfolglos war. „Ihr aggressives Betteln war hart am Rand von Erpressungen. Wenn das noch einmal passiert, gibt es richtig Ärger“, warnte ihn Schmitz-Justen.

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Am schlimmsten getroffen hatte es eine Ärztin vor dem Siegburger Krankenhaus: Vor Antritt ihres Dienstes wurde sie von hinten mit einem dicken Kaffeebecher am Rücken getroffen. Dabei wurde eine Insulinpumpe zerstört, die die Diabetikerin am Körper trug. Den Schaden musste sie selbst tragen, die Krankenkasse hat ihn nicht übernommen. Der Angeklagte hatte sich im Prozess besonders für diesen Fall entschuldigt.

Die Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik – auch das hatten die Bonner Richter geprüft – kam am Ende nicht in Frage. Jemandem die Freiheit nehmen sei ein sehr einschneidender, meist lebenslanger Eingriff. Die juristischen Anforderungen seien hoch.

Bei dem Angeklagten, der mittlerweile gegen seine psychotischen Ausfälle medikamentös gut eingestellt sei, müsse man nicht befürchten, dass er richtig Schlimmes mache. Seine kriminellen Ausrutscher seien eher Straftaten mittleren Grades.

Der Angeklagte habe es jetzt selbst in der Hand, mit dem Betteln aufzuhören und sich seinen Traum von Sesshaftigkeit zu erfüllen. Immerhin hatte der 47-Jährige seinen letzten Ausraster am Siegburger Bahnhof als Notruf eines Obdachlosen beschrieben: Im Mai 2019 hatte er mit einem Tritt gegen den Knopf eins Feuermelders einen Rettungseinsatz ausgelöst. „Ich wollte ein Notsignal senden.“ Danach war er festgenommen und in einer psychiatrischen Klinik versorgt worden.