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KindheitstraumJungunternehmer haucht alten Kaugummiautomaten neues Leben ein

Lesezeit 4 Minuten
lolliolli automat

Im klassischen Retro-Rot präsentiert der Siegburger Oliver Post seine Kaugummiautomaten, gut gefüllt mit Kaugummis, Kleinspielzug und so genannten Glubschis. 

  1. Die Automaten sind verschwunden. Was ist aus dem Kult von damals geworden?
  2. Oliver Post hat das Thema beschäftigt. So sehr, dass er nun alte Kaugummiautomaten instand setzt.
  3. Wie läuft das Geschäft? Kommt die Idee auch bei den Kindern von heute gut an?

Siegburg – Schnapsidee oder Kindheitstraum? Es ist ein bisschen von beidem. Oliver Post ist seit kurzem stolzer Besitzer von alten Kaugummiautomaten. „Als Kind konnte ich da über mein Taschengeld frei verfügen und Ware erwerben, ohne dass ich mit fremden Erwachsenen sprechen musste“, erinnert er sich. „Die Automaten sind aber aus dem Stadtbild verschwunden.“ Das hat er bemerkt, als er mit Freunden beim Stadtfest gewesen ist, und sie sich in lustiger Runde gefragt haben: „Was ist aus unseren Kindheitserlebnissen geworden? Warum gibt es keine Kaugummiautomaten mehr?“

Die Automaten sind verschwunden

Mit seinem Segellehrer hat Post ein paar Tage später gesprochen. Und der berichtete ihm, dass er genau solche Geräte befüllt und betrieben hat. In einem Lager habe er noch einige stehen, andere hingen rund um den Nürburgring. „Gib mir das!“ – war der erste Impuls des 44 Jahre alten Siegburgers, der im anstrengenden Hauptberuf Notfallkonzepte für Krankenhäuser entwickelt. Der Alt-Unternehmer zierte sich. Doch irgendwann kam die Frage: „Willst du sie haben?“ Post überlegte nicht lange, die beiden einigten sich auf eine kleine, symbolische Ablösesumme: „Die wird nicht verraten.“ Das war die Geburtsstunde von LolliOlli.

lollioli bei der arbeit

In der Werkstatt an den Automaten arbeiten ist zeitintensiv.

Im Lager, das er gleich mit anmieten konnte, standen noch einige Automaten aus den 60er und 70er Jahren, die meisten schon lange ausgemustert. „Wie bekommst du das ans Leben?“, fragte sich der 44-Jährige. Wochenlang beschäftigte er sich bei Online-Recherchen mit dem Thema, wandte sich an den Verband der Automaten-Aufsteller, las Umwelt-, Gesundheits- und Hygienevorschriften. In Bayern hat er inzwischen einen Kontakt, der noch viele Bravo-Automaten aus den 60er Jahren hat. Die beiden tauschen sich aus.

Kinder für Umfrage befragt

Als alter Marketing-Fuchs – das hat er studiert – ist er an zwei Samstagen herumgelaufen und hat Kinder befragt, was sie denn wollen und wie viel Taschengeld sie zur Verfügung haben. „Das habe ich so lang gemacht, bis es für mich repräsentativ war.“ Am Ende war ihm klar: „Es gibt einen Markt dafür.“ Allerdings sind die Aufsteller alle alt, sehen ihre Geräte manchmal jahrelang nicht mehr.

lolliolli alt neu

Aus Alt mach Neu.

Post machte sich mit seinem Verkäufer auf die Runde, um sein neues „Imperium“ kennenzulernen. Die Standorte liegen alle rund um den Nürburgring. Oder viel mehr lagen, denn zwei Drittel der angekündigten Automaten waren verschwunden, durch Neubauten oder Abriss von Häusern, an denen sie mal hingen. Immerhin gibt es noch zahlreiche Gehäuse mit ein bis fünf Automaten. Die macht der „Jungunternehmer“ jetzt wieder fit.

Zwischen zehn und elf Stunden arbeitet er in seinem Hauptberuf, am Abend hängt er noch mal zwei bis vier Stunden dran, schraubt, klebt, bastelt. „Ich will den Kult wiederbeleben.“ Aber ihm ist auch klar: „Damit Geld verdienen zu wollen, ist eine reine Illusion. In den kommenden Jahren werde ich 0,0 damit verdienen.“ Stattdessen muss er noch einiges investieren.

lolliolli automaten

Eine Sammlung von Kaugummiautomaten.

In den sozialen Medien bekommt Oliver Post viel positive Rückmeldung für seine Idee, jeder verbindet offenbar etwas damit. Seine Partnerin ist ebenso begeistert wie sein Freundeskreis. Die tüten ehrenamtlich Kaugummis ein, verpacken Glubschis und Prinzessinnenschmuck in Kapseln. Die Bestandsautomaten will er möglichst schnell in den Kreis bringen. Dafür sucht er noch Standorte. Er will sie ausschließlich an Privatobjekten anbringen, in Lagen mit Laufkundschaft, gerne in der Nähe von Schulen oder Bushaltestellen. Weit über 100 Angebote hat er bislang bekommen, acht erwiesen sich als geeignet. „Wenn ich die Geräte auffülle, ist das immer ein Event“, erzählt Post.

Weg vom Plastik

Derzeit beschäftigt er sich damit, von den Plastikkapseln wegzukommen. Ein Bekannter reist nach Asien und will dort nach Bambuskapseln Ausschau halten. Eine weitere Vision: An Orten, an denen Kinder leben, die nicht so viel Geld haben, will er Zehn-Cent-Automaten aufstellen, damit auch sie die Chance haben, ein Kaugummi zu ziehen, der so sauer ist, dass es einem den Mund zusammenzieht.

www.lolliolli.de