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Das Ende der AktenbergeSo will das Amtsgericht Siegburg digital werden

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Auf seinem Computer kann Richter Jens Peter Akten bearbeiten. Ein Monitor an der Wand zeigt das Ergebnis an. 

Siegburg – Schwere Schritte auf dem Gerichtsflur, schnaufend betritt ein Mann in schwarzer Robe den Saal und wuchtet einen Aktenstapel aufs Pult für den nächsten Strafprozess. Hunderte Seiten Papier eingeheftet in Pappdeckel, zusammengehalten von einem Paketgurt, rund einen halben Meter hoch und sechs Kilo schwer.

Die Schlepperei soll allerdings bald der Vergangenheit angehören; in Zivilsachen hat die Zukunft jetzt schon begonnen, erklärt Richter Jens Peter, der tagtäglich mit Datensticks und Tablet, Beamer und Bildschirm hantiert.

Amtsgericht Siegburg: Einführung der elektronischen Akte

Peter ist Projektleiter für die Einführung der elektronischen Akte am Siegburger Amtsgericht, beauftragt vom Landesjustizminister. Er soll zugleich lernen und lehren, Begeisterung erwecken und Skeptiker überzeugen. Denn am papierlosen Büro führt langfristig kein Weg vorbei, auch wenn so mancher befürchte, dass der Computer den Überblick bei komplexen Fallakten mit Gutachten, Anträgen, Protokollen, Beweislisten und -fotos erschwere. Und wie, bitteschön, soll man denn am Bildschirm blättern?

„Das geht“, demonstriert Peter und zeigt auf das große, weiße Display, wirft mit einem Tipp auf seiner Tastatur eine Musterakte an die Wand. Hakt ab, macht Randnotizen, setzt Lesezeichen, kann markieren und auch verlinken, fertigt Vermerke nach gesetzlichen Vorgaben, unterzeichnet, beglaubigen und stempelt sogar ab – mit virtuell verschlüsselten Signaturen.

Virtuelle Verhandlungen

Moderne Technik wird am Amtsgericht Siegburg jetzt schon von Fall zu Fall in Prozessen eingesetzt. Im Strafrecht können Opfer von Gewalttaten ihre Zeugenaussage in einem Nebenraum tätigen, die dann elektronisch in den Gerichtssaal übertragen wird. Auch Zeugenvernehmungen im Ausland sind so möglich.

In Zivilverfahren würden viele Anwälte gern von ihrem Schreibtisch aus die Vertretung ihrer Mandanten wahrnehmen, um Zeit und Aufwand zu sparen und – wegen Corona – die Gesundheit zu schützen, berichtet der Gerichtssprecher Christoph Turnwald. Im Zuge der Digitalisierung erhält das Siegburger Amtsgericht nun die nötige Videokonferenz-Technik für virtuelle Verhandlungen.

Die großen Bildschirme können auch gut in Hauptverhandlungen mit vielen Beteiligten genutzt werden, um zum Beispiel Fotos von Tatorten oder von Unfällen für alle Anwesenden sichtbar an die Wand zu werfen. Das macht das bisherige zeitraubende Hin und Her von Verteidigern, Staatsanwaltschaft und Gutachtern zur Akteneinsicht am Richtertisch überflüssig. (coh)

Zugriff erhalten die Berechtigten über eine persönliche Signaturkarte, ihre Kartenlesegeräte müssen Peters und Kollegen also auch dabeihaben, wenn sie zu Hause arbeiten, was in Pandemiezeiten immer häufiger passiert. „Eine komfortable Möglichkeit zu arbeiten“, sagt der Projektleiter. Nachteil: Beim Lesen am Bildschirm ermüden die Augen schneller. Bis 2026 soll die Justiz nur noch mit elektronischen Akten arbeiten. Pilotgerichte erproben in einzelnen Rechtsgebieten die Praxis, danach schwärmen Multiplikatoren, die die Fallstricke aus der eigenen Lernphase kennen, als Wissensvermittler zu den anderen Behörden aus.

Vorreiter für Erbschaftsangelegenheiten wird das Siegburger Nachlassgericht in den kommenden Monaten. „Das wird spannend“, sagt Peter, der viele offene Fragen hat. Zum Beispiel zu Testamenten. Die müssten ja nach Rechtslage zwingend in Papierform vorliegen.Trotz fortschreitender Digitalisierung wuchs der Papierverbrauch im Amtsgericht in den vergangenen Jahren stark an. Man könnte auch sagen: wegen der Digitalisierung. Vor allem die Anwälte setzten zunehmend auf den elektronischen Schriftverkehr, für die Papierakten muss bislang noch alles ausgedruckt werden. Dafür wurden vor einigen Jahren Hochleistungsdrucker angeschafft und in einem eigenen Raum im Erdgeschoss platziert, so der Gerichtssprecher Christoph Turnwald.

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 Scannen in der Wachtmeisterei mit den Justizbeamten Jakob Schröder und Kerstin Wölken

Jetzt läuft einiges umgekehrt, ist die Wachtmeisterei nicht nur für die Einlasskontrolle, das Vorführen von Angeklagten aus der Arrestzelle im Keller und die Postverteilung zuständig, sondern auch fürs Scannen, also den Transfer der Papier-Post ins Computersystem.

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Die Blätter landen aber nicht im Reißwolf, sondern in der Geschäftsstelle, wo die alte Zeit noch spürbar ist. In den Monatsfächern wird alles, sortiert nach Aktenzeichen, ein Jahr lang aufbewahrt.