In Siegburg vor GerichtSankt Augustinerin hilft mit Geldwäsche bei „Love Scamming“
Siegburg – Mit Liebesschwüren lässt sich Reibach machen. Die so genannten Love Scammer, die einsamen Menschen übers Internet die große Liebe und große Notlagen vorgaukeln, nutzen oftmals fremde Konten, um die Summen in dunklen Kanälen verschwinden zu lassen. Wie das einer 30-Jährigen aus Sankt Augustin, die sich jetzt wegen Geldwäsche vor dem Schöffengericht verantworten musste.
Sie hatte ihre Bankverbindung zur Verfügung gestellt, registrierte die Zahlungseingänge, mal 5000, mal 50.000 Euro, hob kleinere Summen in bar ab und überreichte sie ihrem Auftraggeber, der wie sie aus Nigeria stammt, wo laut Justiz und Recherchen unter anderem der Wochenzeitung „Die Zeit“ ganze Dörfer von der Masche leben.
Sankt Augustinerin hat knapp 100.000 Euro gewaschen
Insgesamt knapp 100.000 Euro aus Betrugstaten wurden so von April 2018 bis März 2020 gewaschen – bis zur Hausdurchsuchung der Polizei. Nach ihren Angaben erhielt sie zehn Prozent, das Gericht vermutete eine noch höhere Provision, konnte ihr das jedoch nicht nachweisen.
Love Scamming
Nur selten landen Fälle von „Love Scamming“ vor Gericht. Viele Geschädigte würden sich schämen, dass sie sich durch vorgegaukelte Liebe ausnehmen ließen, in Einzelfällen sogar Wertgegenstände verkauften oder sich verschuldeten, so die Erfahrung von Richter Ulrich Wilbrand. Andere wollten trotz zahlreicher gegenteiliger Hinweise an die Existenz und die Zuneigung des ersehnten Partners oder der ersehnten Partnerin glauben, den sie niemals persönlich kennenlernten. Sie hegten unter Umständen jahrelang die Hoffnung auf eine gemeinsame Zukunft. Unter den einsamen, betrogenen Herzen finden sich sowohl Männer wie Frauen. (coh)
Die verheiratete zweifache Mutter, die seit acht Jahren in Deutschland lebt und ein Im- und Export-Geschäft mit afrikanischen Lebensmitteln betreibt, hatte ihren Auftraggeber hier kennengelernt. Er habe ihr Geld geliehen, damit sie nach dem Tod ihres Vaters zur Beerdigung nach Nigeria fliegen konnte, im Gegenzug wollte sie ihm einen Gefallen tun.
Teil des Love Scamming war die Angeklagte wohl nicht
Sie habe anfangs nichts von den illegalen Geschäften gewusst, diese später aber in Kauf genommen, sagte die Angeklagte, die den Mittäter namentlich nannte. Er lebte in Remscheid, sei aber mittlerweile nach Belgien umgezogen, nach ihrem Wissen nach Antwerpen.
Urheberin der Lügengeschichten war sie wohl nicht, weder auf ihrem teuren Handy noch auf ihrem Notebook fanden die Ermittler Hinweise, so ein Hauptkommissar im Zeugenstand. Die Sache ins Rollen gebracht hatten Frauen, die auf Partnersuche im Internet waren. Eine überwies gutgläubig 14.000 Euro als „Darlehen“ für den Kauf eines Autos; eine andere 20.000 Euro, um dem „Geliebten“, den sie nur durch E-Mails kannte, bei angeblichen Geschäften mit Aserbaidschan aus der Klemme zu helfen. So viel Geld, machte er ihr weis, verlangte der türkische Zoll als „Lizenzgebühr“. Zwei weitere Überweisungen von 19.000 und 18.000 Euro ließ die misstrauisch gewordene Geschädigte allerdings rechtzeitig zurück buchen.
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Zwei Firmen aus dem westfälischen Hagen und aus Südkorea wurden ebenfalls betrogen. Mit einer E-Mail mit gefälschtem Briefkopf teilten die Betrüger mit, dass sich die geschäftlichen Kontodaten geändert haben, und leiteten so Zahlungen im Warenverkehr in Höhe von rund 63.000 auf das Konto der Angeklagten um.
Die 30-Jährige sei „Teil einer Betrugsmaschinerie“ gewesen, aber „nicht reich geworden“, konstatierte der Vorsitzende Richter Ulrich Wilbrand. Da die vierköpfige Familie zeitweise hauptsächlich von der Geldwäsche gelebt habe, sei die Tat als „gewerbsmäßig“ einzustufen. Das Gericht blieb unter dem von der Staatsanwaltschaft geforderten Strafmaß von zwei Jahren auf Bewährung und verhängte ein Jahr und sechs Monate, die die Frau allerdings aufgrund einer positiven Sozialprognose in Freiheit verbringen darf.
Wenn sie jemals zu Geld kommt, muss sie Schadenswiedergutmachung leisten. Ein Betrag von 99.097,26 Euro unterliegt der Einziehung als „Wertersatz“.