Autor Tim Pröse hat für sein neues Buch mit den Kindern der Hitler-Attentäter um Graf von Stauffenberg gesprochen und liest in Siegburg.
Lesung in SiegburgBestsellerautor begleitete die Kinder der Widerstandskämpfer gegen Hitler
Vor 80 Jahren versuchte eine Gruppe von Offizieren um Graf von Stauffenberg, Adolf Hitler mit einer Bombe zu töten. Das Attentat am 20. Juli 1944 scheiterte, mehr als 200 Beteiligte und Mitwisser wurden entweder sofort hingerichtet oder in Konzentrationslager gesperrt, ihre Familienangehörigen massiv drangsaliert.
Für sein neues Buch „Wir Kinder des 20. Juli. Gegen das Vergessen: Die Töchter und Söhne des Widerstands gegen Hitler erzählen ihre Geschichte“ (Heyne Verlag, 368 Seiten, 22 Euro) sprach Bestseller-Autor Tim Pröse mit zwölf Kindern dieser Widerstandskämpfer über das Schicksal ihrer Väter und dessen Auswirkungen auf ihren eigenen Lebensweg. Am 23. Oktober liest Pröse in der Stadtbibliothek in Siegburg. Mit ihm sprach Markus Peters über die Recherchen zum Buch.
Auto begleitete die Kinder der Hitler-Attentäter zwei Jahre lang
Der Widerstand im Nationalsozialismus ist ein Thema, das Sie Ihr gesamtes Berufsleben begleitet hat. Was war Ihr Anspruch, als Sie „Wir Kinder des 20. Juli“ begonnen haben?
Tim Pröse: Mir geht es darum, die Geschichten der letzten Zeitzeugen dieses Widerstands festzuhalten, ihnen ein „Denkmal aus Zeilen“ zu errichten, ehe es zu spät ist. Leider sitzt mir die Zeit im Nacken. Deshalb habe ich die Kinder dieser Helden des 20. Juli zwei Jahre lang begleitet und porträtiert. Auch sie sind für mich „Leuchtturm-Menschen“, die uns aus dem Dunkeln Lichtzeichen geben. Denn diese Nachkommen tragen das Licht und die Energie ihrer ermordeten Väter weiter, auch 80 Jahre nach deren Tod. Ich finde es wunderbar und ermutigend, dass all diese Ideen, dieser Einsatz nicht mitgestorben sind. Mit meinen Lesungen will auch ich das Feuer dieser Menschen weiterreichen.
Sie stellen Ihre Bücher bei vielen Gelegenheiten vor. Was ist Ihr Eindruck, wie werden die Akteure des Widerstands heute wahrgenommen? Unterscheidet sich diese Wahrnehmung im Westen von der im Osten Deutschlands?
Ich war inzwischen an 250 Schulen im gesamten Land, auch mit meinen Veranstaltungen zu Sophie Scholl und Oskar Schindler. Daher kann ich mit einem gewissen Glücksgefühl festhalten, dass die Kinder und Jugendlichen heute empfindsam sind und sich für diese wichtigen historischen Persönlichkeiten begeistern können. Im Osten ist es tatsächlich etwas rauer, etwas schwieriger, diese Menschen nahezubringen. Aber ich lasse da nicht locker, erst recht nicht seit dem Überfall auf Israel am 7. Oktober 2023, seitdem viele Schüler behaupten, dass Israel ihr Feind ist und die Juden vertrieben gehören.
Wie empfinden die Angehörigen ihre Familiengeschichte? Als Belastung, Aufgabe oder Herausforderung?
Als junge Menschen hatten sie oftmals nicht verstanden, dass ihr Vater sein Leben für ein anderes, besseres Deutschland geben musste. Häufig waren sie sogar wütend auf ihn. Aber über die Jahre wandelte sich das oftmals in Freude und Stolz darüber, dass der Vater etwas ganz Großes gewagt hat und bereit war, dafür alles zu geben. Das Handeln der Akteure war von einer ethischen Grundhaltung bestimmt, für die sie ihr eigenes Leben hintanstellten.
Vermissen Sie diese Grundhaltung heute?
Natürlich vermissen wir alle diese ethische Grundhaltung, die Zeiten sind härter und kälter geworden. Das nutzen die Feinde unserer Demokratie aus, um Stimmung zu machen und Hass zu schüren. Genau gegen diesen gefährlichen Trend stellen sich die Kinder des 20. Juli, indem sie Mitmenschlichkeit und Moral verkörpern.
Tim Pröse liest in der Stadtbobliothek Siegburg
Tim Pröse, geboren 1970 in Essen, lebt als Autor und Journalist in München. Er schrieb Titeö woe „Jahrhundertzeugen. Die Botschaft der letzten Helden gegen Hitler“ und „ . . . und nie kann ich vergessen – ein Stalingrad-Überlebender erzählt“. Des Weiteren veröffentlichte er Bücher unter anderem über Dieter Hallervorden und Mario Adorf.
Am Mittwoch, 23. Oktober, 19 Uhr, stellt Tim Pröse sein Buch „Wir Kinder des 20. Juli“ in der Stadtbibliothek Siegburg, Griesgasse 11, vor. Der Eintritt für die Lesung kostet zehn Euro, Karten gibt es in der Bibliothek im Kulturhaus, Griesgasse 11, sowie an der Abendkasse.