Vor GerichtPolizisten kämpfen mit Drogensüchtigem in Siegburger Fußgängerzone
Siegburg – Was sich am Nachmittag des 7. Juli vergangenen Jahres in der Siegburger Bahnhofstraße abspielte, war erschreckend. Passanten sahen, wie zwei Männer mit einem weiteren Mann am Boden rangelten, ihn zu bändigen versuchten, sogar zu zweit auf ihm saßen. Und es floss Blut.
„Ich habe noch nie einen Menschen gesehen, der sich so gewehrt hat“, schilderte ein 54 Jahre alter Augenzeuge am Montag die Szene vor dem Schöffengericht. Der 31-Jährige, der sich laut Aussage „unmenschlich“ zur Wehr setzte, musste sich wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte, fahrlässiger Körperverletzung und des Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verantworten.
Es waren zwei Polizisten auf Zivilstreife, denen ein starker Marihuana-Geruch in die Nase stach, als sie dem jungen Mann aus Sankt Augustin nebst einem Begleiter in der Fußgängerzone begegneten. Als sie die beiden kontrollieren wollten, hätten diese versucht zu fliehen, berichtete einer der Beamten. Einem sei dies auch gelungen. Drei, vier Minuten lang man mit dem anderen gerungen, versucht, ihn zu fixieren, und Passanten gebeten, über den Notruf 110 Verstärkung anzufordern.
Mehrfach ins Gesicht geschlagen
Der Angeklagte habe sich „massivst“ gewehrt, mit den Füßen nach hinten getreten, mit dem Ellbogen um sich geschlagen, sei immer wieder aufgestanden. Um den Widerstand zu brechen, habe er ihm schließlich mehrfach ins Gesicht geschlagen, sagte der Polizist, der eine Prellung erlitt und sich, wie sein Kollege, die Knie aufschürfte.
Sein Mandant habe ordentlich was abgekommen, sagte Verteidiger Bernd Arnold. „Er sah aus, wie nach elf Runden mit Klitschko.“ Wegen einer Fraktur des Orbitabodens am linken Auge war der Festgenommene anderthalb Tage im Krankenhaus, danach ging es für einen Monat in Untersuchungshaft.
Kontrolle im Bahnhof
Fünf Tage vor dem Zwischenfall in der Fußgängerzone war er bereits nachts im Siegburger Bahnhof kontrolliert worden, weil er keine Schutzmaske trug. Auch dort verhielt er sich „unkooperativ“, wie ein Beamter der Bundespolizei aussagte. Auf der Wache fand man in der Bauchtasche, die der damals 30-Jährige trug, 13 Päckchen Marihuana und eine Feinwaage. Bei der anschließenden Durchsuchung seiner Wohnung wurden weiteres Marihuana und ein Klumpen Haschisch entdeckt.
Besagte Bauchtasche spielte auch bei der blutigen Auseinandersetzung in der Bahnhofstraße eine Rolle. Vergeblich hatte der 30-Jährige versucht, die Tasche seinem Begleiter zu übergeben, ehe der davonlief. Wieder befanden sich Drogen darin.
In der Gerichtsverhandlung räumte der Angeklagte den Besitz der Betäubungsmittel ein. Er besorge sich diese ausschließlich für den Eigenkonsum in Bonn-Tannenbusch. Wenn er 50 Gramm auf einmal kaufe, sei dies deutlich billiger als die Abnahme kleiner Portionen. Die Feinwaage habe er dabei, um das Gewicht zu prüfen.
Eigenkonsum oder Drogenhandel?
Die Staatsanwaltschaft beschuldigte den Angeklagten, mit den Drogen gehandelt zu haben, und beantragte eine Haftstrafe von zwei Jahren und drei Monaten. Die Eigenbedarfsaussage sei eine Schutzbehauptung. Es habe kein Handeltreiben gegeben, hielt der Verteidiger entgegen, der außerdem den Vorwurf der fahrlässigen Körperverletzungen als „weit hergeholt“ bezeichnete. Sein Mandant, der seit der U-Haft nachweislich drogenfrei sei, gehe arbeiten und habe eine positive Sozialprognose.
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Letztgenanntes sah auch Richter Alexander Bluhm so. Zugunsten des Angeklagten nehme man an, dass die beschlagnahmten „weichen“ Drogen für den Eigenkonsum bestimmt gewesen seien. Ein Handel sei nicht bewiesen worden, andererseits handele es sich nicht um einen minderschweren Fall. Zum Thema Körperverletzung merkte Bluhm an, dass die auch bei Knie-Abschürfungen gegeben sei. „Das müssen Polizisten nicht hinnehmen.“
Das Urteil lautete auf anderthalb Jahre Gefängnisstrafe, die über drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wird. Zudem muss der 31-Jährige 80 Sozialstunden ableisten und seinem Bewährungshelfer monatlich Drogentests vorlegen.